Und am Ende siegt die Liebe
streckte sie die Hand zu ihm hinauf und ließ sich auf den Kutschbock hinaufhelfen.
Margo stürmte mit strähnig aufgelösten Haaren und triefend nassen Kleidern ins Haus. Zum Henker mit Travis! dachte sie wütend. Er bestellt mich zu sich, als wäre ich ein gemeiner Feldarbeiter, damit ich ihm beim Einfangen von Pferden helfen soll. Und inzwischen sitzt sein Schmuckstück, dieses hirnlose Weib, das er geheiratet hat, zu Hause im Trockenen und pflegt sich! Und wie er sich ihretwegen aufgeführt hatte, als sie nach seiner Heimkehr ihr erstes Gespräch unter vier Augen führten!
Und sie war ahnungslos zu ihm geritten und hatte erwartet, daß er sie in sein Bett ziehen würde wie gewöhnlich. Statt dessen hatte er ihr dieses farblose Kind als seine Ehefrau vorgestellt! Und am nächsten Morgen hatte sie ihn zu sich bestellt und ihn gefragt, was er sich, zum Donnerwetter, dabei gedacht habe, als er diese Null zur Frau nahm. Dann hatte sie ihm alle Fehler Regans aufgezählt, die ihr ihre Cousine, Malvina, berichtet hatte.
Da hatte Travis die Hand gehoben, um sie zu schlagen, hatte aber noch rechtzeitig seine Wut bezähmt. Dann hatte er zu ihr in einem Ton gesagt, den er ihr gegenüber noch nie gebraucht hatte, Regan wäre zwei Frauen von ihrer Sorte wert und ihm sei es egal, ob sie ein Heer von Dienstboten beaufsichtigen könne oder nicht. Und in Zukunft, hatte er hinzugesetzt, müsse sie Regan um Erlaubnis fragen, ob sie sein Haus besuchen dürfe.
Margo hatte eine Woche gebraucht, bis sie ihren Stolz hinunterwürgen und sich bei dieser einfältigen Göre zum Tee anmelden konnte. Und was hatte sie dort vorgefunden? Ein in Tränen aufgelöstes Kind, daß nicht einmal imstande war, ihre verbrannte Hand zu behandeln. Wenigstens hatte sie ihr ein Geständnis entlocken können, warum Travis sie geheiratet hatte. Die Unterwürfigkeit dieser Göre und Travis’ aggressive Veranlagung hatten zu dem Ergebnis geführt, daß Regan schwanger wurde. Nun mußte sie Travis nur klarmachen, wie sinnlos es sei, sein Leben — und sein Geld
— an dieses nichtsnutzige Geschöpf zu hängen.
Wutgeladen, wie schon seit Wochen, stürmte sie die Treppe hinauf. Travis hatte sie gebeten, auf dem Nachhauseritt kurz bei seiner Porzellanpuppen-Frau vorbeizusehen, da Travis die heutige und vermutlich auch die morgige Nacht in Clays Haus verbringen mußte. Ein Blitz war in Clays Molkerei eingeschlagen, und die Claytons brauchten seine Hilfe, um sie wiederaufzubauen. Margo hätte Travis dafür ohrfeigen können, was für ein Gesicht er dabei machte. Man hätte glauben können, es wäre eine Tragödie, wenn er zwei Nächte lang getrennt von diesem Fratzen schlief.
Er holte tief Luft, um sich zu beruhigen, öffnete die Schlafzimmertür und sah zu ihrer Überraschung einen leeren Raum, in dem das Chaos herrschte. Sie blickte in ausgeräumte Schubladen und sah auf dem Bett verstreute Kleider. Sie erhoffte sich wohl zuviel, wenn sie annahm, ein Dieb wäre hier gewesen und habe die kleine Prinzessin geraubt. Sie nahm ein herrliches Satinkleid, das die Farbe reifer Aprikosen hatte, vom Boden auf und fauchte empört. An ihren Kleidern sah man abgewetzte Stellen, wenn man genauer hinblickte.
Sie warf das Kleid auf den Boden zurück und lief durch das ihr wohlvertraute Haus, stieß überall Türen auf, wäh-rend sie dachte, das alles sollte eigentlich ihr gehören. In der Bibliothek flackerte eine einzige Kerze über einem Billett auf Travis’ Schreibtisch. Die Handschrift mit den offenen a’s und o’s fand Margo ekelhaft.
Aber als sie das Billett las, begann ihr Gemütszustand sich aufzuhellen. So so! Dieses Flittchen hatte Travis der Frau überlassen, die er »liebte«! Vielleicht war das der richtige Zeitpunkt, die kindische Vernarrtheit von Travis in ein kleines Mädchen zu korrigieren.
Sie schob Regans Zettel in ihre Tasche und ließ an dessen Stelle ein von ihr verfaßtes Billett zurück:
Lieber Travis,
Regan und ich haben beschlossen, uns besser kennenzulernen, und deshalb verreisen wir gemeinsam für ein paar Tage nach Richmond: Wir denken beide in Liebe an Dich.
Margo.
». .. ein paar Tage«, dachte Margo lächelnd, sollten eigentlich genügen, um Regans Spuren verwischen zu können. Zweifellos würde das Mädchen sich bei seiner Flucht genauso ungeschickt anstellen wie bei allen anderen Sachen, die es anpackte. Doch Margo hoffte, das gründlich ändern zu können. Indem sie hier und da ein bißchen Geld verteilte, würde sie die Leute
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