Und dann kusste er mich
anliegendes goldfarbenes Abendkleid und ich ein tiefrotes Satinkleid im Stil der dreißiger Jahre, das an den richtigen Stellen vorteilhaft drapiert war und mir ein wunderbar glamouröses Gefühl gab. In der Tat wirkte die ganze Veranstaltung wie aus einem alten Hollywoodfilm. Während ich sang, kam es mir vor, als spielte im Hintergrund ein ganzes MGM-Orchester.
Auf Wunsch des Paares spielten wir als letzten Song des ersten Sets »When I Fall in Love« von Nat King Cole, was ich unbedingt selbst singen wollte. Ich liebte diesen Song nicht zuletzt deshalb, weil er zu Onkel Dudleys Lieblingssongs gehörte und einer der wenigen Songs war, dessen Text er von Anfang bis Ende mitsingen konnte. Es war ein alter Witz zwischen meiner Tante, meinem Onkel und mir, dass sich Onkel Dudley nie mehr als eine Liedzeile merken konnte. Tante Mags und ich hatten ihn einmal dabei ertappt, als er ausgerechnet »Unforgettable« mitzusingen versuchte: »Unforgettable … la la la laaa …« Natürlich rieben wir ihm das immer wieder unter die Nase, so dass er zumindest das nie vergessen wird.
Als ich »When I Fall in Love« sang, sah ich sofort Onkel Dudley vor mir, wie er Tante Mags auf Our Pol ein Ständchen brachte und in seinen Simpsons-Hausschuhen mit ihr tanzte, und dann stellte ich mir vor, wie ich in den Armen meines hübschen Fremden durch die weihnachtliche Menge tanzte und jede Liedzeile ein Versprechen an ihn war … Während des Instrumentalteils blickte ich mich zu Jack und Charlie um. Jack hatte die Augen geschlossen und gab sich völlig seinem Spiel hin, doch Charlie sah mir unverwandt in die Augen. Die schummrige Bühnenbeleuchtung ließ seine mitternachtsblauen Augen völlig schwarz erscheinen und warf tanzende Schatten auf sein Gesicht.
Während das Büfett aufgetragen wurde, machten wir eine Pause, und Jack, Tom und Wren steuerten auf die Bar zu. D’Wayne schlenderte zu Charlie und mir herüber und stellte uns das Paar vor, das seine goldene Hochzeit feierte.
»Charlie, Romily, darf ich euch mit Trisha und Les bekannt machen?«
Les schüttelte uns die Hand, und Trisha umarmte uns, was Charlie sichtlich irritierte. »Alles ist so wunderschön «, schwärmte sie. »Genau die Art von Hochzeitsfeier, die wir uns vor fünfzig Jahren erträumt haben.«
Ihr Gatte drückte ihren Arm: »Aber wir hätten es gar nicht anders haben wollen, oder?«
Sie tätschelte seine Hand: »Auf gar keinen Fall. Unsere Feier damals war weit schlichter«, erzählte sie uns. »Ein Fischeintopf mit unseren Familien und zwei Freunden in der Stone Yardley Village Hall, und zum Dessert gab es einen selbst gebackenen Kuchen von seiner Mum. Ich habe mein Hochzeitskleid in einem Abendkurs genäht, und wir sind zu Fuß von der Kirche zur Feier gegangen, weil meine Eltern keinen Wagen hatten. Trotzdem war es ein herrlicher Tag.«
»Meine Patricia hat mich zum glücklichsten Mann der Welt gemacht, als sie mir das Jawort gab. Und wir haben es nie bereut, nicht wahr, Schatz?«
»Nein. Wir sind miteinander immer glücklich gewesen.«
Nachdem das Paar gegangen war, besorgte uns Charlie etwas zu trinken. Plaudernd und lachend saßen wir dann an einem Tisch neben der Bühne. Unwillkürlich musste ich daran denken, wie sehr sich unser Verhältnis seit jener gemeinsamen Autofahrt nach dem Silvester-Gig verändert hatte. Es war herrlich, wieder zusammen zu lachen und zu scherzen, selbst wenn an der Peripherie noch immer ungeklärte Dinge lauerten.
Charlie räusperte sich: »Ich muss sagen, du warst heute Abend wirklich großartig.«
Verwirrt durch das unerwartete Kompliment, begann mein Herz wie wild zu klopfen. Ich senkte den Blick auf mein Glas. »Danke. Du hast auch nicht übel gespielt.«
»Das meinte ich nicht. Wir sind mit diesen Songs schon früher aufgetreten, aber ich habe noch nie erlebt, dass du so in einen Song versunken warst wie in diesen letzten.«
»Ich habe an meinen Onkel und meine Tante gedacht«, erwiderte ich wahrheitsgemäß. »Das ist einer ihrer Lieblingssongs.«
Er schwieg eine Weile. »Ich dachte … Ach, vergiss es!«
»Los, sag schon!«
Er lächelte: »Ich habe mich gefragt, ob du dabei an ihn denkst.«
Ich überlegte mir meine Antwort genau, da dies für uns beide unbekanntes Terrain war. Seltsam, dass er meine Gedanken erraten hatte … »Stimmt, das habe ich tatsächlich.«
»Oh. Unheimlich, was?«
Ich lächelte. »Sehr.«
Mehr wurde zu diesem Thema nicht gesagt, doch ich spürte, dass ein Tabu gebrochen war. Und
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