Uncharted - Das vierte Labyrinth
keine andere Wahl gehabt. Viele der Tunnel waren Sackgassen gewesen, auch wenn Drake bei einigen das Gefühl gehabt hatte, dass es vielleicht irgendwo einen Mechanismus gab, der einen geheimen Durchgang verbarg. Andere Gänge endeten in eingestürzten Abschnitten des Labyrinths, und zweimal waren sie zu Kammern gelangt, wo die Meereshöhle, durch die der Irrgarten verlief, aufgebrochen war und die Gänge sich mit Wasser gefüllt hatten, das im Takt der Wellen stieg oder sank.
Natürlich hatte es keinen Weg durch diese überfluteten Räume gegeben, aber in einem von ihnen hatte Drake zumindest die Öffnung gesehen, durch die das Wasser in die Höhle strömte. Und wenn er sich nicht täuschte, sank der Meeresspiegel gerade.
Da waren auch weitere senkrechte Schächte gewesen, und als Drake zu schnell um eine Ecke gerannt war, hatte er sich gerade noch mit Mühe und Not an der Felskante festklammern können. Er war wieder nach oben geklettert, gebadet in der Hitze und dem roten Schein der vulkanischen Kamine unter ihm. Aber die Taschenlampe, die er Henriksen abgenommen hatte, war in die Tiefe gestürzt – eine Opfergabe für den Vulkan.
Irgendwann hatten sie es aufgegeben, jeden Tunnel zu inspizieren. Statt weiter nach einem Geheimgang zu suchen, durch den die Ninja Sully verschleppt haben könnten, machten sie sich wieder auf den Weg ins Zentrum des Labyrinths. Drake hatte darüber nachgedacht, dass diese Irren seinen Freund vielleicht Poseidon opfern wollten – oder wem auch immer dieser unterirdische Tempel geweiht war – , und dafür gab es sicher nur einen Ort: die Gebetskammer.
Nun hatten sie sie gefunden, und sie war leer.
„Verflucht“, murmelte Jada.
Drake hörte ein leises Klicken. Sie hatte eine der Batterien fallen gelassen. Die Vorstellung, dass sie hier unten in der Finsternis gefangen sein könnten, ließ ihn einen Moment lang erstarren, und er fragte sich schon, wie sie je wieder herausfinden sollten, als die Taschenlampe plötzlich so grell aufblitzte, dass er seine Augen abschirmen musste.
„Tut mir leid“, sagte Jada und schwenkte die Lampe von seinem Gesicht fort.
„Ich dachte, dir wäre eine Batterie runtergefallen.“
„Da hast du richtig gedacht. Aber es war eine von den leeren.“
Drake nickte nur. Keiner von ihnen lächelte. Jegliche Lust auf dumme Sprüche und schnippische Kommentare war ihnen vergangen. Während der vergangenen Tage hatten diese Sticheleien ihnen geholfen, mit der Anspannung fertigzuwerden und ihnen erlaubt, sich auch mal auf etwas anderes als den Mord an Luka zu konzentrieren. Aber jetzt konnten sie nur daran denken, dass Sully vielleicht dasselbe Schicksal wie Jadas Vater erlitten hatte. Ein Kopf und ein Torso, irgendwo an einem Bahnsteig.
Jada sah müde und blass aus. Sie hatten beide noch Wasser und Früchte in ihren Rucksäcken, aber Drake war nicht hungrig. Er musste sich zusammenreißen, um nicht vor Zorn zu zittern. Doch er wusste auch, dass diese Wut nur seine Sorge um Sully und die Trauer kaschierte, die er tief in seinem Innern spürte. Während der vergangenen Jahre war er mehr als einmal davon überzeugt gewesen, dass Sully tot sein müsste, und stets hatte er sich geirrt. Dutzende Male waren sie dem Tod nur mit knapper Not von der Klinge gesprungen, mit Schrammen und anderen Blessuren. Er hätte gern geglaubt, dass Sully all das überstanden hatte, weil er so ein zäher, alter Knochen war. Aber die Wahrheit sah wohl doch eher so aus, dass Zähigkeit und Entschlossenheit weniger damit zu tun hatten als bloßes Glück.
Sie mussten ihn finden.
„Komm“, sagte er. „Wir verschwenden nur Zeit.“
Jada ließ den Strahl ihrer Taschenlampe über die Wände der Gebetskammer streifen. Die Batterien hatten den Geist aufgegeben, als sie die drei Stufen in den Raum hinabgeklettert waren. Sie war gestolpert und auf die Knie gefallen. Sie konnten wirklich von Glück sagen, dass die Lampe den Sturz heil überstanden hatte. Der Vorfall hatte sie jedenfalls daran erinnert, dass sie vorsichtiger sein mussten. Sie hatten nur diese eine Taschenlampe, und sie war für ihr Überleben mindestens ebenso wichtig wie die Wasserflaschen in ihren Rucksäcken.
Als der Lichtkegel die Wände und den achteckigen Altar aus den Schatten riss, entdeckten sie den Vorraum, in welchem die Hüterin des Labyrinths einst die Rituale vorbereitet hatte, die hier stattfanden. Und da wusste Drake, dass Dädalus diese Kammer entworfen hatte. Es gab keinen Zweifel, sie war das exakte
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