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Und alles nur der Liebe wegen

Und alles nur der Liebe wegen

Titel: Und alles nur der Liebe wegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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darum! Bleibt nur eins: die Polizei.«
    Aber auch die Polizei war ratlos. Ausreißer kann man einfangen, das ist alles. Aber wenn jemand durch die Lande trampt, kann man nicht sofort den riesigen Polizeiapparat in Bewegung setzen. Man kann nicht gleich den Rundfunk und das Fernsehen einsetzen und auch keine Plakate drucken lassen. Man kann nur die Straßen kontrollieren und alle Fahrer von Streifenwagen beauftragen: Guckt euch einen Jungen an, der herumstrolcht, Richtung Dänemark.
    »Ja, wenn er entführt worden wäre«, sagte der Kommissar zu dem Internatsleiter, »dann könnten wir alles alarmieren. Das wäre ein Verbrechen. Aber so ist er ja bloß ausgerissen!«
    »Und wenn ihm dabei etwas passiert?« rief der Internatsleiter.
    »Ja, dann können wir etwas tun.«
    Es begann eine Suche auf den Straßen und Autobahnen vom Schwarzwald bis nach Flensburg. Die Landpolizeistationen bekamen eine Beschreibung von Peter. In den nächsten zwei Tagen kontrollierte man ungefähr dreihundert Jungen, die von Streifenwagen irgendwo allein auf der Straße angetroffen wurden. Meistens gehörten sie zu den nahegelegenen Dörfern, kamen aus der Schule, abends aus der Disco oder von der Freundin.
    Vom Schwarzwald aus nach Süden wurde nicht kontrolliert. Es hätte auch keinen Sinn mehr gehabt, denn der schnittige Sportwagen hatte in der Nacht schon die Grenze passiert, während Peter schlief. Der Zollbeamte in Deutschland und der in Österreich blickten kurz auf den schlafenden Jungen und winkten ab, als der Mann am Steuer in den Taschen Peters nach dessen Kennkarte suchen wollte.
    »Lassen Sie«, sagten die Zöllner, »er schläft so schön.«
    »Mein Sohn – aber wenn Sie seinen Ausweis sehen müssen –«
    »Lassen Sie ihn schlafen. Gute Fahrt!«
    »Danke!« Der Mann mit der Schirmmütze grüßte, lächelte dankbar und streichelte dem schlafenden Peter über die Haare. Ein liebevoller Vater. Dann brauste er weiter in die Berge hinein.
    Das war vor einigen Stunden gewesen.
    Nun fuhren sie durch einsames Land, und kein Mensch begegnete ihnen, der Peter hätte hören können, wenn er um Hilfe schrie. »Wo bringen Sie mich hin?« fragte er angstvoll. Das schöne Auto, die Lederpolster, das große Abenteuer interessierten ihn nicht mehr. Er dachte an die Worte, die ihm sein Vater oft genug gesagt hatte: »Gehe nie mit fremden Menschen mit! Wenn ein Unbekannter zu dir sagt, du sollst mitkommen, dann lauf weg.« Und er hatte es genau umgekehrt gemacht. Er hatte sich nachts an die Autobahn gestellt und dem Unbekannten zugewunken, ihn mitzunehmen. Alles nur wegen Beljonow, dachte Peter. Seine Augen füllten sich mit Tränen. Er hat Mutti geküßt. Und weil ich es gesehen habe, haben sie mich im Internat eingesperrt. Oh, wenn das Papi wüßte! Wo ist er nur? »Was wollen Sie mit mir tun?« fragte er.
    Der Mann mit der Schirmmütze sah kurz zur Seite. Sie fuhren jetzt über eine holprige Straße. »Ich habe ein schönes Haus in den Bergen«, antwortete er, »dort werden wir einige Zeit wohnen.«
    »Die Polizei wird mich suchen!« rief Peter mit letztem Mut.
    Der Mann lachte leise. »Das kann sie!« Er fuhr langsamer, der Wagen hüpfte über dicke Steine. »Ich habe ein Haus in den Felsen. Dort sucht uns niemand.«
    In St. Wolfgang las Dr. Hembach seinen Schülerinnen die Leviten. Er hatte sie nach dem Frühstück im Aufenthaltsraum versammelt und verlangte zu wissen, wer von den Mädchen sich mit diesem Schlägertypen verabredet hatte. Es war eine sehr merkwürdige Gardinenpredigt. Mit Mienen voller Mitleid saßen die Mädchen im Halbkreis um ihren Lehrer und sahen auf sein dickgeschwollenes rotes Kinn. Von der Wunde am Knie wußte nur Karin etwas, und sie schwieg über die nächtliche Szene. Dr. Hembach hatte schon große Befürchtungen gehabt, daß sie es den anderen erzählen würde, aber nun sah er, daß Karin geschwiegen hatte. Darüber war er sehr erleichtert, aber die Mitleidsblicke störten ihn. Wenn sie könnten, würden sie mich alle streicheln, dachte er. Er sah sie der Reihe nach an und fand, daß es eigentlich viele hübsche Mädchen in seinem Kurs gab, oder besser: junge Frauen, unbefangen, selbstsicher und mit Vorstellungen, die weder im Lateinbuch standen noch in einer mathematischen Formel. Trotzdem mußten auch sie sich an gewisse Regeln halten. »Ich möchte Ihnen sagen, meine Damen: Richten Sie Ihren Romeos aus, daß hier keine Balkonszenen gespielt werden! Kommt das noch einmal vor, breche ich das Sommerlager ab und

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