Unbescholten: Thriller (German Edition)
lächelnd an. Sie ließ ihn zappeln.
»Sie wollen etwas von mir. Vielleicht eine Antwort? Sie als Polizistin lieben doch Antworten, oder?«
»Nein, die Antworten kenne ich bereits. Und sie interessieren mich eigentlich auch nicht weiter.«
Hector schaute Aron an und zog die Brauen hoch. »Was wollen Sie dann?«
»Ich will das, was Sie haben.«
»Wie bitte?«
»Wie viel haben Sie durch Ramirez und Carlgren verdient?«, fragte Gunilla noch einmal. »Davon will ich meinen Anteil.«
»Und warum sollte ich mit Ihnen teilen?«, fragte Hector.
»Weil Sie dann ungestört Ihren Geschäften nachgehen können, solange ich bei der Polizei bin.«
Er war unfähig zu weinen. Schweigend trug er mit einer Rolle Farbe auf die Wand auf. Die Aufzeichnungen, seine Überlegungen, die Pfeile, mögliche Zusammenhänge – alles verschwand hinter einer Schicht dicker weißer Wandfarbe.
Sara musste bei ihm zu Hause gewesen sein. Dabei hatte sie die Wand gesehen und beschlossen, Kontakt zu Gunilla aufzunehmen. Jetzt war sie tot, und aller Voraussicht nach würden sie bald auch ihn töten.
Er hatte alles zweimal kopiert. Die eine Kopie lag sicher im Bankfach, die andere auf einem USB-Stick in seiner Sporttasche auf dem Fußboden. Er kontrollierte seine Waffe: Das Magazin war voll, und er hatte noch ein zweites in der Jackentasche. Obwohl er normalerweise seine Pistole immer in einem Holster am Gürtel trug, steckte sie jetzt in einem Schulterholster, das an Rücken und Schulter spannte. Aber so war es unauffälliger.
Lars ließ den Blick noch einmal durch sein Arbeitszimmer schweifen. Die Wand war weiß wie frisch gefallener Schnee, der Raum geputzt und aufgeräumt. Es gab keine Spuren seiner Arbeit mehr. Er hob die schwere Sporttasche auf, nahm seinen Laptop und die Abhörausrüstung und verließ die Wohnung.
Er trat aus der Haustür und ging zu seinem Leihwagen. Wäre er aufmerksamer gewesen, hätte er den Mann am Steuer des Wagens einige Meter weiter gesehen. Aber er hatte es eilig und achtete nicht auf seine Umgebung.
Es herrschte nicht viel Verkehr, denn die Sommerferien hatten begonnen, und die meisten Stockholmer verbrachten die freie Zeit in ihren Sommerhäusern auf dem Land. Er parkte in der Nähe der Polizeiwache, nahm die Abhöranlage auf den Schoß und kontrollierte, ob die Mikrofone im Büro Kontakt hatten. Dann verstaute er die Ausrüstung im Kofferraum und ließ den Wagen stehen, um in Richtung Stureplan zu gehen. Er trug die Tasche über der Schulter und hatte den Laptop unter dem Arm.
Lars ging mit gesenktem Kopf, und plötzlich rempelte ihn jemand von der Seite an. Es war nur ein ganz leichter Stoß. Als Lars den Kopf hob, bemerkte er einen groß gewachsenen Mann neben sich.
»Walk with me«, sagte der Mann auf Englisch mit slawischem Akzent. Er zeigte ihm nur die Pistole in seiner Hand und forderte Lars auf, ihm seine Waffe zu geben. Alles ging sehr schnell, und dann drückte der Mann ihn in ein Auto, das am Bordstein stand. »Sitz still und halt die Klappe«, sagte der Schwede, der hinter dem Steuer saß, und fuhr an.
––––––––
Das Zimmer ähnelte einer Schiffskabine, und das konstante Brausen der Autobahn war trotz der mehrfach verglasten Fenster deutlich zu hören.
Nachdem Jens und Michail gegangen waren, hatte Sophie sich in ein Taxi gesetzt und war über den Essingeleden und dann weiter auf der E 4 in Richtung der südlichen Vororte Stockholms gefahren. Das Motel lag an der Autobahn am Midsommarkransen. Es gab keine Rezeption, sondern nur eine Lobby, in der man mit Kreditkarte einchecken konnte.
Sie setzte sich auf das Bett und wartete. Es war eher eine Pritsche als ein Bett, hart und unbequem. Sie rief Jane an, die ihr immer nur das Gleiche sagen konnte: keine Veränderung. Sophie sah ihr Gesicht im Spiegel an. Und es blickte ihr eine niedergeschlagene und erschöpfte Frau entgegen.
Nach einer halben Ewigkeit klopfte es an der Tür. Sophie stand auf und öffnete. Jens stieß Lars Vinge ins Zimmer und zog die Tür hinter sich zu.
Vinge schien verwirrt und desorientiert. Sophie schaute ihn an. Er sah blass aus und hatte dunkle Ringe unter den Augen. An der Nase hatte er einen Bluterguss, und an einem Nasenflügel hing geronnenes Blut. Jens drückte ihn auf den Stuhl am Schreibtisch.
»Kann ich etwas zu trinken bekommen?«, fragte Vinge.
»Nein«, sagte Jens.
Vinge rieb sich die Augen.
»Weißt du, warum du hier bist?«, fragte Jens.
Lars Vinge antwortete nicht. Stattdessen
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