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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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Die zogen auch nur ihr bestes
Stück heraus – und machten nichts.
    Uuh. Als ich an das beste Stück eines Blitzers dachte,
hyperventilierte ich schon wieder und versuchte mich schnell zu erinnern, bei
welcher Strophe ich angelangt war. Für einen Moment war ich sogar nahe daran,
Max anzurufen und ihm von dem Drohbrief zu erzählen.
    Nicht schwächeln, befahl ich mir. Das Wichtigste war jetzt, einen
kühlen Kopf zu bewahren und mir zu überlegen, wie es weitergehen sollte. Wieso
ausgerechnet mir einen Drohbrief, wo ich doch wirklich nichts machte!
    In meinem Kopf begann sich ein Vakuum auszubreiten, und ich merkte
plötzlich, dass ich demnächst wahnsinnige Kopfschmerzen und Sehstörungen
bekommen würde.
    Zu dem Thema »ausgerechnet ich, wo ich doch nichts machte« fiel mir
wieder ein, dass ich mir den Klostuhl der Kreiters genauer angeguckt hatte. Und
dass ich beim Rosenmüller ganz unverschämt durch das Fenster gespitzt hatte.
Vielleicht steckte auch die Kreiter-Troidl-Mörderbande mit dem Rosenmüller
unter einer Decke. Ich versuchte mich zu erinnern, ob ich dort nicht doch etwas
Verdächtiges gesehen hatte. Vielleicht ein Bein vom Ernsdorfer oder so.
    Ich hyperventilierte schon wieder so schlimm, dass ich in Erwägung
zog, einen Gehirntumor zu haben oder kurz vor einem Herzinfarkt zu stehen. Brav
begann ich wieder mein »Kommt ein Vogel geflogen« zu summen.
    Wenn ich weiterhin so hysterisch war, konnte ich gleich auch meinen
Job aufgeben. Da hatte ich heute Nachmittag nämlich wirklich nicht »den Teufel
zerrissen«, um mit den Worten meiner Großmutter zu sprechen. Und ob mein Chef
verstehen würde, dass ich bei Bedrohung durch Drohbriefschreiber weder einen
Ernsdorfer zu finden noch einen Artikel darüber fertig zu schreiben in der Lage
war, war fraglich.
    Ich war gerade bei der Stelle »setzt sich nieder auf mein Fuß«
angelangt, als ich plötzlich jemanden auf der Straße reden hörte. Erst verstand
ich nichts, aber die Stimme kam näher, und das Gespräch wurde deutlicher. Es
war zwar eine einseitige Unterhaltung, denn man hörte nur eine Männerstimme,
aber es war eindeutig an jemanden gerichtet.
    Â»Du hast mir nix zu sag’n. Nix. Sag i nur. I bin …« Die Stimme
geriet ein wenig ins Wanken. »I bin alt g’nug. Hast scho allaweil g’sagt, alt
g’nug, geh und mach, was d’ meinst.«
    Ich kniff die Augen zusammen und versuchte durch die Büsche zu
erkennen, wer alt genug war. Derjenige hielt sich gerade etwas gekrümmt an
unserem Gartentürl fest und atmete anscheinend ein paarmal tief durch. »Geh,
hast erst gestern g’sagt. Geh, und mach, was d’ ned lassen kannst. Und
hintennach brauchst ned jammern.«
    Es hörte sich sehr jämmerlich an, was der Mann von sich gab, und die
andere Person schwieg beharrlich. »Hab nie g’jammert«, stieß der Mann noch
jämmerlich hervor – und dann hörte man ein gewaltiges Rülpsen.
    O nein. Das war der Loisl. Und diejenige, die sich da über seinen
Lebensstil aufregte, war seine Mutter. In seinen Gedanken jedenfalls. Denn
seine Mutter lebte schon lange nicht mehr. Mit einem Alkoholiker als Sohn, da
wird man nicht unbegrenzt alt. Irgendwann fällt man lieber ins Grablöchl, als
ständig zu sagen, geh und mach, was d’ ned lassen kannst. Weil er sowieso immer
das machte, was er nicht lassen konnte. Ich überlegte mir kurz, ob ich mir
meine Zwistel aus der Schublade ziehen sollte, um ihm etwas auf den Pelz zu
brennen. Nicht, weil mich der Loisl an sich störte. Aber wenn er sich übergab,
dann doch bitte nicht über unser Gartentürl. Weil, wie ich den Loisl kannte,
hatte er bestimmt morgen in der Früh längst vergessen, dass das seine Kotze
war. Da sollte er sich lieber bei der Reisingerin über den Gartenzaun hängen.
Meine Atemprobleme waren plötzlich weg.
    Das mit der Zwistel fand ich dann aber doch zu unchristlich und ging
nach unten, um ihn von unserem Garten wegzuziehen. Ich hörte ihn schwer atmend
an unserem Gartenzaun lehnen. Als er mich kommen sah, stieß er sich von unserem
Gartentürl weg und schwankte in die falsche Richtung davon. »Mit dem Ernsdorfer
hab ich nix zu tun«, beteuerte er mit einem panischen Unterton. »Hab ich noch
nie. Ich hab allaweil g’sagt, machts wasts wollts und lassts mir mein Fried.«
Er drehte sich noch einmal zu mir um und sah

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