Und alles nur der Liebe wegen
stockte. Vier hübsche Mädchenköpfe. Ein langes Bein, das unter der Decke hervorsah. Eine glänzende Schulter. Und über allem lag ein zarter Duft von Parfüm. »Mei, o mei«, flüsterte Pepi, setzte sich auf die Fensterbank und schaute. Denn wo hat man schon die Gelegenheit, vier schlafende, im Bett liegende Mädchen ungehindert zu bewundern?
Aber Monika war nicht dabei. Das sah Pepi sofort. Ihre blonden Haare konnte er nirgendwo entdecken. Er ließ sich leise ins Zimmer gleiten, und es war verblüffend, wie lautlos dieser riesige Körper sich fortbewegen konnte. Auf Zehenspitzen verließ er das Schlafzimmer, trat auf den Gang und öffnete vorsichtig die nächste Tür. Wieder vier Betten. Wieder vier ahnungslos schlafende Mädchen. O mei, dachte er, hier möcht' i Hausdiener sein! So viele Maderln auf oamoi! Er ging von Bett zu Bett, betrachtete die Mädchen und stellte fest: Auch keine Monika. Also weiter.
In diesen Minuten wurde draußen im Garten die Leiter Pepis weggetragen. Eine große, dürre Gestalt schleppte sich mit ihr ab, schleifte sie zur Hecke und warf sie dort ins Gras. Der Rückzug ist versperrt, dachte Thomas böse und ruhte sich etwas aus. Was Pepi keine Mühe machte, das war für Thomas Schwerarbeit. Er sah auf seine Armbanduhr. Gleich ein Uhr nachts. Er sprang auf, rannte durch den Garten nach vorn zum Eingang und griff in die Tasche. Dann besann er sich, rannte zurück zur Seite des Hauses und legte den kleinen dunklen Gegenstand, den er aus der Tasche geholt hatte, auf einen Holzklotz. Er strich ein Streichholz an, hielt die Flamme mit der hohlen Hand an eine Zündschnur und lächelte, als diese zischend Feuer fing. Dann lief er zurück in den Schatten der Hecke und wartete auf die Wirkung, die der Kanonenschlag auslösen würde.
Pepi irrte unterdessen von Zimmer zu Zimmer. Er wurde immer nervöser, je mehr Mädchen er betrachtete und keine von ihnen Monika war. Bin ich überhaupt richtig? fragte er sich. Er kam zu Zimmer 5, schlüpfte hinein und beugte sich wieder über die Betten. Und da blieb sein Herz stehen – denn vor ihm lagen zwei Monikas. Die gleichen blonden Haare, die gleichen hübschen Gesichter. Er fuhr sich mit seiner riesigen Hand über die Augen. Aber es half nichts, es blieben zwei. Mit allem hatte er gerechnet, nur nicht damit. Um ehrlich zu sein – er begriff auch gar nicht, was er da sah. So etwas gab es einfach nicht! Er beugte sich über Monika und dann über Karin, berührte vorsichtig ihre Haare und stellte fest, daß beide natürlich waren und es sich nicht etwa um Schaufensterpuppen handelte. Noch ehe er zu einem Entschluß kam, wem er sich nun zuwenden sollte, erschütterte draußen ein ohrenbetäubender Knall das Haus. Es war, als habe ein Blitz eingeschlagen.
Mit einem Schlag fuhren achtzehn Mädchen aus ihren Betten. Dr. Hembach sprang mit einem Satz zum Fenster, schlaftrunken, aber doch reaktionsschnell. Dem Donnerschlag folgten Schreckensschreie, und in Zimmer 5 starrten vier Mädchen völlig verdattert auf den Muskelmann, der im gnadenlosen Licht der Deckenlampe keine Möglichkeit sah, sich zu verkriechen. Er machte einen Satz auf Monika zu, und als diese in die Zimmerecke lief, wandte er sich an Karin, ein Turm von einem Mann, der nichts anderes wollte als Zärtlichkeit.
»Die Haarsprays!« schrie Karin und rannte zum Waschtisch. Sie ergriff die Sprühdosen, warf sie den anderen Mädchen zu und näherte sich dann mit einem breiten Lächeln dem ratlosen Pepi.
»Monika«, stammelte er, »i wollt' doch nur … i wollt' sagn, daß i –« Weiter kam er nicht. Der Strahl aus vier Haarspraydosen zischte ihm ins Gesicht. Er bekam keine Luft mehr, die Augen verklebten, er fühlte sich wie mit einer Schicht Gelatine überzogen, in die Lungen trat das kribbelnde Gas, er mußte husten und sah die Welt nur noch wie durch eine dicke, blinde Scheibe. Endlich flüchtete er. Er rannte aus dem Zimmer, und es war, als sei ein Nilpferd wild geworden. Er hörte das laute Kreischen und Lachen der Mädchen und den vielstimmigen Ruf: »Ein Kerl, ein Kerl!«
Meine Leiter, dachte er, zu meiner Leiter! Er stürmte in das Zimmer, durch das er eingestiegen war, stieß ein Mädchen zur Seite, das sich ihm in den Weg stellte, und erreichte das Fenster. Aber da war keine Leiter mehr. Weiß fiel die Hauswand nach unten ab. Einen Augenblick war er verwirrt und begriff gar nichts mehr. Das ist ein verhextes Haus, dachte er. Hier stimmt überhaupt nichts mehr. Zwei Monikas, keine
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