Und bitte für uns Sünder
gekommen
war? Den hatten sie dann im Knochenkistl versteckt. Man konnte ja nicht einmal
ausschlieÃen, dass sie denjenigen umgebracht hatten, um ihn dann später
heiligenmäÃig zu vermarkten. Langsam nahm das alles grässliche Dimensionen an!
»Ich bin wieder da«, sagte ich und plumpste auf den Stuhl ihr
gegenüber.
GroÃmutter sagte so etwas wie »Ja«, sah aber nicht auf. Sie lieÃ
sich schon wieder von dem blöden Astroenergiekegel bestrahlen und las nebenbei
in der Bibel.
»Den Ernsdorfer hat keiner gefunden. Vielleicht hätte ich dich doch
mitnehmen sollen«, meinte ich, an meinen Hund gewandt.
GroÃmutter sah mich immer noch nicht an, sondern hielt den Blick auf
die Bibel. »So ein Schmarrn. Ich hätt den auch ned gâfunden«, antwortete sie.
Vor allem ohne Astrokegel.
»Hm«, machte ich nur.
»Wer ist denn mein Nächster?«, las sie mir vor. »Da antwortete Jesus
und sprach: Es war ein Mensch, der ging von Jerusalem hinab gen Jericho und
fiel unter die Mörder; die zogen ihn aus und schlugen ihn und gingen davon und
lieÃen ihn halb tot liegen.«
»WeiÃt du, was ich mich frage?«, sagte ich zu der Tischplatte und
schob mit dem Zeigefinger ein Brotbrösel hin und her. »Der Loisl. Der ist zwar
oft besoffen. Aber manchmal, da hat er echt Ahnung von was.« Das war jetzt zwar
ein richtiger Schmarrn, der aber vielleicht meine GroÃmutter ein wenig aus
ihrer Bibel-Lethargie riss.
Sie sagte darauf: »Ein Samariter aber reiste und kam dahin; und da
er ihn sah, jammerte ihn sein, ging zu ihm, verband ihm seine Wunden.«
Hm. Das konnte man von einem volltrunkenen Loisl jedenfalls nicht
erwarten.
»Letztes Jahr zum Beispiel, da wusste er ja schon lang vorher, wer
der Mörder war. Oder?«
»Der Loisl ist ein bâsoffenes Waagscheitl«, erklärte sie mir und
legte dabei ihren rechten Zeigefinger auf die Stelle in der Bibel. »Und wir
können froh sein, wenn er nix kaputt macht.«
Ich versuchte es andersherum. »WeiÃt du, früher, du weiÃt schon, als
der Loisl noch jünger war. War er da mit dem Troidl und dem Kreiter
befreundet?«
GroÃmutter schüttelte leicht den Kopf. »Was interessiert dich der
Loisl?«, wollte sie wissen. »Der hat sich schon den ganzen Verstand
weggâsoffen. Genau wie sein Papa. Der Apfel fällt ned weit vom Stamm.«
»Ist doch auch ein Christenmensch«, zitierte ich den Loisl.
»Ja, und was für einer«, brummte GroÃmutter. »Ja, ja, die drei. Des
waren schon Spezln.«
Sie runzelte die Stirn, als wäre ihr etwas eingefallen. »Frühers, da
ham sâ zu ihm allaweil Baamhackl-Loisl gâsagt. Derweil hatten früher alle Buben
Baamhackl.«
Resigniert stützte ich mein Kinn auf die Hand. In der schlechten
Zeit, sagte meine GroÃmutter nämlich immer, da konnte man von Glück sagen, wenn
man Schuhe für den Winter hatte. Im Sommer, da gabâs sowieso keine Schuhe. Da
liefen alle Kinder barfuÃ. Und bekamen davon so grindige FuÃsohlen, dass die
aussahen wie der Wüstenboden in der Sahara nach Jahren der Trockenheit. »Da hat
jeder sein Baamhackl gâhabt. Nicht nur der Loisl.« Baamhackl, das waren nämlich
diese aufgerissenen Sohlen.
Immerhin wusste ich jetzt, dass auch der Kreiter und der Troidl
aufgerissene Sohlen hatten. Und vielleicht sogar der Ernsdorfer. Aber richtig
weiter half mir das nicht.
»Und, das weià ich noch haargenau, da sind sâ immer zamgesteckt, die
drei.«
Ich wachte wieder auf.
»Ja?« Aha. Damals schon. Vermutlich von Kindesbeinen an mit derben
Streichen aufgefallen. Begierig beugte ich mich weiter vor, um jedes Detail
mitzubekommen. »Und, was haben die dann gemacht?«
»Na ja«, sagte die GroÃmutter und runzelte wieder die Stirn. »Der
Papa vom Kreiter hat ja Küh gâhabt. Und da waren sie dann zu dritt auf der
Weide. Besonders wennâs kalt war.«
Sie senkte erneut den Blick auf die Bibel. Und ich seufzte
enttäuscht. Die Fortsetzung dieser Geschichte kannte ich bereits. Man hatte
früher nämlich einen echten Vorteil, wenn die Eltern eine Kuh hatten. Da konnte
man sich über die FüÃe bieseln lassen, wenn man fror. Das tat dann gut, der
heiÃe Urin auf den kalten FüÃen. Und die drei hatten sich anscheinend immer zu
dritt über die Beine bieseln lassen.
»Der Baamhackl-Loisl, der hat aber noch lang
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