Und das ewige Licht leuchte ihr - Granger, A: Und das ewige Licht leuchte ihr - Rattling the bones
Armbanduhr. Es war inzwischen nach fünf, fast halb sechs. Bonnie hatte sich hingelegt und war eingeschlafen, müde vom langen Laufen. Wenn ich jetzt loszog, schaffte ich es vielleicht noch zu Susie Dukes Büro, bevor sie Feierabend machte. Ich konnte mit ihr über Edna und den mysteriösen Kerl reden, sie um ihre Meinung fragen und mir auf dem Rückweg nach Hause einen Kebab holen.
»Ich bin noch mal weg«, sagte ich zu Bonnie. »Es dauert nicht lange, keine Sorge. Sei ein braver Hund, ja?«
Sie öffnete ein einzelnes Auge, um sich zu versichern, dass ich sie nicht mit mir nach draußen zerren würde, obwohl sie sich gerade hingelegt hatte. Sie machte keinerlei Anstalten, mir zu folgen.
Die Duke Detective Agency (vertrauliche Ermittlungen aller Art), geführt von meiner guten Freundin Susie Duke, befand sich zu diesem Zeitpunkt über einem türkischen Imbiss inmitten einer Zeile geschäftiger kleiner Läden. Der Duft nach gegrilltem Fleisch erfüllte das Treppenhaus, doch die Adresse hatte auch eine Reihe von Vorteilen, wie Susie mir versichert hatte, als sie mit ihrem Geschäft hierhergezogen war. Die Detektei war leicht zu erreichen, es war nicht ihre Wohnadresse (immer ein Problem, wenn Kunden die Wohnadresse kannten), und zur Mittagszeit konnte sie schnell nach unten springen und sich einen Kebab kaufen, genau wie ich es zum Abendessen vorhatte.
Es war ein großes altes Haus. Zusätzlich zur Duke Detective Agency direkt über dem Kebab-Laden gab es ein weiteres Geschäft im Stockwerk über Susie, ein Tattoo-Studio. Die Agentur und das Studio waren von der Straße her über eine Tür neben dem türkischen Imbiss zugänglich, die zum Treppenhaus führte. Die Tür war während der Geschäftszeiten offen, so dass Besucher eintreten und eine Lösung ihrer Probleme durch Konsultation einer Privatdetektivin anstreben oder, falls sie es vorzogen, sich einen Satz neuer Tätowierungen zulegen konnten.
Zuweilen konnte man eine Reihe richtig seltsamer Gestalten im Treppenhaus antreffen. Was ich damit sagen will – sie sahen bereits merkwürdig aus, wenn sie auf dem Weg nach oben ins Studio waren, und ganz und gar erstaunlich, nachdem Michael der Tattoo-Künstler seine Arbeit an ihnen verrichtet hatte und sie die Treppe wieder hinunterstiegen.
Michael war kein Mann, der sich mit »Ich liebe Sheryl« oder »Hammers forever!« unter einer Darstellung des Wappens von West Ham zufriedengab. Michael überredete seine Kundschaft zu apokalyptischen Visionen, die eines Hieronymus Bosch würdig waren. Flammen kletterten an ihren Armen und Beinen nach oben. Fantastische Kreaturen spielten darin und ritten auf Schlangen mit hervorquellenden Augen, die direkt aus einem Fantasy-Brettspiel zu stammen schienen. Okkulte Symbole verzierten die frei gebliebenen Stellen wie eine Art Konfetti, das bei einer Hochzeit ausgestreut worden war.
Wahrscheinlich betrachteten die Kunden von Michaels Tattoo-Studio auf der anderen Seite Susies Klienten mit der gleichen Art von verständnislosem Staunen.
Wenn beide Personenkreise etwas gemeinsam hatten, dann die nervöse Anspannung auf den Gesichtern beim Erklimmen der Treppe und den Ausdruck von Erleichterung und letzten Zweifeln, wenn sie nach ihrem Termin wieder nach unten stiegen. Sie waren erleichtert, dass sie es hinter sich gebracht hatten, und sie fragten sich nervös, ob sie das Richtige getan hatten. Gleichgültig, zu welchem Schluss sie kamen – irgendwann dämmerte ihnen die Erkenntnis, dass er unwiderruflich war.
An der Tür im ersten Stock, die zur Detektei führte, gab es ein hübsches kleines Schild mit dem Namen des Geschäfts und den Öffnungszeiten des Büros. Wenn man diese Tür durchschritt, fand man sich in einer Art Vorzimmer wieder. Weil das gesamte Büro eigentlich nur ein einziger großer Raum war, war dieses Vorzimmer durch einen Raumteiler erschaffen worden. Ein Milchglaspaneel schirmte das innere Heiligtum ab, das Susies Beratungszimmer war, um einen Ausdruck aus dem medizinischen Sektor zu benutzen, vor den Eintretenden ab.
Das Mobiliar in diesem Beratungszimmer war recht spartanisch: ein Schreibtisch, ein Bürosessel, ein Aktenschrank. Ich weiß nicht, woher Susie den Schreibtisch hatte. Man kann einigermaßen billige Computertische in den einschlägigen Discountläden kaufen, hübsche, moderne Dinger – doch Susies Schreibtisch sah aus wie etwas, das in den Sechzigern in irgendeiner Behörde gestanden hatte, billige gelackte Kiefer mit Brand- und Tintenflecken,
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