Und am Ende siegt die Liebe
»Mir scheint, du bist einfach in eine Kutsche gestiegen, ohne zu wissen, wohin sie fährt, nicht wahr?«
Regan nickte nur, die letzten Kuchenkrümel mit dem Finger aufsammelnd.
»Wenn du dich bereit erklärst, das Kochen zu lernen und zu arbeiten, bist du bei mir willkommen.«
Sie besiegelten nun mit einem Handschlag ihre Partnerschaft.
Es dauerte eine Woche, bis Brandy geneigt war, zu glauben, daß Regan tatsächlich kein Talent zum Kochen habe. Nach zehn Tagen gab sie ihre Bemühungen endgültig auf.
»Es hat keinen Zweck«, seufzte Brandy. »Du vergißt entweder die Hefe oder den Zucker oder das Maß für das Mehl.« Sie warf einen harten Brotlaib auf den Tisch und versuchte vergeblich, ihn mit dem Messer anzuschneiden.
»Es tut mir so leid«, sagte Regan. »Ich habe mich wirklich bemüht.«
Mit einem kritischen Blick auf Regan meinte Brandy: »Weißt du, wofür du wirklich ein Talent hast? Du kannst die Menschen für dich einnehmen. Du hast so etwas Süßes an dir und bist so verdammt hübsch, daß die Frauen dich sofort an ihr Herz drücken und für dich sorgen wollen. Und ich wette, das gleiche gilt für die Männer.«
Travis hatte einmal für sie sorgen wollen; doch das hatte nicht lange vorgehalten. »Ich bin nicht sicher, ob du recht hast; aber als Talent kann man das sicherlich nicht bezeichnen.«
»Doch. Das ist das richtige Talent für einen Händler. Ich koche und backe, und du verkaufst! Mach dabei ein süßes Gesicht; aber bleibe hart bei den Preisen. Überlasse keinem ein Stück von der Ware, der nicht bezahlen will, was wir dafür fordern!«
Am nächsten Tag brachte die Kutsche sechs Reisende in den Ort, die sich mit Bekannten in einem Lager außerhalb von Scarlet Springs treffen wollten, um mit diesen auf einen Treck in den Wilden Westen zu warten. Einer Eingebung folgend, erhöhte Regan prompt die Preise für ihre Backwaren; doch niemand erhob dagegen Einwände, und sie verkaufte alles, was sie vorrätig hatte.
Doch noch am gleichen Nachmittag gab Regan das ganze eingenommene Geld aus. Drei Siedler, die ebenfalls auf der Durchreise in den Wilden Westen waren, hatten ihre Prärieschoner überladen und wollten die überschüssigen Laternen, Seile und Kleidungsstücke in den Fluß werfen. Sie ärgerten sich schrecklich, daß sie die Belastbarkeit ihrer Gespanne überschätzt hatten, und wollten deshalb keinem die unentgeltliche Verwendung ihrer überzähligen Habe gönnen, für die sie teuer bezahlt hatten. Da machte Regan das Angebot, ihnen die Sachen abzukaufen. Sie rannte ins Farmhaus, nahm noch all ihre Ersparnisse aus der Kasse und bezahlte damit die Siedler.
Als sie dann mit ihren Einkäufen ins Haus zurückkam, war Brandy außer sich vor Zorn. Sie hatten nun kein Geld mehr, ihre Vorräte waren fast aufgebraucht, und das Zimmer war mit Ausrüstungsgegenständen vollgestopft, die niemand haben wollte.
Drei Tage lang mußten sie von Äpfeln leben, die sie aus einem vier Meilen entfernten Obstgarten stahlen, und Regan wurde von schrecklichen Schuldgefühlen geplagt.
Am vierten Tag trafen abermals Siedler in Scarlet Springs ein, und Regan verkaufte ihnen alles, was sie am Anfang der Woche eingehandelt hatte, zum dreifachen Einkaufspreis. Weinend vor Erleichterung, daß alles so gut abgelaufen war, lagen Brandy und Regan sich in den Armen und tanzten dann in der Küche herum.
Damit fing es an. Mit dieser ersten geglückten Transak-tion gewannen sie Vertrauen zu sich selbst und zueinander. Nun sahen sie sich nach zukünftigen Erwerbsmöglichkeiten um.
Sie schlossen mit dem Farmer, dem der Obstgarten gehörte, einen Handel ab, der sie verpflichtete, ihm für einen lächerlichen Geldbetrag und einen Laib Brot pro Woche die Falläpfel abzunehmen. Nachts schälten Regan und Brandy diese Äpfel, und die Scheiben legten sie dann am nächsten Tag in die Sonne zum Trocknen. Dieses Trockenobst verkauften sie den Siedlern, die unterwegs nach Westen waren.
Jeder Pfennig, den sie einnahmen, jeder Handel, den sie abschlossen, vergrößerten den Umfang ihres Geschäfts. Sie standen vor der Morgendämmerung auf und gingen spät nachts zu Bett. Und doch hatte Regan das Gefühl, als sei sie in ihrem Leben nie glücklicher gewesen. Zum erstenmal hatte sie das Gefühl, daß sie gebraucht wurde.
Anfang Herbst begannen sie, Pensionsgäste ins Haus zu nehmen und für Durchreisende zu kochen. Leute kamen noch nach Scarlet Springs, als es schon zu spät war für einen Treck in den Westen. Sie wollten aber
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