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Und dann kusste er mich

Und dann kusste er mich

Titel: Und dann kusste er mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dickinson Miranda
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herumwirbeln ließ. In etwa zehn Metern Entfernung fuhr ein Taxi vor. Fassungslos beobachtete ich, wie der Mann mit dem Schal von dem überdachten Eingang zum Taxi ging und die Tür öffnete. Rasch lief ich auf den Wagen zu, betete, er möge eben noch am Bürgersteig stehen bleiben. Das laute Pochen in meinen Ohren vereinte sich mit dem Hämmern von Charlies Schlagzeug, das aus dem Inneren des Supermarkts herauswummerte. Ich hatte keine Ahnung, was ich sagen oder tun sollte. Ich wusste nur, dass ich ihn diesmal nicht gehen lassen würde, ohne zumindest einen Versuch zu starten, mit ihm zu sprechen.
    Beim Näherkommen sah ich, wie er die Einkaufstüten auf die Rückbank legte.
    »Guten Abend«, hörte ich ihn sagen und erkannte seine Stimme sofort wieder. Ich hatte mich nicht getäuscht – er war es! Bitte, geh nicht! , bat ich ihn stumm und begann zu rennen. Bitte, bleib da! Nur noch wenige Schritte …
    »Warte!« rief ich, doch meine Stimme war kaum mehr als ein Wispern, und in hilfloser Verzweiflung musste ich mitansehen, wie er einstieg und die Taxitür zuknallte. Ich streckte die Hand aus, doch meine Finger griffen ins Leere, und das Taxi fuhr davon. Nach Luft ringend stand ich auf dem Bürgersteig und beobachtete einer Ohnmacht nahe, wie die roten Rücklichter immer kleiner wurden.
    Ich war so nah dran gewesen … Wie konnte ich ihn nur verpassen? Vor Kälte zitternd, schlang ich die Arme um meinen Körper und schluckte die Tränen herunter, die mir in den Augen brannten. Mit schwerem Herzen wandte ich mich schließlich um und kehrte in die Wärme des Supermarkts zurück.

9
    Help!
    Wenn man sich bei meinen Freunden auf eines verlassen kann, dann darauf, dass sie jede Gelegenheit wahrnehmen, sich gegenseitig aufzuziehen. Toms präpotentes Gockelgehabe – eine Kreuzung zwischen einem zappeligen, sich in den Schritt greifenden Mick Jagger (in seinen späteren Jahren) und einem halbnackt herumtobenden Angus Young von AC/DC – gegenüber der schönen Cayte hätte normalerweise ein Feuerwerk an Sticheleien entfacht. Doch aufgrund meines abrupten Abgangs von der Bühne war Toms Verhalten zur Bedeutungslosigkeit verblasst.
    Dafür wurde ich nun zur Zielscheibe des Spotts, und Anfang März, mit dem beginnenden Frühling, waren Witze auf meine Kosten quasi an der Tagesordnung.
    »Hey, Rom, bleibst du zum Mittagessen da?«, fragte Jack unschuldig, als ich auf der kleinen Wiese eintraf, wo meine Freunde sich getroffen hatten, um das milde Wetter auszunutzen.
    »Klar. Was meinst du, warum ich hier bin?«, erwiderte ich arglos.
    »Na ja, ich wollte nur nachfragen, für den Fall, dass du plötzlich wegrennen musst …«
    Genervt schüttelte ich den Kopf, während sich meine lieben Freunde vor Lachen ausschütteten. »Sehr witzig! Mich wundert nur, dass euch das nach drei Wochen noch nicht langweilig geworden ist!«
    »Wir haben noch nicht mal richtig angefangen.« Grinsend streckte Tom die langen Beine aus und lockerte seine Krawatte.
    Es war immer etwas seltsam, meine Freunde in ihren Arbeitsklamotten zu sehen – vor allem Charlie und Tom, die in ihrer Freizeit eigentlich nur in T-Shirt, Jeans und Kapuzenjacke herumliefen. Für unsere Gigs warfen sie sich natürlich in Schale, doch unsere Outfits waren aufeinander abgestimmt, um eine Gesamtwirkung zu erzeugen, so dass der individuelle Stil dahinter zurückbleiben musste. Die Arbeitskleidung hingegen betonte die Unterschiede. Tom wurde von uns nur als »Werbeträger für Next« bezeichnet, weil die Klamotten für seine Arbeit bei einer IT-Firma fast ausschließlich von Next stammten. Charlie hatte von allen Jungs die originellste Berufskleidung – was bei seiner Arbeit in der Galerie seines Vaters auch kein Wunder war. Sein blauer Anzug, das blau karierte Hemd, die silberfarbene Krawatte und die Converse-Sneakers waren typisch für seine eklektische Arbeitsgarderobe. Jack war der Einzige von uns, der keinem Dresscode unterworfen war, doch auch er spielte manchmal gern mit verschiedenen Stilen und kombinierte Jeans mit Hemd und Krawatte. Wren stellte uns mit ihrer Garderobe natürlich alle in den Schatten, doch sie hatte heute keinen Unterricht und war deshalb nicht gekommen. Aus sicherer Quelle wusste ich jedoch, dass ihre Arbeitskleidung genauso bunt zusammengewürfelt war wie die Outfits, in denen wir sie abends und an Wochenenden sahen.
    »Komm, setz dich, Rom«, sagte Jack und zog mich auf seinen Schoß. »Wie gemein von uns, dich zu verspotten, nur weil du mitten

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