Und das ewige Licht leuchte ihr - Granger, A: Und das ewige Licht leuchte ihr - Rattling the bones
Kratzern und Schrammen überall. Vielleicht hatte er bereits im Büro gestanden, nachvollziehbar zurückgelassen vom Vormieter. Der kleine Laptop-Computer stand wie gewöhnlich aufgeklappt an der Seite, doch ich glaube nicht, dass Susie ihrem Computer viele Informationen anvertraute. Das meiste befand sich im Aktenschrank, einem schlachtschiffgrauen Ungetüm in altmodischem Design, das aussah, als käme es zusammen mit dem Schreibtisch aus irgendeinem Ministerium irgendwo in den Tiefen von Whitehall.
Ich arbeite gelegentlich für Susie und erledige den einen oder anderen Job, doch im Allgemeinen ist das, womit sie ihren Lebensunterhalt verdient, nicht so recht meine Kragenweite. Vorladungen zustellen oder die Kreditwürdigkeit von anderen Leuten feststellen oder irgendwo herumlungern, um einen untreuen Ehemann oder eine untreue Ehefrau auf Abwegen zu ertappen, das ist nichts für mich. Abgesehen davon hatte Susie einen Mitarbeiter gefunden, einen »Feldagenten«, wie sie ihn nannte, der mehr geeignet war für diese Art von Arbeit: Les Hooper.
Ich hoffte, dass Les irgendeine Spur verfolgte und ich Susie allein antreffen würde, wenn ich dort ankam. Sie ist normalerweise vor Ladenschluss im Büro, um den Anrufbeantworter abzuhören, sensitives Material in dem verschließbaren Aktenschrank zu sichern und Papierkram zu erledigen. Ich war nicht begierig darauf, Les zu begegnen, auch wenn ich keinen offensichtlichen Grund dazu hatte außer meinem Instinkt und meinem Wunsch, Susie vor einem Problem zu bewahren. Susie ist eine nette Person, die eine Neigung hat, sich mit unattraktiven Männern einzulassen. Ihr verstorbener Mann Rennie Duke war ein solches Exemplar gewesen, und Les Hooper war noch so eins. Nicht dass ihre Beziehung – soweit ich wusste – über das rein Geschäftliche hinausging, doch aus winzigen Eicheln wachsen mächtige Bäume, wie Schwester Mary Joseph uns immer zu sagen pflegte. Um uns zu erklären, wie unsere kindischen Flunkereien uns im Erwachsenenleben auf den schlüpfrigen Pfad der Taugenichtse und Kriminellen führen würden. Und weil ich ein Kind voller Fantasie war und mich jederzeit gerne durch eigene Beobachtungen vom gerade gegebenen Thema ablenken ließ, assoziierte ich die Eicheln aus Schwester Mary Josephs Sprichwort stets mit den Fußballen, die das Schuhwerk der gottesfürchtigen Schwester verunstalteten. Aber vielleicht war ich mit meinen damaligen sechs Jahren auch einfach nur verwirrt gewesen.
Mein Instinkt in Bezug auf Les Hooper war auf die gleiche Weise verknüpft mit einer fernen Erinnerung an Eddie Kelly. Eddie hatte am Ende unserer Straße gewohnt, als ich vielleicht zehn Jahre alt gewesen war. Er war ein großer Bursche, heruntergekommen und unsauber und ohne jeglichen bekannten Lebensunterhalt. Er und seine Frau (deren Namen niemand von uns kannte) blieben unter sich, wie die Leute damals sagten. Wenn man Eddie auf der Straße begegnete, dann schenkte er einem ein breites Lächeln, das nikotingelbe Zähne zeigte, grüßte freundlich und ging dann rasch weiter. Nur wenige Leute erwiderten sein Lächeln. Er war nicht besonders beliebt.
Mrs. Kelly, die Frau ohne Vornamen, war eine dünne, nervöse Person mit ungekämmten blonden Haaren, das zu einem mit einem elastischen Band gesicherten Pferdeschwanz zusammengebunden war. Sie sprach nie mit irgendjemandem. Wir sahen sie aus dem Haus huschen, wenn sie Besorgungen zu machen hatte, und anschließend genauso schnell wieder im Haus verschwinden. Manchmal blieb sie für eine ganze Woche verschwunden, doch wir wussten, dass sie da war, weil im überwucherten Garten wie durch Magie Wäsche auf der Leine erschien und wieder verschwand. Eddie gehörte nicht zu der Sorte, die ihre eigenen Hemden wusch. Mrs. Kelly musste die Wäsche nach Einbruch der Dunkelheit aufgehängt haben, denn wir sahen sie niemals dabei. Sie trug meistens eine große Sonnenbrille, selbst im Winter, und zu anderen Zeiten unangemessene Mengen von grellem Make-up. Es reichte nie ganz aus, um die dunkel verfärbten Stellen im Gesicht zu überdecken.
Susie hingegen ist eine attraktive Frau. Vielleicht hatte Mrs. Kelly ausgesehen wie Susie, als sie noch jünger und noch nicht mit Eddie zusammen gewesen war. Susie führt ein eigenes kleines Geschäft, und sie ist sicher eine gute Partie für jemanden wie Les, den ich recht schnell als geborenen Verlierer ausgemacht hatte, ganz abgesehen von der Tatsache, dass er mich an Kelly erinnerte. Deswegen hoffte ich, dass
Weitere Kostenlose Bücher