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Unberuehrbar

Unberuehrbar

Titel: Unberuehrbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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»Schon ziemlich lange.«
    Morna nickte erneut, schien aber noch immer nicht zufrieden zu sein. »Vor wem? Und woher kommst du? Du redest ziemlich merkwürdig.«
    Mit erzwungener Ruhe nahm Red die Hände aus den Taschen und legte sie auf die Tischplatte. »Ich bin von einer Menschenfarm geflohen«, sagte er so sachlich er konnte. »In Amerika.«
    Elizabeth riss die Augen auf, und Morna keuchte ungläubig. »Du willst uns hochnehmen!«
    Red schüttelte den Kopf. »Nein.« Er sah Elizabeth gerade in die Augen. »Es ist wahr.«
    »Wie …«, begann Morna, brach aber ab. Sie fuhr sich mit der Hand durch die Locken und starrte Red fassungslos an. »Meine Güte. Ich brauch einen Whisky. Sofort.« Sie stand auf und ging zum Küchenschrank hinüber, aus dem sie eine verkorkte Flasche angelte, die mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit gefüllt war. Dann wandte sie sich um. »Lizzy?«
    Elizabeth nickte. »Einen dreifachen. Mindestens.«
    »Red?«
    Red runzelte die Stirn. »Was ist das?«
    Morna hob überrascht die Brauen. »Du kennst keinen Whisky?«
    Red schüttelte den Kopf.
    Elizabeth lachte kurz und trocken auf. »Trink einen mit. Wird dir guttun. Uns allen.«
    Morna nahm drei Gläser aus dem Schrank und goss sie großzügig jeweils zur Hälfte voll, ehe sie sie zum Tisch trug und die Flasche daneben stellte. Dann brachte sie noch einen Krug Wasser von der Anrichte und setzte sich wieder auf ihren Platz.
    »Ist ganz mild.« Sie schob Red eins der Gläser zu. »Aber du kannst ihn noch verdünnen, wenn du willst.«
    Zögernd griff Red nach dem Glas und hob es vorsichtig an sein Gesicht, um daran zu riechen. Das Getränk roch wie nichts, das er jemals probiert hatte, würzig und gleichzeitig ein wenig scharf. Es sah hübsch aus, wie es im Schein des Herdfeuers leuchtete.
    »Also.
Slàinte!
Auf unseren Gast!« Elizabeth und Morna stießen ihre Gläser aneinander und prosteten dann Red zu, ehe sie tranken. Red atmete tief durch. Dann setzte er das Glas an die Lippen und nahm einen beherzten Schluck.
    Im ersten Augenblick fühlte es sich an, als ob sich sein Rachen und seine Kehle in viele winzig kleine Fetzen auflösten. Red hustete und würgte erschrocken und presste die Lippen zusammen, um nicht ausspucken zu müssen. Sein ganzer Mundraum brannte, und er spürte, wie die Flüssigkeit sich glühend heiß seine Speiseröhre hinunterfraß. Er hörte Elizabeth und Morna lachen, aber er hatte die Augen fest zugekniffen, um die Tränen zurückzudrängen, die hinter seinen Lidern hervorquellen wollten. Was zur Hölle war das?
    »Hey …« Elizabeths Stimme klang nun ein wenig besorgt. »Alles klar?«
    Red blinzelte, wischte sich über das Gesicht und nickte mühsam. Langsam ließ das Brennen nach. Was zurückblieb, war ein schwerer, samtiger Geschmack auf seiner Zunge, weich und voll und zugleich ein wenig wie verbranntes Holz, ein Aroma wie wilde Sommerblumen, aber auch wie das Fell eines nassen Hundes, wie Karamell und Torf und noch so viel mehr, das er nicht sofort benennen konnte. Es war ekelhaft und wunderbar zugleich. Red hatte nicht gewusst, dass man so viele Dinge auf einmal schmecken, riechen und fühlen konnte – und vor allem hatte er nicht damit gerechnet, dass sich ein so sinnliches Erlebnis hinter so brutalem Schmerz verbarg.
    »Entschuldige. Wir hätten dir sagen sollen, dass du am Anfang besser vorsichtig bist.« Elizabeth unterdrückte ein Grinsen, und Red fiel es schwer, ihr zu glauben, dass es ihr wirklich leidtat. »An Whisky muss man sich gewöhnen. Aber dann willst du nie wieder ohne leben, versprochen.«
    Red schwieg und starrte ehrfürchtig auf den übrigen Whisky, der unschuldig in seinem Glas schimmerte. Dann warf er einen Blick auf Elizabeth und Morna, die offenbar völlig gelassen tranken. Konnte man sich an dieses Gefühl wirklich gewöhnen? Red war sich nicht sicher. Aber das, was danach kam, war es vermutlich wert, es zu versuchen. Selbst jetzt noch, beim Atmen, strichen Aromen an seinem Gaumen vorbei, die er zuvor nicht geschmeckt hatte.
    Entschlossen griff er ein weiteres Mal nach dem Glas. Er sah, wie Elizabeth anerkennend die Brauen hob. Sie wusste ja nicht, dass Red nach allem, was er in den letzten Monaten erlebt hatte, keinen Grund sah, sich vor einem Getränk zu fürchten, selbst wenn es noch so außergewöhnlich war. Im Gegenteil. Er hatte gelernt, Herausforderungen zu mögen.
    Diesmal war er vorsichtiger und das Brennen nicht ganz so schmerzhaft. Red schaffte es, den Schluck seine Kehle

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