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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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nach dem Krieg seine
Baamhackl g’habt«, sprach sie dann noch in die Bibel hinein. Weil seine Eltern
ihm keine Schuhe gekauft haben. Der Vater hat halt alles versoffen. Da blieb
nichts übrig für die Schuhe vom kleinen Loisl.
    Â»Und was war das jetzt, was nur der Kreiter, der Troidl und du
gewusst haben?«, fragte ich missmutig nach. Vermutlich wusste das schon wieder
jeder, nur ich nicht.
    Großmutter zuckte nur mit den Schultern. »Des wird nix G’scheites
sein, was der Kreiter und der Troidl wissen.«
    Â»Aber deswegen ist der Ernsdorfer doch umgebracht worden«, erklärte
ich ihr mit trockenem Mund. Dass meine Großmutter bei so dringlichen Sachen nie
kapierte, dass es um Leben und Tod ging!
    Â»Der Ernsdorfer?«, fragte sie misstrauisch nach.
    Â»Der mit dem Parkinson«, nickte ich.
    Â»Der mit dem Parkinson«, wiederholte sie nur.
    Â»Ja. Und der hat was gewusst, und deswegen musste er weg.«
    Â»So ein Schmarrn«, erwiderte Großmutter. »Der Ernsdorfer is doch ned
ermordet worden. Der is halt g’spinnert im Holz umeinander und hat sich nimmer
auskennt.«
    Ha. Aber hätten wir ihn dann nicht gefunden, wenn er g’spinnert im
Holz umeinander wäre? Wenigstens die mit dem Hubschrauber und der Wärmekamera?
Die hätten ihn doch dann finden müssen. Nein, nein. Bestimmt hatte der Kreiter
den Ernsdorfer umgebracht und verscharrt. Vermutlich hinter seiner Scheune, wo
eh so viel G’raffl herumstand, dass ein Grab mehr oder weniger kaum auffiel.
    Â»Aber stimmt. Ich weiß noch …« Sie runzelte die Stirn, als wäre ihr
eben eingefallen, dass der Kreiter ein Mörder sei. »… früher, da war mal was.
Irgend so eine Sach mit Grundstücken. Und richtig war des auch ned.«
    Â»Was für eine Sache?«, fragte ich atemlos nach. Gleich würde ich dem
Mörderhaufen auf die Spur kommen.
    Aber Großmutter schüttelte nur den Kopf und sagte: »Des is schon
lang her, und ich weiß auch nimmer genau, wie des war.«
    Ich sagte nichts mehr.
    Sie sah noch einmal auf. »Der Loisl is halt immer zu besoffen, um so
g’scheit zu sein wie der Kreiter und der Troidl. Wenn i mir überleg, was der
hätt verdienen können, wenn er es so gemacht hätte wie der Kreiter. Aber das
ist halt nicht jedem in die Wiege gelegt. Diese Gschaftlhuberei.«
    Â»Wieso? Was hat der Kreiter denn gemacht?«
    Â»Ach, des is scho lang her«, winkte sie ab.
    Â»Ja und? Erzähl halt.«
    Â»Da war ja noch der Ernsdorfer, der alte, du weißt schon, der mit
dem Parkinson, Bürgermeister.«
    Ja. Jetzt kamen wir der Sache näher!
    Â»Und?« Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen!
    Â»Ach, da ging’s um Grundstücke. Und ganz richtig war des ned.«
    Â»Was denn?«
    Â»Kümmer du dich lieber darum, dass dein Bett richtig g’macht ist«,
schlug sie mir vor und stand auf, um den Astrokegel auf die Anrichte zu
stellen. »Des schaut allaweil aus, als würd noch a Leich drinliegen, so wie die
Decke drüberliegt.«
    Wenn sie so weit war, war nichts mehr aus ihr herauszukriegen, das
wusste ich. Und ich konnte froh sein, dass keiner von der Polizei mit in der
Küche war. Die nahmen ja alle Sprüche von meiner Großmutter für bare Münze. Ich
schoss das Brotbrösel wütend durch die ganze Küche.
    Ich starrte hinaus in die Nacht und wartete darauf, dass die
Panik verflog. In Gedanken sang ich zum vielleicht hundertsten Mal alle
Strophen von »Kommt ein Vogel geflogen« und beobachtete die Straßenlaterne, die
hier schon immer ihr Licht auf mein Bett geworfen hatte, wenn ich nicht die
Rollos herunterließ. Mein Herz raste, und ich musste mich beherrschen, um nicht
keuchend zu atmen. Leise öffnete ich das Fenster und versuchte mir vorzustellen,
es wäre Tag und mir ginge es prima.
    Was für ein Unsinn, sich einzubilden, dass man demnächst umgebracht
wird. Noch dazu, wo in dem Drohbrief überhaupt nichts von Mord und Totschlag
gestanden hatte. Bestrahft Gott, sagte es in meinem Kopf. Und da mich bis jetzt
noch nicht der Blitz getroffen hatte, konnte es so schlimm nicht gewesen sein.
Mit meiner Neugier. Da ich schon letzte Nacht nicht geschlafen hatte, wäre es
sehr wichtig gewesen, wenigstens ein paar Stunden im Bett zu liegen. Schlafend.
    Ich versuchte es mit ein bisschen Logik. Leute, die Drohbriefe
schrieben, die waren so etwas wie … Blitzer.

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