Und dann der Tod
hatten.«
Er zuckte zusammen. »Stimmt.« Er wandte sich Kaldak zu.
»Rette mich. Wirf ihr einen von deinen einschüchternden Blicken zu.«
»Da mußt du allein durch. Die beeindrucken sie nicht.«
»Wirklich?« Er musterte Bess. »Interessant.« Er lächelte wieder. »Darf ich mich dann Ihrer Gnade ausliefern und um eine Tasse Kaffee bitten? Ich bin direkt vom Flughafen hierhergekommen.«
Sie nickte. »Ich mache welchen. Wenn Sie mir versprechen, daß das nicht nur ein Vorwand dafür ist, mich aus dem Zimmer zu schicken, damit Sie mit Kaldak reden können.«
»Nun, das war es tatsächlich.«
Er machte ein Gesicht wie ein Kind, das mit der Hand in der Keksdose erwischt wird. Diesmal mußte auch sie lächeln.
»Dann werden Sie Ihren Kaffee wohl selbst machen müssen.
Keine Geheimnisse.«
»Also gut, ich wollte Sie nur nicht beunruhigen.« Er wandte sich Kaldak zu. »Ramsey meint zu wissen, wer Estebans Killer ist. Nach Auskunft der hiesigen Polizei hat einer ihrer Informanten ihnen gesteckt, daß Marco De Salmo in der Stadt ist.«
»Also De Salmo«, erwiderte Kaldak. »Ich habe von ihm gehört.«
»Aber du hast ihn noch nie gesehen?«
»Einmal. In Rom. Von weitem.«
»Ist er gut?«
»Sehr gut.«
»Sie würden ihn nicht erkennen?« fragte Bess.
»Ich glaube nicht«, antwortete Kaldak, dann wandte er sich Yael zu. »Kann Ramsey mir ein Foto besorgen?«
Yael schüttelte den Kopf. »Es gibt keine Polizeiakte über De Salmo.«
»Wie ist das möglich?« fragte Bess.
Yael zuckte die Achseln. »Er ist vor drei Jahren aus dem Nichts aufgetaucht. Der Name ist wahrscheinlich falsch, aber wir wissen es nicht. Wir haben praktisch nichts über den Burschen.«
Also hatte der Killer einen Namen, dachte Bess. Er war vielleicht gesichtslos, aber er hatte einen Namen. Marco De Salmo.
Yael drehte sich zu Kaldak um. »Du hattest mich gebeten, einige zusätzliche Informationen über Esteban zu sammeln, bevor ich Mexiko verlasse, aber ich konnte nicht mehr rausfinden, als du schon weißt.«
»Verdammt«, sagte Kaldak. »Ich hatte auf einen Durchbruch gehofft.«
»Und was wissen Sie bereits, Kaldak?« fragte Bess.
»Er ist mit elf Geschwistern in den Slums von Mexico City aufgewachsen. Sein Vater war Arbeiter. Wir haben eine Sozialarbeiterin ausfindig gemacht, Señora Damirez, die in dem Viertel gearbeitet hat und die Familie kannte. Sie sagte, daß es nie genug zu essen gab und daß die Familie zusammengepfercht in einer Hütte mit zwei Zimmern lebte. Die Gegend war von Ratten verseucht, und mit acht Jahren wurde Esteban innerhalb eines Monats zweimal mit schweren Bißverletzungen ins Krankenhaus gebracht.«
»Nur er? Was war mit den anderen Kindern?«
»Nichts. Offensichtlich mochten die Ratten den kleinen Esteban.«
»Sehr erfreulich.«
»Aber seine Lage besserte sich. Sein Bruder Domingo starb einen Monat später, und Esteban mußte nicht mehr auf dem Fußboden schlafen. Er übernahm das Feldbett seines Bruders.
Dann starb seine älteste Schwester, und plötzlich gab es auch mehr zu essen.«
»Wie sind sie gestorben?«
»An Lebensmittelvergiftung.«
»Esteban?«
»Vielleicht. Aber die Sozialarbeiterin meinte, daß Lebensmittelvergiftungen in den Slums ziemlich häufig auftraten. Wenn es so wenig Nahrung gibt, essen die Kinder alles, was sie finden.« Er schwieg eine Weile. »Aber selbst wenn er es nicht war, könnte er die Vorteile erkannt haben, die darin lagen, das einzige Kind zu sein.«
»Gab es denn noch mehr Todesfälle?«
»In den nächsten fünf Jahren starben drei Schwestern und vier Brüder.«
»Und wie?«
»Noch einige an Lebensmittelvergiftung, zwei sind ertrunken, und zwei wurden in einer Gasse erstochen.«
»Und die Sozialarbeiterin schöpfte keinen Verdacht?«
»Erst als wir mit den Nachforschungen anfingen. Sie reagierte sogar leicht entrüstet, als wir sie nach Esteban ausfragten.
Señora Damirez bewundert ihn. Sie beschrieb ihn als einen höflichen, ehrgeizigen kleinen Jungen. Er fehlte fast nie in der Schule, was sehr außergewöhnlich war. Er kämpfte sich aus der Gosse nach oben und ging mit sechzehn zur Armee. Eine Erfolgsgeschichte aus dem Viertel. Davon hat sie weiß Gott nicht viele zu erzählen.«
»Leben seine Eltern noch?«
»Sein Vater starb bei einem Erdbeben, als Esteban zwölf war.
Seine Mutter wurde dabei auch verletzt, hat aber noch drei Jahre gelebt.«
»Und zwei seiner Geschwister leben noch?«
»Eine Schwester. Der letzte Bruder starb vor acht
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