... und dann bist du tot
Tisch legen, damit wir anfangen können?«
»Eigentlich nicht«, antwortete sie heiser.
»Ich hätte es lieber in einem Katheterlabor durchgeführt wie beim ersten Mal. Aber offensichtlich gefällt dieser Raum dem Rest des Teams besser, und daher hielt ich es für das Beste zuzustimmen. Es sieht zwar bedrohlicher aus, macht aber eigentlich keinen Unterschied.«
Lally setzte sich auf den Tisch.
»Da du nun schon Erfahrung hast, brauche ich keine Zeit zu verschwenden, um dir alles zu erklären. Es ist die gleiche Prozedur wie beim letzten Mal, nur in umgekehrter Reihenfolge.«
»Und dann?«
»Und dann atmen wir alle tief durch, und ich setze dir einen neuen Schrittmacher ein.« Ash lächelte sie an. »Und keinen - das will ich schnell hinzufügen -, der von Hagen-Schrittmacher stammt.«
»Der arme Mr. Hagen«, sagte Lally. »Er hat mich angerufen. Der Mann ist fix und fertig.«
»Ich weiß«, bestätigte Ash. »Ich habe ihn auch getroffen.«
Lally hatte sich nie hilfloser gefühlt als jetzt, da sie aufrecht auf dem flachen, schrecklichen Operationstisch saß. Sie erinnerte sich an das erste Mal, an ihre Angst vor dem Eingriff, ihre Angst vor den Schmerzen, ihre Angst, dass es nicht funktionieren würde, ihre Angst zu sterben. Charlie Sheldon hatte gesagt, dass die Implantation des Schrittmachers keineswegs wie ein Tag am Meer sei, aber keineswegs so ekelhaft wie das Ziehen eines Zahnes. Jetzt wusste sie, dass die erste Operation im Vergleich zu dieser wie ein Tag am Meer gewesen war.
»Musik«, sagte sie plötzlich.
Alle schauten sie an, als fürchteten sie, sie drehe durch.
»Beim letzten Mal haben wir Musik gehört. Mozart.«
»Haben wir unsere Kassetten mitgebracht?«, fragte Lucas Ash Joanna King.
»Natürlich.«
»Möchtest du Mozart hören, Lally?«, fragte der Arzt.
»Prokofjew wäre mir lieber, aber Mozart geht auch.«
Joanna King schaute bereits die Kassetten in einem Pappkarton durch. »Prokofjew haben wir nicht. Geht auch Tschaikowsky?«
»Vielleicht wäre Mozart besser.« Lally versuchte zu grinsen. »Es ist nicht so aufregend.«
»Sie möchte, dass der Arzt ruhig ist und nicht tanzt«, sagte Goldstein.
»Mozart ist gut«, stimmte Joanna zu.
Valdez näherte sich dem Tisch. Er trug Handschuhe und hielt eine Schutzbrille in der Hand.
»Gehen Sie weg damit«, sagte Ash gereizt. »Ich möchte nicht, dass irgendetwas meinen Blick beeinträchtigt.«
»Sie ist nicht für Sie, Doktor, sondern für Miss Duval.«
»Wozu?«, fragte Lally.
»Nur für den Fall der Fälle.«
»Entschuldigung«, sagte Lally, überrascht über ihre ruhige Stimme, »aber wenn das Schlimmste geschieht, glaube ich nicht, dass ich mir über meine Augen Gedanken machen werde.«
»In Ordnung!« Valdez lächelte sie an und ging weg.
»Hat noch irgendjemand etwas zu melden?«, fragte der Arzt.
Niemand sagte ein Wort. Mozart-Klänge schwebten leise durch den Raum.
»Sind Sie breit, Mrs. King?«
»Ja, Doktor.«
»Alles in Ordnung, Lally?«
»Ja, danke«, erwiderte sie kaum hörbar.
»Dann fangen wir jetzt an.«
Chris und Hugo saßen schweigend im Wartezimmer im dritten Stock. Beide Männer waren von Plastikkaffeetassen umgeben und gaben sich ihren Gedanken und Ängsten, ihren Schuldgefühlen, ihrer Wut und Hilflosigkeit hin. Die Uhr auf dem Kaminsims tickte. Draußen auf den Straßen wurde das friedliche Surren des frühmorgendlichen Verkehrs allmählich lauter.
Von Zeit zu Zeit schaute Hugo Chris Webber an und betrachtete die Schlinge und die verbundene Hand. Dem Mann stand es ins Gesicht geschrieben, dass er krank gewesen war. Und obwohl ihm niemand gesagt hatte, was vorgefallen war, wusste Hugo, dass es etwas mit Lally zu tun hatte. Der Kerl sah aus wie ein gottverdammter Held. Hugo hatte ihn zuerst nicht gemocht, aber nun hasste er ihn dafür, hasste ihn, weil er, der Lally schon so lange liebte, unfähig gewesen war, irgendetwas zu tun, um ihr zu helfen.
Chris spürte Barzinskys Abneigung, und unter anderen Umständen hätte er ihm Leid getan, aber in diesem Augenblick nahmen ihn andere Gefühle in Beschlag, die alle nicht sehr erfreulich waren. Seine Schuldgefühle belasteten ihn und drückten ihn nieder. Schuldgefühle, weil er Andrea und Katy im Stich gelassen hatte, Schuldgefühle, weil er Lally im Stich gelassen hatte. Weder durch die Eskapade mit ihrem Bruder, durch seine Tuchfühlung mit dem Tod oder seine Schauspielerei als Leiche hatte er irgendetwas für sie erreichen können. Verdammt! Sie lag
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