Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unberuehrbar

Unberuehrbar

Titel: Unberuehrbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
Vom Netzwerk:
… lebst nicht allein?«
    Auch Elizabeth hielt inne, die Hand bereits auf den Rahmen des Törchens gelegt. Ihre Brauen hoben sich überrascht. »Allein? In einem ganzen Haus? Unsinn. Ich wohne hier mit einer Freundin, Morna. Sie ist in Ordnung, wirklich!«, fügte sie schnell hinzu, als müsse sie sich dafür entschuldigen.
    Red schwieg und starrte auf die flackernden Lichter hinter den Fenstern. Jetzt, wo er darüber nachdachte, hätte er selbst nicht sagen können, wie er auf den absurden Gedanken gekommen war, sie würden bei Elizabeth daheim unter sich sein. Er hatte doch selbst in seinem ganzen Leben noch nie allein irgendwo gewohnt. An dem unguten Gefühl in seinem Bauch änderte diese Erkenntnis allerdings auch nichts. Was sollte er tun? Von hier aus konnte er nun wirklich keinen Rückzieher mehr machen. Wo hätte er denn hingehen sollen, außer vielleicht in den Wald?
    »Schon gut«, murmelte er. Heute Abend oder morgen – was machte das schon für einen Unterschied? Irgendwann würde er auf diese Menschen treffen müssen. Vielleicht war es ganz gut, wenn es erstmal nur einer war.
    Oder eine.
    Elizabeth holte tief Luft. »Okay. Tut mir leid, ehrlich. Sei mir nicht böse. Sie wird dich nicht beißen, in Ordnung? Kein Grund, so ein grimmiges Gesicht zu machen.«
    Red sah sie verblüfft an. Grimmig? Er hatte sich in seiner Zeit bei den
Bloodstalkers
vieles anhören müssen, aber dass er jemals grimmig gewesen wäre, gehörte nicht dazu.
    »Ich … nein, so war’s nicht gemeint.« Er kratzte sich verlegen am Kopf. »Es ist wirklich okay.«
    Ein winziges Lächeln erschien in Elizabeths Mundwinkeln,und für einen Augenblick war die Lücke zwischen ihren Schneidezähnen zu sehen. »Das gefällt mir schon besser.« Sie wandte sich um und öffnete das Gartentor, um über den Kiesweg voranzugehen.
    Red folgte ihr. Grimmig … Wie ernst hatte sie das wohl gemeint? Aber er hatte keine Zeit, länger darüber zu grübeln, da Elizabeth bereits die Eingangstür öffnete und in den Flur trat.
    »Ich bin wieder da!«
    Warme, trockene Luft schlug ihnen entgegen. Der Flur war schmal und düster. Nur schemenhaft konnte Red ein paar Kleiderhaken an der linken Wand erkennen. Eine Tür auf jeder Seite. Und eine Leiter, die durch eine Luke in der Decke auf den Dachboden führte. Es roch nach Holz, Kaminfeuer und getrockneten Kräutern. Die Schwelle knarrte unter seinen Stiefeln, als er darauf stehen blieb.
    Im nächsten Augenblick öffnete sich die Tür auf der rechten Seite. Gedämpftes Licht fiel in den Flur – zusammen mit einer Gestalt.
    »Lizzy!«
    Die Person – Red konnte nicht viel mehr von ihr erkennen als eine kompakte Statur und ein wildes Gewirr dunkler Locken – stürzte auf Elizabeth zu und drückte sie mit nicht unbeträchtlicher Gewalt an sich. »Wo, um Himmels willen, warst du so lange?«
    Elizabeth lachte und tätschelte der Frau beruhigend den Rücken. »Hat Colin dir nicht gesagt, dass ich noch die Schäferhütten kontrolliere? Er müsste doch seit drei Tagen wieder da sein.«
    Die andere Frau ließ ein unwilliges Schnaufen hören. »Allerdings. Ich habe ihm schon gesagt, was ich davon halte, dass er dich nicht begleitet hat. Um die Jahreszeit allein in den Bergen! Du machst mich krank, Lizzy, wirklich!«
    »Jetzt bin ich ja zurück. Gesund und munter.« Elizabeth schob die Frau ein Stück von sich weg. »Morna – ich habe jemanden …«
    Im gleichen Moment atmete die Frau scharf ein. Jetzt, wo Elizabeth zur Seite trat und das Licht der Straßenlaternen durch die offene Tür auf die Frau fiel, konnte Red auch ihr Gesicht erkennen. Ein freundliches Gesicht für gewöhnlich, vermutete er. Jetzt aber hatte sie die Augen vor Überraschung und Schreck weit aufgerissen und starrte ihn an wie – nun ja. Wie einen Geist.
    »Lizzy … wer
ist
das?«
    Red versuchte, sich vorzustellen, was sie sah. Einen Mann, nicht eben klein, in einem abgewetzten Mantel und zerrissenen Hosen. Mit schmutzigem Gesicht unter verfilztem Haar, das ihm weit in die Augen hing; die Wangen ein wenig eingefallen, vermutlich durch die eher spärliche Ernährung der letzten Wochen, und mit einem Bart, den er seit deutlich mehr als ein paar Tagen nicht rasiert hatte. Ihm ging auf, dass er die Stirn tief gefurcht hatte, weil er sich so sehr hatte konzentrieren müssen, um der Unterhaltung der Frauen in ihrem seltsamen Dialekt zu folgen. Kein Wunder, dass diese Morna sich vor ihm erschreckte.
    Er versuchte ein Lächeln.
    »Morna, das ist Red.«

Weitere Kostenlose Bücher