Und am Ende siegt die Liebe
skandalösen Verhalten ihres Onkels unterrichtet hatte. Daß die Treuhänder von Regans Erbe kurz darauf Jonathan ohne einen Penny auf die Straße setzten, war eine kleine, doch nicht unangemessene Rache für Jonathans Behauptungen gewesen, die dieser in jener Nacht über ihn, Farrell, verbreitet hatte. Doch Farrells Rachedurst war erst gestillt, als man sechs Monate später Jonathan Northland erstochen in einer Spelunke im Hafenviertel von Liverpool auffand.
Monate und Jahre vergingen, und Farrell wurde immer mehr von dem Gedanken an Regans Millionen beherrscht, die ungenützt auf einer Bank lagen und dank ihrer umsichtigen Vermögensverwalter täglich anwuchsen. Er begann sich nach einer Braut umzusehen, nach einer Partie mit genügend Geld, die ihn und seinen Landsitz auf standesgemäße Art unterhalten konnte; doch die in Frage kommenden jungen Damen hatten nicht annähernd so eine große Mitgift wie Regan Weston zu bieten. Und die Erbinnen aus reich begüterten Familien wollten nichts zu tun haben mit einem mittellosen, titellosen Gentleman zweifelhafter Lebensführung.
Nachdem Farrell sich vergeblich zwei Jahre lang nach einer passenden Braut umgesehen hatte, stand für ihn fest, daß Regan daran die Schuld trug, weil sie ihn verschmäht und damit seinen Ruf bei den Frauen aus guten Häusern untergraben hatte. Daher war es für ihn eine Ehrensache, daß er dieses Mädchen wiederfinden und heiraten mußte, damit es mit seinem Vermögen seinen angeschlagenen Ruf wieder reparierte.
Es hatte eine Weile gedauert, ehe er Regans alte Zofe Leslie in Schottland aufgetrieben hatte, wo sie bei Verwandten lebte. Die alte Frau litt dank eines falsch zusammengewachsenen Unterkiefers an chronischen Schmerzen: Jonathan Northland hatte ihr zudem alle Vorderzähne ausgeschlagen, als sie versuchte, die Fragen eines Amerikaners zu beantworten, der sich nach der Familie eines jungen Mädchens erkundigen wollte, das ihm über den Weg gelaufen war.
Sabbernd, unverständliche Worte äußernd und immer wieder zu einer Flasche greifend, um ihre Schmerzen zu betäuben, hatte Leslie einen so abscheulichen Eindruck auf Farrell gemacht, daß er es kaum in ihrer Nähe aushalten konnte. Zudem war ihr Gedächtnis nebelhaft, und es dauerte Stunden, bis er erfuhr, was er von ihr wissen wollte. Wenigstens konnte er ihre Wohnung mit einer konkreten Vorstellung verlassen, wo er suchen mußte, wenn er sein Ziel erreichen wollte.
Als sich nun eine Antwort zur anderen fügte, wurde ihm klar, daß Regan nach Amerika gesegelt war. Es war keine leichte Entscheidung, ihr dorthin zu folgen; doch er tat es in der festen Überzeugung, daß sie nach einem jahrelangen Aufenthalt in jenem unzivilisierten Land wahrscheinlich herzlich froh war, wenn jemand sie in ihre alte Heimat zurückbrachte.
Amerika war größer, als er es sich vorgestellt hatte. Es gab dort sogar ein paar zivilisierte, wenn auch isolierte Ortschaften; obschon das Volk, das sie bewohnte, ihm herzlich unsympathisch war. Keiner war sich seines wirklichen Standes bewußt — jeder glaubte, ein Mitglied der Aristokratie zu sein.
Schon wollte er wieder seine Koffer packen und nach England zurücksegeln, als er den kleinen Artikel in der
Zeitung entdeckte. Dann kam der Mann, den er nach Scarlet Springs geschickt hatte, mit der Beschreibung einer Frau zurück, die ziemlich genau auf Regan paßte; doch sie schien nicht mehr der Einfaltspinsel zu sein, wie er sie in seiner Erinnerung hatte.
Nun schritt er über den »Dorfanger« von Scarlet Springs
— ein Oval aus üppig grünem Rasen, das die beiden Hauptstraßen des Ortes voneinander trennte —, und betrat das Silver-Dolphin-Hotel.
Eine große Empfangshalle mit weiß gestrichener Täfelung nahm ihn auf. Mehrere gut gekleidete Männer und Frauen gingen gerade durch eine Tür zu seiner Rechten, und als er ihnen folgte, fand er sich in einem noch größeren Raum wieder, der mit bequemen Sesseln und Sofas ausgestattet war und an dessen Hinterwand sich ein breiter, gemauerter Kamin hinzog. Alle Möbel hatten neue Polster aus rostbraunem Satin mit blaßgrünen Streifen. Ein Schankraum — etwas zu rustikal nach seinem Geschmack mit seinen Tischen und Stühlen aus roher Eiche; aber offensichtlich sehr gut besucht
— schloß sich dem Aufenthaltsraum an.
Dem Aufenthaltsraum gegenüber lag der Speisesaal von imponierender Größe, und dahinter entdeckte er zwei private Speiseräume, die offenbar den Pensionsgästen Vorbehalten
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