Und abends etwas Liebe
kleiner Wicht, nicht wahr, Susan?«
Ich gab meinen Kommentar über
die »Alteingesessenen« (denn zu denen gehörte ich ja auch schon) und die vielen
Gründe, weshalb wir alle Miss Adams dankbar sein müßten. Wenn sie wegziehen
müßte, dann würden wir weiß Gott was für einen neuen Postmeister bekommen.
Cecily hörte ernst zu. Dann sagte sie: »Ich glaube, May kauft in letzter Zeit
sehr oft bei Miss Adams ein. Aber ich werde mit ihr reden, vielleicht gibt sie
Freeman ganz auf. Und wenn ich erst einmal verheiratet bin (und das mit einem
Unterton von Wichtigkeit), dann kaufe auch ich ausschließlich bei Miss Adams.«
»In Ordnung«, meinte Tony und
bügelte eifrig weiter. »Aber erzähl uns doch ein wenig von deiner Hochzeit.
Hast du zwei Brautjungfern?« Als dieses Thema erschöpfend behandelt war und
Cecily aufbrach, drehte sie sich sehr zu meinem Mißfallen an der Tür noch
einmal um und sagte großmütig: »Natürlich werde ich May die Sache mit dem Schal
beichten.«
Aufgeregt unterbrach ich sie:
»Oh, bitte tu das nicht. Glaubst du nicht, über diese Geschichte sollte so
schnell wie möglich Gras wachsen?«
Aber Cecily, die Buße tun
wollte, sagte, sie könne sich nicht hinter dem Rücken von jemand anderem
verstecken. Sie setzte zu einem würdevollen Abgang an. Tony verdarb ihr diesen
Abgang jedoch dadurch, daß sie plötzlich auf ihr Zimmer rannte, um den Schal zu
holen. »Hier ist er, Cecily, ich hätte beinahe vergessen, daß ich ihn an mich
genommen hatte.«
Cecily zitterte. »Den könnte
ich nie mehr tragen«, erklärte sie, und Tony antwortete sachlich, sie wolle den
Schal nicht. Schließlich verließ Cecily uns, den Schal in der Hand, als sei er
giftig, und Tony mußte lachen. »Manche Leute machen doch wirklich ein bißchen
viel Theater, nicht wahr?«
Sie hielt ein und schaute
seelenvoll vor sich hin, als ich fragte: »Was würdest du tun?«, wobei ich
hoffte, daß sie eine solche Affäre vergessen würde. Aber ihr Gesichtsausdruck
war plötzlich alarmierend gefühlvoll, und langsam meinte sie: »Wenn ich Cecily
wäre, dann würde ich die Geschichte einem Menschen erzählen, und das wäre Ken.
Ich könnte das vor dem Mann, den ich heiraten würde, einfach nicht verbergen.«
Und der träumerische Ausdruck in ihren Augen ließ mich auf die entsetzliche
Vorstellung schließen, daß Tony sich dabei sah, wie sie eines Tages alle ihre
Sünden Norman Craig beichtete.
Inzwischen sprach sie ganz
anders über den Pfarrer. Etwas reservierter, aber zweifellos nahm er den ersten
Platz in ihren Gedanken ein. Sie zeigte das auch dadurch, daß sie sich sehr
besorgt um Bob Sutton kümmerte, den sie dreimal in der Woche besuchte, um sein
Häuschen zu putzen, seine Wäsche zu holen und zurückzubringen, Mahlzeiten zu
kochen und sich um den alten Hund zu kümmern. Ich vermutete, daß sie im Geiste
alle diese nicht gerade schönen Arbeiten für den Vikar tat. Ich ärgerte mich,
daß die beiden sich dort öfter sahen. Craig ahnte natürlich nichts von seiner
Wirkung auf Tony und erzählte mir glücklich von der eifrigen Betreuung und daß
der alte Mann inzwischen auch das Mädchen sehr liebgewonnen habe. Sutton wurde
von Rheumatismus gepeinigt, und da oben, in dem kalten, feuchten Haus war eine
Besserung in seinem Zustand einfach unmöglich. Er konnte sich kaum bewegen und
hatte ständig große Schmerzen. Craig erzählte mir, er habe alles versucht, den
alten Mann zu überreden, die scheußliche, kleine Hütte aufzugeben.
»Er kann in ein Heim für alte
Männer, ein sehr nettes Heim. Aufgrund seines Zustandes würde er dort jederzeit
aufgenommen. Dort würde er auch Freunde finden. Das einsame Leben tut dem Mann
nicht gut. Nur Tonys Betreuung ist es zu verdanken, daß er es überhaupt so
lange da oben ausgehalten hat. Ich fürchte, ich habe ihn Tony praktisch ganz
überlassen.«
»Will er dort nicht weg?«
»Er denkt nicht daran, solange
der alte Hund noch lebt. Ich glaube, wenn Toss erst
einmal tot ist, wird er sich überreden lassen. Er sagte mir einmal sehr wütend,
nichts auf dieser Welt könne ihn dazu bewegen, den alten Kameraden im Stich zu
lassen: >Er hat vierzehn Jahre lang treu zu mir gehalten, und ich halte zu
ihm. Wir werden gemeinsam sterben.<«
»Vierzehn Jahre? Dann hat das
Tier aber nicht mehr sehr lange!«
»Oft wünsche ich mir, der Hund würde
im Schlaf verenden. Das passiert auch eines Tages, wenn er nicht vorher
überfahren wird. Er ist taub und fast blind. Ich fürchte mich schon etwas,
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