Und das ewige Licht leuchte ihr - Granger, A: Und das ewige Licht leuchte ihr - Rattling the bones
Ich meine damit nicht, dass ich mich zurechtmache wie eine Schaufensterpuppe im West End. Ich meine vielmehr, dass mir die Kleidung von Leuten auffällt.
Großmutter beschaffte sich immer irgendwelche Glamour-Magazine und schnitt die Modefotografien aus, um sich davon inspirieren zu lassen. Ich bezweifle, dass ihr je der Gedanke gekommen ist, dass sie damit das Urheberrecht irgendeines Designers verletzte. Ich denke, sie hat die Magazine ebenfalls irgendwo mitgehen lassen, bei Arztbesuchen aus dem Wartezimmer beispielsweise. Sie waren viel zu teuer zum Kaufen, und die Magazine, die Großmutter anschleppte, waren immer schon alt und abgegriffen und rochen schwach nach Antiseptikum. Auch hier glaube ich nicht, dass sie bei ihrem Tun ein Unrechtsempfinden hatte. Ihrer Ansicht nach hatten die ursprünglichen Besitzer die Zeitschriften der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt, indem sie sie in Warteräumen ausgelegt hatten, wo jeder sie nehmen konnte.
Wenn Großmutter mich jetzt sehen könnte, hätte sie meine Garderobe sehr kritisch betrachtet und auf der Stelle ihre alte handbetriebene Nähmaschine aus der Ecke geholt, um mir etwas Schickeres zurechtzuschneidern. Wie dem auch sei, selbst wenn ich mich nicht nach der neuesten Mode kleide, so bemühe ich mich doch um einen gewissen eigenen Stil, und das hätte Großmutter sicher gutgeheißen. Inspector Janice Morgan hingegen hätte meine Großmutter schlicht in die Verzweiflung getrieben.
Morgans Einstellung zu Garderobe schien zu sein, dass sie die allergrößten Anstrengungen unternahm, um die langweiligsten, gedämpftesten Stoffe und Farben und Moden auszuwählen, die gerade angeboten wurden. Wenn sie damit etwas hätte zum Ausdruck bringen wollen, hätte ich dies verstanden und es wahrscheinlich sogar begrüßt. Doch ich schätzte, ihre Garderobe entstand einzig und allein aus dem Wunsch, nach Möglichkeit nicht aufzufallen. Okay, ein Zivilbeamter muss diskret sein. Aber sie war nicht diskret, sie war anonym wie eine graue Maus, und meiner Meinung nach war das schlicht und ergreifend ungesund. Die Morgan war eine attraktive Frau mit einem respektablen Einkommen und keinerlei finanziellen Verpflichtungen gegenüber Dritten. Sie konnte alles Geld für sich selbst ausgeben – und doch trug sie heute einen weit geschnittenen anthrazitfarbenen Nadelstreifenanzug mit einer weißen Bluse darunter sowie flache schwarze Schuhe. Vielleicht sollte dieses Outfit professionell wirken, doch in meinen Augen war es einfach nur uninspiriert. Es wurde durch keinen Schmuck aufgehellt, nicht einmal einfache Ohrclips oder einen bunten Schal. Seit ihre Scheidung von Tom vorüber war, trug sie auch keinen Ehering mehr. Ihr mausgraues Haar war zu einem wenig schmeichelhaften langen Bubikopf geschnitten, der bis dicht über die Schultern reichte und dringend eine Tönung oder Kolorierung nötig hatte. Sie hatte sich nicht mit Make-up aufgehalten, obwohl sie mit ein wenig Lippenstift und Mascara wirklich ziemlich gut aussah. Vielleicht sollte ich sie bei einer von diesen Stilberatungsshows im Fernsehen anmelden. Ach, wer bin ich, dass ich Kritik übe? Vielleicht sollte jemand mich anmelden!
Bonnie stieß ein leises Bellen aus, als die Morgan meine Wohnung betrat, und trottete zu der Besucherin. Ein schwaches Schnüffeln an den dünnen Stützstrümpfen, und meine Hündin wandte sich ab und legte sich wieder an ihren Platz. Sie behielt den Neuankömmling im Auge, doch sie blieb unaufgeregt. Bonnie hat einen Riecher für die Polizei in jeder Verkleidung.
»Bonnie erinnert sich an Sie«, sagte ich. »Möchten Sie vielleicht ein Glas Wein?«
»Das wäre sehr freundlich«, sagte die Morgan und lächelte Ganesh strahlend an. »Schön, auch Sie einmal wiederzusehen, Mr. Patel.«
»Danke gleichfalls«, sagte Ganesh. »Ich dachte …«
Ich funkelte ihn an, und er verstummte. Ich wusste, dass er sagen wollte, er hätte gedacht, dass Polizisten im Dienst nicht trinken.
Morgan schien es erraten zu haben. »Das hier ist ein inoffizieller Besuch«, sagte sie. »Ich bin nicht im Dienst. Ich habe frei.« Sie hob das Glas. »Cheers!« Sie nippte an dem Wein und verzog das Gesicht. »Ich habe einen Bericht über einen Todesfall erhalten, der sich heute irgendwann in Mrs. Dukes Detektei ereignet hat«, fuhr sie im Plauderton fort.
Sie stellte das Weinglas auf meinem neu angeschafften Wohnzimmertisch ab. Es ist ein großer, schwerer Tisch mit einer Platte, die auf einem geschnitzten Elefanten ruht.
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