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Und dann der Tod

Und dann der Tod

Titel: Und dann der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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jemand auf mich wartet, um sich auf mich zu stürzen.«
    »Wenn ich hinter Ihnen her wäre, würde ich genau hier auf Sie warten. Sie sind eine Fotografin ohne Kamera. Das hier ist das beste Geschäft für Kameras in der ganzen Stadt. Es wäre eine ideale Gelegenheit.« Er hielt ihr die Tür auf und warf einen Blick in den Laden. »Keine Kunden. Wenn irgend jemand reinkommt und sich Ihnen nähert, treten Sie zur Seite. Lassen Sie sich von niemandem berühren. Ein Nadelstich würde genügen.«
    »Nächste Woche beginnt der Mardi Gras. Es wird nicht leicht sein, im Französischen Viertel Körperkontakt zu vermeiden. Sie werden um mich herumwuseln müssen wie ein Linebacker von den Saints.«
    »Dann mache ich das eben. Aber helfen Sie mir dabei, okay?«
    »Darauf können Sie sich verlassen«, sagte sie geistesabwesend und sah zu der Kamera im Schaufenster hinüber. Sie spürte die vertraute Erregung, und sie bekam ein schlechtes Gewissen.
    Emily hatte es Besessenheit genannt, Emily, die gerade erst heute morgen beerdigt worden war. Durfte sie sich solche Gefühle erlauben?
    »Würden Sie lieber in Ihre Wohnung zurückgehen und sich in einer Ecke verkriechen?« fragte Kaldak grob und musterte ihr Gesicht. »Glauben Sie, daß Emily Ihnen das wünschen würde?«
    Emily würde wollen, daß Bess ihr Leben genoß. Emily hatte Bess’ Leidenschaft nicht verstanden, aber sie hätte nie gewollt, daß Bess auf etwas verzichtete, was sie glücklich machte. Im Gegenteil, sie hätte sich mit jedem angelegt, der versuchte, Bess das Leben schwerzumachen. Nicht daß sie sich nicht selbst reichlich in Bess’ Angelegenheiten eingemischt hätte. Bess konnte beinahe hören, wie sie …
    Zielstrebig trat sie an den Verkaufstresen. »Nein, das würde Emily nicht wünschen, und ich selbst will es auch nicht.«
    »Sie streicheln die Kamera wie einen Hund«, bemerkte Kaldak, als er ihr die Ladentür aufhielt.
    »Ich bin gerade dabei, ein Gefühl für sie zu entwickeln. Und sie fühlt sich an wie ein deutscher Schäferhund. Jedenfalls nicht wie ein Golden Retriever. Wir hatten einen, als ich klein war, und Simon war zwar liebenswert, aber ziemlich dumm.« Sie berührte die Kamera, die um ihren Hals hing.
    »Diese Kamera ist intelligent, sehr intelligent.«
    »Ein neuer Freund?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Vorerst ist sie noch eine flüchtige Bekannte. Aber ich glaube, ich werde sie liebgewinnen.« Sie war bereits dabei, die Kamera liebzugewinnen. Bess spürte ganz deutlich, daß es die Richtige war, daß alles stimmte. Sie hob die Kamera ans Auge, stellte sie auf den Balkon auf der anderen Straßenseite scharf und drückte schnell ab. »Das ist eine gute Kamera.«
    »Dann bin ich ja froh, daß Sie sie entdeckt haben.« Er nahm ihren Arm. »Es wird Zeit, daß wir zur Wohnung zurückkehren.
    Wir sind schon lange genug auf dem Präsentierteller.«
    Der große Clown mit grünen Haaren, der an der Ecke jonglierte.
    Scharf stellen.
    Abdrücken.
    Die alte Obdachlose mit geröteten Wangen und dicken Strümpfen, die auf einem Hocker neben dem Durchgang saß.
    Scharf stellen.
    Abdrücken.
    Der Musiker in Latzhose und kariertem Hemd, der mitten auf der Royal Street auf seiner Geige spielte.
    Scharf stellen.
    Abdrücken.
    »Wenn Sie dauernd stehenbleiben, sind wir vor morgen früh nicht in der Wohnung«, bemerkte Kaldak trocken.
    »Nun, ich muß mich an die Kamera gewöhnen.« Sie machte noch ein Foto von dem Clown. »Und es gibt keinen Ort auf der ganzen Welt, an dem sich so gute Fotos machen lassen wie in New Orleans. Das war einer der Gründe, warum ich hierhergezogen bin. Hier gibt’s alles, was ich mir wünsche. Man braucht nur einen Häuserblock weit in irgendeine Richtung zu gehen, und schon findet man ein Motiv, das eine Geschichte erzählt.«
    »Hauptsache, Sie sind nicht die Story.« Er behielt die Menge um sie herum im Auge. »Und ich habe das Gefühl, daß Sie nicht nur aus Liebe zu Geschichten fotografieren.«
    »Er könnte doch hier sein, oder?«
    »Er ist wahrscheinlich in der Nähe.«
    »Dann habe ich ihn vielleicht auf einem Foto.«
    »Haben Sie sich deshalb heute die Kamera gekauft?«
    »Nein.« Sie warf ihm einen Blick zu. »Aber ich dachte, es würde Sie freuen, wenn ich ein bißchen Aufklärungsarbeit leiste.«
    »Tut mir leid.« Kaldak faßte ein Trio von Teenagern ins Auge.
    »Ich glaube, ich bin ein bißchen nervös.«
    Es mußte schon eine Menge passieren, damit Kaldak nervös würde, dachte Bess mit einem Frösteln.

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