Unbescholten: Thriller (German Edition)
dem Halsbonbon, das gegen seine Zähne klackte. »Es war spät und wenig Verkehr. Ich musste vorsichtig sein.«
»Danke, Lars«, sagte Gunilla nach einer Weile. »Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, hierherzukommen.«
»Und?« Lars sah sie beide an. »Ist was passiert?«
»Es ist nichts passiert. Ich konnte nur den Ablauf dieses Abends nicht richtig nachvollziehen.«
»Und was macht Anders hier?«
Lars sprach mit Gunilla, ohne Anders eines Blickes zu würdigen. »Ihr braucht mich nicht zu kontrollieren, Gunilla«, erklärte er leise.
Sie wunderte sich über seinen Zorn. »Nein, Lars, das tun wir auch nicht. Anders hilft uns bei der Identifizierung der Leute rund um Hector, ihr wart zufällig zur selben Zeit am selben Ort. Weil ich mir den Abend nicht richtig vorstellen konnte, habe ich dich um ein Gespräch gebeten. Aber du hast deinem Bericht nichts hinzuzufügen, also ist alles so, wie es sein soll. Danke, Lars. Setz die Überwachung fort.«
Lars drehte sich auf dem Absatz um und ging den gleichen Weg zurück, den er gekommen war. Nur mit Müh und Not war es ihm gelungen, die Kontrolle nicht zu verlieren, innerlich zitterte er vor Angst und Zorn.
Gunilla und Anders blieben schweigend sitzen, bis Lars verschwunden war.
»Was sagst du?«, fragte sie.
Anders überlegte. »Ich weiß nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Er scheint nicht zu lügen.«
»Aber?«
Anders starrte auf den Park.
»Er ist ja von Natur aus eher unsicher. Heute erschien er mir zu sicher, als hätte er einen Trick gefunden, um etwas vor uns zu verbergen.«
Gunilla erhob sich. »Fahr mich auf die Wache. Und behalte ihn für eine Weile im Auge.«
Gunilla saß vor Eva Castroneves’ Schreibtisch. Eva sammelte ihre Unterlagen zusammen und suchte, bis sie das Richtige fand.
»Samstag. Nichts Auffälliges in Vasastan, außer ein paar Schlägereien, einem Diebstahl im Seven-Eleven auf dem Sveavägen, einer Überdosis im Guldhuset im Vasapark, gestohlenen Autos, Vandalismus … Ein ganz gewöhnlicher Samstag. Das Einzige, was heraussticht, ist ein bislang nicht identifizierter Mann mit Schusswunde, der gegen ein Uhr nachts im Karolinska abgeliefert wurde.«
»Wer könnte das sein?«
Eva drehte sich zu einem ihrer Rechner um und tippte etwas in die Tastatur. Sie las vom Bildschirm ab: »Name noch nicht bekannt. Er hat Deutsch gesprochen, das hat das Krankenhauspersonal der Polizei vor Ort gesagt. Mehr haben wir nicht, er ist wahrscheinlich immer noch bewusstlos.«
»Er wurde abgeliefert, sagst du?«
Eva nickte. »Ja, von einem Pkw.«
Gunilla und Anders standen am Krankenhausbett des immer noch bewusstlosen Klaus Köhler.
»Keine Ahnung. Kann sein, dass es einer von denen war, und wenn, dann der Kleinere von beiden.«
Gunilla wartete. Anders ließ sich Zeit. Er betrachtete Köhler. Allmählich wurde Gunilla ungeduldig.
»Anders?«
Er warf ihr einen kurzen, irritierten Blick zu. »Ich weiß es nicht. Können wir ihn aufsetzen?«
Schläuche, Infusionen und zahlreiche Kabel verbanden den Mann mit den Geräten neben seinem Bett. Gunilla bückte sich und schaute unter das Bett.
»Ich glaube, man kann das Kopfteil hochfahren.«
Anders fand ein Pedal und trat mit dem Fuß darauf. Die Hydraulik setzte sich in Gang, doch statt nach oben fuhr das Bett ruckartig nach unten. Dabei rutschte die Infusionsnadel heraus, die in Köhlers Hand steckte. Ein Apparat fing an zu piepen.
»Scheiße.«
Anders griff nach der Nadel und schob sie zurück unter die Haut. Das Piepen wurde lauter. Endlich fand er das richtige Pedal. Klaus Köhlers Oberkörper hob sich langsam. Je aufrechter er saß, desto mehr Lärm verursachten die Maschinen. Die Sinuskurve auf einem Display schlug heftig aus. Anders schaute Klaus Köhler konzentriert an. Schließlich ging er hinaus. Gunilla folgte ihm. Die Apparate piepten noch immer durchdringend, als die Tür sich hinter ihnen schloss.
»Und?«, fragte Gunilla.
Eine Krankenschwester kam ihnen über den Flur entgegengerannt.
»Vielleicht oder sogar wahrscheinlich. Siebzig Prozent, würde ich sagen.«
Wenig später saß Gunilla auf einem Betonblumenkasten vor dem Krankenhaus, das Handy am Ohr, und stellte freundliche Fragen an Sophie, die ihr freundlich antwortete.
»Aber wollten Sie nicht zusammen essen?«
»Daraus wurde nichts. Hector musste zu einem dringenden Termin, also bin ich nach Hause gefahren.«
Anders stand ein Stück entfernt. Er vertrieb sich die Zeit, indem er versuchte, mit Kieselsteinen in
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