Und das Leben geht doch weiter
der sie angefertigt hatte, eine Freude bereitet hatte, mußte sich erst noch herausstellen. Nicht wenige Männer werden gerade von diesem spezifischen Drang der Frauen, Ordnung zu schaffen, an den Rand von Nervenzusammenbrüchen gebracht.
Als Yvonne mit dem Putzen und Aufräumen fertig war, setzte sie sich an den Ofen und begann eine Handarbeit, nahm den Anruf eines Bauführers entgegen und notierte eine Durchsage der Oberbauleitung in Flensburg. Später machte sie sich Kaffee, aß aber nichts dazu, da sie streng auf ihre Linie achtete. Bei dem Angebot an Speisen, das vorhanden war, fiel ihr das Fasten nicht schwer.
Ab ein Uhr mittags sah sie alle fünf Minuten auf die Uhr.
Detlev war nach Jevenstedt gefahren.
Wenn er sich dort nicht lange aufgehalten hat, muß er bald kommen, sagte sie sich.
Woher wußte sie, daß er nach Jevenstedt gefahren war?
Sie hatte keine Angst vor der bevorstehenden Aussprache.
Draußen knirschten Schritte im Sand. Plötzlich hatte sich der Sturm gelegt. Als hätte er nur Atem geholt, setzte er kurz darauf mit der alten Wucht wieder ein. Yvonne Padenberg erhob sich von ihrem Stuhl, füllte eine Tasse mit Nescafe und stellte daneben einen Teller mit Gebäck, das sie ebenfalls mitgebracht hatte. Dann nahm sie wieder Platz.
Detlev betrat die Kate. Er war keineswegs überrascht von Yvonnes Anwesenheit, da er draußen schon ihren Wagen gesehen hatte. Mit Auseinandersetzungen mußte er dennoch rechnen, bestand für ihn ja auch Grund zu der Annahme, daß Carola ebenfalls gegenwärtig war. Am Tisch saß aber nur Yvonne, die ihm lächelnd entgegenblickte.
Hatte sie Carola gar nicht angetroffen?
War Carola, trotz Verbot, vorher aus der Hütte verschwunden? Hatte sie diese verlassen? War sie zur Witwe Fringold hinübergelaufen?
»Guten Tag, Detlev«, begann Yvonne.
»Tag, Yvonne. Was machst du hier? Du hättest dich ansagen müssen. Ich war in Jevenstedt.«
»Ich weiß.«
»Was weißt du?«
»Daß du in Jevenstedt warst, und zwar vergeblich, das weiß ich auch.«
»Woher weißt du das?«
»Weil ich dich hingeschickt habe.«
»Du warst das!« Detlev setzte sich vor Überraschung hin.
»Ja, ich habe den Text am Telefon von einer Freundin sprechen lassen, die du bis heute nicht kennst. Für meine Freundinnen interessierst du dich ohnehin nicht sonderlich.«
»Und warum der Blödsinn, wenn ich fragen darf?«
»Ich mußte mir hier für ein paar Stunden freie Hand schaffen.«
»Ich wäre nicht überrascht, wenn du mir nun noch sagen würdest, daß du auch hinter den anonymen Anrufen, mit denen ich belästigt wurde, gesteckt hast.«
»Erraten, die habe ich sogar selbst inszeniert.«
»Und warum, wenn ich auch das fragen darf?«
»Um die beste Zeit, hierherzukommen, herauszufinden. Du solltest nicht hier sein; ich wollte aber auch vermeiden, von gähnender Leere empfangen zu werden. Verstehst du, was ich meine?«
Als er schwieg, sagte sie ironisch: »Man hat doch gern eine Ansprache.«
»Soweit ich mich erinnere, wurde ich bei deinen Anrufen zweimal recht ausfallend. Muß ich mich dafür entschuldigen?«
»Weil du gesagt hast, was ich dich kann, sogar kreuzweise? Nein, mein Lieber. Ich hoffe nur, daß du die Einladung jetzt nicht noch einmal wiederholst, nachdem du weißt, an wen sie gegangen ist.«
Detlev stopfte sich eine Pfeife. Das erinnerte Yvonne an ihr Zigarettenpäckchen. Als sich die Rauchwolken der beiden über dem Tisch vereinigten, fragte Yvonne: »Hat der Nachtisch geschmeckt?«
»Welcher Nachtisch?«
»Gestern abend die Ananas. Ich hörte durchs Telefon, daß du gefragt wurdest, ob du Lust darauf hättest.«
Detlev entschloß sich, dem Katz-und-Maus-Spiel ein Ende zu bereiten. Er nahm die Pfeife aus dem Mund.
»Yvonne, sag's schon, du willst dich scheiden lassen.«
»Ich?«
»Etwa nicht?« fragte er mit ungläubiger und dennoch etwas hoffnungsvoller Miene.
»Nein.«
»Wann bist du hier angekommen?«
»Gegen zehn Uhr vormittags.«
»Na also, dann wurdest du ja wohl nicht von, wie du sagst, gähnender Leere empfangen?«
»Nein.«
»Und du willst dich trotzdem nicht scheiden lassen?«
»Nein. Du?«
»Ich doch nicht! Grund hättest du allerdings!«
»Dein Grund wäre«, antwortete sie mit größter Selbstüberwindung, »dieses junge, unglaublich hübsche Mädchen. Dieser Grund würde vielen Männern ausreichen. Erwarte aber nicht von mir, daß ich sage, ich würde dich sogar verstehen.«
Er blickte sie schuldbewußt an.
»Yvonne, mach mich nicht fertig,
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