Und dann der Tod
»Ich glaube nicht, daß einer von diesen Jungs Ihr Killer ist.«
»Könnte aber sein. Es könnte jeder sein. Ich möchte wetten, daß er hier ist und uns beobachtet. Man kann nie wissen.«
»Stimmt, man kann nie wissen.« Sie hatte früher schon Fotos von Mördern gemacht. In Somalia, in Kroatien und von jenem Mann, der in Chicago kleine Jungs abgeschlachtet hatte. Aber sie hatte noch kein Foto von jemandem gemacht, der sie töten wollte.
Sie sollen sie sehen.
Ihre Hände zitterten ein wenig, als sie die Kamera ans Auge führte.
Scharf stellen.
Abdrücken.
Sie hatte ein Foto von ihm gemacht.
De Salmo starrte hinter Grady und Kaldak her, bis sie um die Ecke gebogen waren.
Sie hatte ihn überrascht. Er hatte nicht erwartet, daß sie herumlaufen und fotografieren würde. Ihre Bewachung war so streng, daß er angenommen hatte, sie würden sie versteckt halten. Er hatte sich schon Gedanken gemacht, wie er in die Wohnung kommen könnte.
Kaldak, dieser eitle Bastard, glaubte offensichtlich, daß allein seine Anwesenheit abschreckend genug wirkte. Blödsinnig.
Dieser Auftrag war längst nicht so schwierig, wie Esteban annahm. Schnell verdientes Geld.
Aber es beunruhigte ihn, daß sie ein Foto von ihm gemacht hatte.
Kapitel 12
Ein Mann saß auf der Treppe vor ihrer Wohnung.
Kaldak merkte, wie Bess erstarrte, und sagte schnell:
»Alles in Ordnung. Das ist Yael. Ich habe Ramsey gebeten, ihn zu mir schicken, sobald er in den Staaten ist.«
»Na, habt ihr einen netten Spaziergang gemacht?« Yael Nablett stand auf und streckte die Hand aus. Er hatte einen leichten Akzent. »Kein Wunder, daß Ramsey ausgerastet ist.«
Kaldak schüttelte Yael lächelnd die Hand. »Ich würde was dafür geben, das mitzuerleben. Ich bin froh, daß du gekommen bist. Bess Grady. Yael Nablett.«
Bess murmelte irgend etwas Höfliches. Das war also der Mann, der Emily gesucht hatte, der Mann, der ihr Grab in den Bergen gefunden hatte. Yael Nablett war Ende Dreißig, hatte grüne Augen, kurze dunkelblonde Haare und war schlank und kräftig.
»Ich war mir nicht sicher, ob du Mexiko verlassen würdest«, sagte Kaldak. Er schloß die Eingangstür auf, und alle traten ein.
»Es gab dort nicht mehr viel für mich zu tun. Esteban ist von der Bildfläche verschwunden. Er hat sich offiziell krank gemeldet. Wir glauben, daß er das Land verlassen hat.«
»Mist. Wann?«
»Gestern.« Er wandte sich Bess zu und sagte ruhig: »Das mit Ihrer Schwester tut mir sehr leid. Ich habe versucht, Sie durch Kaldak warnen zu lassen, aber Esteban war zu schnell. Er hatte alles geplant und in die Wege geleitet, bevor er eine Mannschaft losschickte, um ihre Schwester zu exhumieren.«
»Eine Warnung hätte auch nichts genützt.« Gar nichts hätte genützt, aber es war nett von ihm, daß er es versucht hatte. Sie hatte den Eindruck, daß er grundsätzlich freundlich war.
»Danke, Mr. Nablett.«
»Yael.« Der Angesprochene wandte sich Kaldak zu.
»Glaubst du, er ist hierher unterwegs?«
»Noch nicht. Ich wünschte mir fast, es wäre so. Ich wette, er hat zur Zeit was anderes zu erledigen.«
Yael verzog das Gesicht. »Wollen wir hoffen, daß es nicht so ist. Wie nah ist er schon dran?«
»Zu nah. Die Entwicklung des Anthrax ist fast in dem Stadium, das sie anstreben. Er könnte jederzeit losschlagen.
Vielleicht hat er deshalb Mexiko verlassen. Ohne Grund wird er das nicht gemacht haben.«
»Er ist einfach verschwunden?« fragte Bess. »Wie konnte das passieren? Hat ihn niemand observiert?«
»Er hat es wahrscheinlich langfristig geplant«, erwiderte Yael.
»Er ist in ein Gebäude auf dem Paseo de la Reforma gegangen und nicht wieder rausgekommen.«
»Das hätte nicht passieren dürfen«, sagte Kaldak.
»Ich bin ganz deiner Meinung«, erklärte Yael. »Aber es ist trotzdem passiert.«
»Und was hat Ramsey dazu gesagt?«
»Frag lieber, was er nicht gesagt hat. Er hatte Schaum vorm Mund. Er hat jemanden losgeschickt, sich Perez, Estebans Sekretär, zu schnappen und ihn unter Druck zu setzen. Aber ich bezweifle, daß der irgend etwas weiß. Ramsey ist sich unschlüssig, wie er weiter vorgehen soll.« Er lächelte Bess an.
»Mit Ihrer Entscheidung hierzubleiben haben Sie alle ganz schön aus dem Konzept gebracht, wissen Sie das?«
Bess erwiderte das Lächeln nicht. »Schade. Es ist vielleicht die einzige Möglichkeit, Esteban zu erwischen. Ihnen ist es ja noch nicht einmal gelungen, auf seiner Fährte bleiben, als Sie ihn in Lebensgröße vor sich
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