Unbescholten: Thriller (German Edition)
sagte sie: »Hector … die Polizei … Ich habe getan, was ich für richtig hielt. Ich hatte niemanden, den ich um Rat fragen konnte. Ich wusste nicht, was meine Rolle in dem Ganzen sein sollte oder wer ich überhaupt sein wollte. Ich hatte nur das Gefühl, meiner inneren Stimme folgen zu müssen. Aber jetzt geht es plötzlich um meinen Sohn, es geht nur noch um ihn, alles andere spielt überhaupt keine Rolle mehr.«
Jens entspannte sich. »Wer in deinem Umfeld weiß alles davon?«
»Niemand.«
»Niemand?«
Sie schüttelte den Kopf. »Niemand.«
»Triffst du dich denn mit niemandem? Hast du keine Freundin, wenn es hart auf hart kommt?«
»Doch …«
»Und die weiß auch von nichts?«
Sophie schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Warum hast du niemandem etwas erzählt? Es ist doch nur natürlich, wenn man sich in so einer Situation jemandem anvertrauen möchte?«
»Das tue ich ja jetzt.«
Durch das offene Fenster war ein Propellerflugzeug zu hören.
Sophie blickte schuldbewusst nach draußen.
»Ich weiß nicht, was ich tun soll«, sagte Sophie.
»Und wenn du es dir aussuchen dürftest?«
»Dann würde ich mir wünschen, dass all das einfach verschwindet.«
»Ich verstehe. Und wie würdest du das anstellen?«
Sie zuckte mit den Achseln.
»Sophie!«
»Ich weiß es nicht. Was stellst du für idiotische Fragen?«
»Du hast doch eine Idee? Du hast doch bereits mit diesem Gedanken gespielt?«
Sie antwortete nicht, aber Jens spürte, dass er sie verstand. Schließlich antwortete sie: »Aber ich komme zu keinem Schluss, ich finde keinen Ausweg. Wie ich es auch drehe und wende, einer wird dabei sterben. Aber das will ich nicht!«
»Wer das Opfer sein wird, ist dir doch klar, oder?«
Ihre Blicke trafen sich.
»Ja … natürlich«, sagte Sophie.
»Dann tu, was die Polizei von dir verlangt. Gib ihnen so viele Informationen wie möglich, lass sie ihn schnappen. Und du und dein Sohn, ihr habt euer altes Leben zurück.«
Er sah sie fragend an, oder eher auffordernd, dachte Sophie. »Würdest du das tun?«, fragte sie.
Er schüttelte den Kopf. »Nein. Denn es wäre damit noch lange nicht weit. Ich wäre bis an mein Lebensende auf der Flucht, vor den Bullen und vor Hectors Leuten. Vor allem die Spanier würden niemals Ruhe geben.«
»Na also«, sagte sie, »es ist nicht so einfach, selbst wenn ich meine Gefühle ausblenden könnte.« Dann zog sie einen Zettel hervor und reichte ihn Jens.
Er nahm ihn und las: Sei vorsichtig. »Wo hast du den gefunden?«, fragte er.
»In meinem Briefkasten. Gestern früh.«
»Bevor sie Albert aufgegriffen haben?«
Sie nickte. Er sah noch einmal auf den Zettel, als versuchte er, zwischen den Zeilen zu lesen.
»Wer hat das geschrieben?«
»Keine Ahnung.«
Jens legte den Zettel auf den Wohnzimmertisch und beugte sich vor, die Ellenbogen auf die Knie gestützt.
»Du musst so viele Informationen wie möglich über deinen schärfsten Gegner sammeln, und der scheint mir zurzeit die Polizei zu sein.«
»Wie denn?«
Er zuckte die Achseln. »Man muss sie irgendwie aus der Ruhe bringen. Mit etwas, das sie belastet.«
Carlos Fuentes trug einen funkelnagelneuen Trainingsanzug und löffelte Suppe, er konnte momentan nur flüssige Nahrung zu sich nehmen. Mit einem Handtuch über den Knien saß er in seinem Wohnzimmersessel und sah einen Film mit Terence Hill und Bud Spencer. Begleitet von übertriebenen Geräuscheffekten, schlug Bud Spencer seine Gegner mit der flachen Hand nieder, und Terence Hills flapsige Sprüche waren schlecht synchronisiert. Carlos lachte trotzdem, bis ihm das Gesicht wehtat.
Plötzlich klingelte es an der Wohnungstür. Anders und Hasse lächelten freundlich, als Carlos ihnen öffnete.
»Carlos Fuentes?«, fragte Hasse.
Carlos nickte.
Hasse hielt seinen Dienstausweis hoch. »Ich bin Kling, und das ist Klang. Können wir reinkommen?«
»Ich habe schon mit der Polizei gesprochen, sie sind im Krankenhaus gewesen.«
Hasse und Anders drängten sich an Carlos vorbei und gingen direkt in die Küche.
»Was wollen Sie von mir?«
Kling und Klang kippelten auf ihren Küchenstühlen. Carlos lehnte an der Anrichte.
»Und Sie können sich nicht erinnern, wie die Kerle ausgesehen haben?«
Carlos schüttelte den Kopf.
»Wie alt waren sie etwa?«, fragte Anders.
Carlos dachte nach. »Teenager …«
»Dreizehn oder neunzehn?«, fragte Anders.
»Eher neunzehn, vielleicht siebzehn.«
»Siebzehn?«, sagte Hasse.
Carlos nickte.
»Und sie haben einfach so
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