Unbescholten: Thriller (German Edition)
Wärme auf sich wirken. Müdigkeit überkam Sophie, sie schloss die Augen und fiel in einen tiefen Schlaf.
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»Hattest du eine gute Reise?« Leszek holte Sonya Alizadeh am Flughafen von Málaga ab. Sie trafen sich am Gate und gingen gemeinsam zum Ausgang.
Leszek hatte draußen bei den Taxen geparkt. Jemand schrie ihn an, dass er dort nicht stehen dürfe. Er ließ sich davon nicht beirren und hielt Sonya die Tür auf. Kurz darauf waren sie auf der Autobahn Richtung Marbella.
Adalberto empfing sie in Hemd und beigefarbenen Leinenhosen. Er war barfuß und braun gebrannt. Das dünne weiße Haar hatte er zurückgekämmt, und an seinem Handgelenk funkelte eine goldene Uhr.
»Willkommen.« Er küsste Sonya auf beide Wangen und führte sie ins Haus.
Das Essen stand schon auf dem großen Tisch in der Mitte des hellen Raumes. Durch das Panoramafenster war das Meer zu sehen.
»Wie ist es gelaufen?«, fragte er, während er seine Serviette entfaltete.
Sonya nahm einen Schluck aus ihrem Wasserglas. »Gut, glaube, ich. Alles ist vorbereitet, die Wohnung ist ausgeräumt, ich habe dort nie gewohnt.«
Adalberto aß einen Bissen, dann blickte er zu Sonya auf.
»Ist es in Ordnung für dich, hier zu wohnen?«
Sie nickte.
»Es ist klug von dir, dass du dich von uns bewachen lässt. Man weiß nie, auf welche Gedanken Männer wie er kommen können. Die Gefährlichsten sind doch immer die, die so harmlos wirken.«
Sie sagte nichts dazu, hielt seine Einschätzung aber nicht für abwegig. Schließlich kannte sie Svante Carlgren, sie hatte ihn unzählige Male in sich ertragen.
Sonya fühlte sich erschöpft und war dankbar, dass sie eine Zeit lang nicht als Hure arbeiten musste, obwohl das ihre eigene Entscheidung gewesen war. Ihr Vater Danush war Heroinschmuggler gewesen. Kurz nach dem Sturz des Schahs war er aus Teheran geflohen und Adalbertos Geschäftspartner geworden. Die Familien waren eng befreundet gewesen, und als Einzelkind verbrachte Sonya viele Sommerferien bei den Guzmans in Marbella. Sie war wie ein viertes Kind für die Familie. Ende der Achtzigerjahre wurden ihre Eltern in der Schweiz ermordet. Sie flüchtete sich nach Asien und in die Drogen, die sie zeitweise ihren Kummer vergessen ließen. Es war Hector, der sie dort aufspürte und nach Hause brachte. Adalberto und Hector ließen sie bei sich in Marbella wohnen und halfen ihr, wieder zu sich zu finden. Einige Zeit später zeigte Hector ihr das Foto dreier getöteter Männer. Sie lagen auf dem weißen Fliesenboden einer Rasthaustoilette in Süddeutschland. Sie hatten Schussverletzungen in Kopf, Bauch, Brust, Armen und Beinen, waren regelrecht von Kugeln durchsiebt. Diese Männer hatten zur kalabrischen Mafia gehört und Sonyas Eltern ermordet. Mit Genugtuung hatte sie das Foto betrachtet. Sonya wollte Hector und Adalberto etwas zurückgeben, für alles, was sie für sie getan hatten. Als sie Hector von ihrer Idee, als Hure für sie zu arbeiten, erzählte, lehnte er zunächst ab und sagte, sie sei ihnen nichts schuldig. Aber sie blieb hartnäckig und setzte ihren Willen schließlich durch. Vielleicht war Svante Carlgren eine Art Gegenleistung, durch die sie ihre Schuldgefühle loswerden konnte.
Sonya mochte Hector und Adalberto, aber sie wusste auch, dass die Männer in ihrem Leben sich letztlich nicht besonders voneinander unterschieden, auch wenn der Mann vor ihr gerade versuchte, das Gegenteil zu beweisen.
Adalberto sah sie an und schien ihre Gedanken zu lesen.
»Du bekommst von mir, was du willst. Du musst mir nur sagen, was du brauchst, um wieder zurückzufinden in unser Leben. Du wirst nie mehr Männer wie Carlgren treffen müssen.«
Er lächelte, und sie gab ihm ein Lächeln zurück.
Schweigend aßen sie weiter.
Gunilla sah Anders fragend an. »Sag das noch einmal.«
»Nach Hector und der Krankenschwester sind zwei Männer in das Restaurant gegangen. Hector ist nicht wieder rausgekommen, die Krankenschwester aber schon. Lars ist ihr gefolgt.«
»Und die Männer?«
Anders zuckte mit den Schultern. »Weg, verschwunden. Ich bin eine halbe Stunde später reingegangen, aber da war keiner mehr. Es gibt eine Hintertür zum Innenhof, durch die müssen sie das Restaurant verlassen haben.«
»Und dann?«
Anders schüttelte den Kopf. »Nichts. Ich bin nach Hause gefahren.«
Sie saßen auf einer Parkbank im Humlegården. Die Leute um sie herum genossen die sommerliche Wärme, Anders war der Einzige, der eine Jacke trug.
»Also,
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