und das Geheimnis der Tuerme
ersten Stock blickte Charles aus Marilyn Cantrips Schlafzimmerfenster. Er sah die Mädchen über den Rasen jagen. Sobald er sich unbeobachtet gewähnt hatte, war er sofort hierhergekommen.
Er hatte sich rasch durch das Wohnzimmer der alten Dame gearbeitet. Eine nach der anderen hatte er die Schubladen des Rosenholzschreibtisches geöffnet. Nachdem er jede Schublade und jedes Regalbrett im Wohnzimmer unter die Lupe genommen hatte, nahm er sich das Schlafzimmer vor.
Er beugte sich gerade über die unterste Schublade ihres Kleiderschranks, als er eine sehr schneidende Stimme rufen hörte: »Was um alles in der Welt erlauben Sie sich?«
Charles Smythson sprang hoch und fuhr verblüfft herum. Direkt vor ihm stand eine hochgewachsene Frau mit einem erdbeerblonden Bob und funkelnden grünen Augen! In ihrer rechten Hand hielt sie einen kleinen Koffer.
Er schnappte nach Luft. Marilyn Cantrip! Sie hätte gar nicht hier sein dürfen, sie wurde erst am nächsten Tag zurückerwartet. Seine Gedanken überschlugen sich, während sie ihn mit zorngeröteten Wangen ansah.
Sie setzte an, um ihn ein zweites Mal anzufahren: »Was glauben Sie …«, doch Charles holte tief Luft und bannte sie mit einem eisigen Blick aus seinen dunklen Augen.
Bevor ein weiteres Wort ihren Mund verlassen konnte, stand Marilyn Cantrip schon da wie festgefroren, ihre Augen waren weit aufgerissen und blickten starr.
Charles keuchte, sein Herz klopfte rasend schnell. O mein Gott, dachte er und starrte die Mutter seines Gastgebers entsetzt an. Dann hob er rasch den rechten Arm und hielt Marilyn seine Hand vors Gesicht. Er vollführte eine greifende Handbewegung, während er seinen Arm gleichzeitig nach hinten bewegte, als zöge er etwas Unsichtbares aus ihrem Kopf. Mit einer Drehung aus dem Handgelenk schleuderte er es zu Boden.
Charles Smythson hatte seine magischen Kräfte dazu benutzt, sämtliche Erinnerungen aus Marilyn Cantrips Geist zu entfernen, die ihn betrafen.
Dann spazierte er aus dem Raum.
Als Marilyn kurz darauf wieder zu sich kam, war Charles längst an seine Arbeit zurückgekehrt. Er stand im zweiten Stock des Hauses, betrachtete eines der Gemälde und machte sich Notizen, die er in sein schwarzes Büchlein eintrug. Aber jedem, der genauer hingesehen hätte, wäre aufgefallen, dass er vollkommen durcheinander war.
Ich frage mich, ob Ottalie gehört hat, wie Marilyn mich angeschrien hat, dachte er. Ob wohl irgendjemand sie hat nach oben gehen sehen? O mein Gott, was habe ich nur getan?
Marilyn Cantrip stand in ihrem Zimmer und fragte sich verwundert, wie sie dorthin gekommen war.
Was wollte ich eigentlich hier oben?, rätselte sie. Sie hatte es vergessen. Dann bemerkte sie den Koffer in ihrer Hand.
Ich muss hier hochgekommen sein, um ihn auszupacken, überlegte sie. Sie stellte den Koffer auf einen Stuhl und sah sich um.
Nicht der kleinste Hauch einer Erinnerung an den Zusammenstoß mit Charles war in ihrem Geist verblieben. Sie erinnerte sich nicht daran, dass sie ihn dabei ertappt hatte, wie er ihren Kleiderschrank durchsuchte.
Sie erinnerte sich nicht daran, wie er in ihre Augen gestarrt und seine dunkle Magie dazu benutzt hatte, sie außer Gefecht zu setzen.
Von seinem Posten auf dem Treppenabsatz aus beobachtete Charles, wie Marilyn Cantrip wenig später die Stufen in die große Halle hinunterschritt.
Das war knapp, sagte er sich. Das war ganz schön knapp. Und er lehnte sich erschöpft an die Wand.
Als Nächstes hörte er das aufgeregte Schnattern der Cantrip-Schwestern, die sich über die frühe Rückkehr ihrer Großmutter freuten.
Er hörte Ottalie sagen: »Ich bin froh, dass du wieder da bist, Marilyn. Wegen des Dorffestes am Samstag weiß ich kaum, wo mir der Kopf steht.«
»Ja, ein Glück, dass Valerie früher als erwartet nach Haus gekommen ist«, erwiderte Grandma.
Ich hoffe, meine Magie hat funktioniert, dachte Charles besorgt. Ich kann es nicht sicher sagen, bis ich nach unten gegangen bin und Marilyn Cantrip begrüßt habe. Wenn sie mich nicht erkennt, hat es geklappt …
Eine halbe Stunde später rief Ottalie ihn zum Essen und er ging hinunter in die Küche.
»Charles, darf ich dir meine Schwiegermutter, Marilyn Cantrip, vorstellen?«, sagte Ottalie.
Er lächelte, streckte seine Hand aus und bewegte sich auf die große, elegante Frau zu, die sich aufrecht wie eine Tänzerin hielt. Sie lächelte zurück und ergriff seine ausgestreckte Rechte.
»Du bist also Charles«, sagte sie und schüttelte
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