Unbescholten: Thriller (German Edition)
Pistole in der Hand das Zimmer.
Er ging den Flur hinunter und durchsuchte jeden Raum und jede Kammer.
Im Stationszimmer fand er Patrik Bergkvist. Michail packte ihn am Kragen und zog ihn zu sich heran.
»Ich brauche Betäubungsmittel, außerdem brauche ich Verbandszeug, Nadel und Faden und was sonst noch nötig ist, um eine Kugel aus einer Schulter zu entfernen.«
Patrik Bergkvist nickte, und Michail zerrte ihn auf den Gang. Zusammen liefen sie zurück zu Klaus’ Zimmer, und Michail zeigte auf Klaus und seinen blutenden Arm. Der Arzt untersuchte die Schusswunde. Michail öffnete einen dünnen blauen Müllbeutel, nahm eine Flasche Thiopental heraus und zog zwei Spritzen auf. Er stieß die eine in Anders’ Oberschenkel und spritzte ihm das Betäubungsmittel. Anders beschimpfte ihn wütend, bevor er in sich zusammensackte. Hasse zuckte nicht mit der Wimper, als ihm die Spritze in den Oberschenkel drang. Innerhalb weniger Minuten waren beide bewusstlos.
Patrik hatte die Blutung vorläufig mit einem Druckverband gestillt.
»Er muss sofort operiert werden«, erklärte er.
»Wie lange dauert das?«
»Ungefähr eine Stunde.«
»Vergessen Sie’s.«
Michail zog eine weitere Spritze auf und verabreichte sie Dr. Bergkvist. Dann half er Klaus aus dem Bett und stützte ihn, als sie das Krankenhaus verließen. Sie setzten sich in den Mietwagen, der vor dem Haupteingang parkte, und Michail fuhr Richtung Innenstadt.
»Wo willst du hin? Wir müssen zum Flughafen!«, sagte Klaus.
»Ja, aber nicht sofort, sonst stirbst du mir noch im Auto weg.« Dann holte Michail sein Handy heraus und wählte eine Stockholmer Nummer.
Das Telefon klingelte. Er erkannte die Stimme des anderen sofort. Michail wirkte angespannt und bot ihm einen Deal an. »Wenn du mir jetzt einen Gefallen tust, schulde ich dir später einen.« Jens lehnte ab. »Tut mir leid, aber es geht nicht.«
Für einen Moment herrschte Stille. Dann wiederholte Michail: »Ich bitte dich … Du bist der Einzige, der uns helfen kann. Mein Freund hier verblutet gleich.«
Hörte Jens da etwas Menschliches in Michails Stimme?
Er sah Sophie an, die auf dem Sofa saß. Scheiße!
Er gab Michail seine Adresse, legte auf und bereute es sofort.
Zehn Minuten später klopfte es an der Tür. Michail trug Klaus hinein.
»Was ist passiert?«, fragte Sophie.
»Er hat einen Schuss in die Schulter abbekommen«, antwortete Michail.
Sie legten den Verletzten auf das Sofa.
»Schnell, Jens, hol warmes Wasser und Handtücher und alles, was du an Medikamenten dahast.«
Jens ging hinaus, und Michail schüttete den Inhalt seiner Plastiktüte auf den Wohnzimmertisch. Spritzen, Nadel und Faden, Thiopental, Desinfektionsmittel und Verbandsmaterial. Sophie setzte sich neben Klaus, löste den Druckverband um seinen Oberarm und besah sich die Wunde.
»Ich brauche eine Pinzette oder eine kleine Zange«, rief sie Jens nach. Sie fühlte Klaus den Puls, er war schwach und ging sehr schnell. »Wo hast du das her?«, fragte sie Michail und zeigte auf die Sachen auf dem Wohnzimmertisch.
»Klinik.« Sophie zog eine Spritze mit Thiopental auf. »Du musst das jetzt entscheiden«, sagte sie zu Michail. »Entweder operieren wir ihn ohne Betäubung, oder ich gebe ihm eine kleine Dosis hiervon, das ist aber nicht ohne Risiko, ich kenne mich damit nicht aus.«
»Gib es ihm«, sagte Michail.
Jens kam mit Wasser, Medikamenten und Handtüchern zurück.
Eine halbe Stunde später war es Sophie gelungen, die Kugel zu entfernen und die Blutung zu stoppen. Die Kugel hatte einen Muskel im Oberarm verletzt, aber der Knochen schien unversehrt zu sein. Sophie reinigte die Wunde und nähte sie. Michail verfolgte Klaus’ Atmung.
»Das hier ist nur provisorisch, er braucht dringend einen Arzt, der sich den Arm ansieht und sich anständig um den verletzten Muskel kümmert«, sagte Sophie. Dann ging sie ins Bad, um sich zu waschen. Jens’ Blick begegnete Michails.
»Wir fahren, sobald er aufgewacht ist«, murmelte der Russe.
Die Männer hörten, wie Sophie im Bad das Wasser aufdrehte. Keiner von ihnen sagte etwas.
»Ich habe Hunger.« Jens wusste nicht, warum er das sagte. »Du auch?«
Aber Michail nickte. Sie setzten sich an den Küchentisch und aßen Brot und kalten Aufschnitt. Michail saß vornübergebeugt mit dem linken Arm um den Teller und stopfte mit der rechten Hand das Essen in sich hinein.
»Was macht ihr eigentlich hier?«, fragte Jens.
Michail kaute und zeigte mit dem Messer in Klaus’ Richtung.
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