und das Pergament des Todes
könnte an einer anderen Stelle in diesem Buch noch wichtig werden.
Trotz der undurchdringlichen Dunkelheit zwang ich mich aufzustehen. Dann sah ich mich um, was natürlich überhaupt nichts bewirkte. Ich rief noch einmal. Keine Antwort.
Die Dunkelheit ließ mich frösteln. Hier unten war es nicht einfach nur dunkel, es war DUNKEL. So dunkel, als wäre ich von einem Wal verschluckt worden und als wäre dieser Wal dann von einem noch größeren Wal gefressen worden. Und als hätte sich dieser größere Wal dann in einer unglaublich tief gelegenen Unterwasserhöhle verlaufen, die wiederum in ein schwarzes Loch geworfen worden war.
Es war so dunkel, dass ich Angst bekam, ich könnte plötzlich erblindet sein. Deshalb war ich überglücklich, als ich schließlich einen schwachen Lichtschimmer erkennen konnte. Erleichtert wandte ich mich in diese Richtung.
»D em Ursand sei Dank!«, rief ich. »D as ist…«
Ich verschluckte mich. Das Licht stammte von zwei Flammen, die in den Augenhöhlen eines blutroten Schädels glommen.
Mit einem Schrei taumelte ich zurück und stieß mit dem Rücken gegen eine raue, staubige Wand. Ich tastete mich daran entlang, stolperte durch die Dunkelheit, rannte dadurch aber nur frontal gegen eine Ecke. Da ich nun in der Falle saß, wirbelte ich herum und sah zu, wie der Schädel auf mich zukam. Das Feuer aus seinen Augen erleuchtete wenig später das robenartige Gewand des Wesens und seine Arme, die nur aus Knochen bestanden. Der ganze Körper– der Schädel, das Gewand, sogar die Flammen– wirkte leicht durchscheinend.
Ich stand zum ersten Mal einem Kurator von Alexandria gegenüber. Unsicher tastete ich nach meiner Tasche, da mir erst jetzt wieder einfiel, dass ich ja Linsen dabeihatte. Unglücklicherweise konnte ich in der Dunkelheit nicht erkennen, welche Tasche welche war, und ich war zu nervös, um sie korrekt abzuzählen.
Also zog ich eine beliebige Brille hervor, beseelt von der Hoffnung, dass es die Sturmbringerlinsen sein mochten. Ich setzte sie auf. Der Kurator begann weiß zu glühen. Großartig, dachte ich. Jetzt weiß ich, wie alt er ist. Vielleicht kann ich ihm ja bei Gelegenheit einen Geburtstagskuchen backen.
Der Kurator sagte etwas, allerdings in einer fremden, rau klingenden Sprache, die ich nicht verstand.
»Ä h… das habe ich jetzt nicht so ganz…«, stammelte ich, während ich weiter in meinen Taschen herumwühlte. »K önnten Sie das vielleicht noch einmal wiederholen…?«
Er sagte wieder etwas und kam näher. Ich hatte ein anderes Linsenpaar gefunden und setzte es auf. Dann konzentrierte ich mich ganz auf das Wesen, um es bestenfalls mit einem Windstoß von mir wegzutreiben. Diesmal war ich mir ziemlich sicher, die richtige Tasche erwischt zu haben.
Natürlich täuschte ich mich.
»… Besucher der großen Bibliothek von Alexandria«, zischte das Ding, »m usst du das Entgelt für den Eintritt entrichten.«
Die Linsen von Rashid– Übersetzerlinsen. Jetzt wusste ich nicht nur, wie alt das Ding war, sondern konnte auch verstehen, was es mit seiner dämonischen Stimme von sich gab, während es mir die Seele aussaugte. Ich machte mir eine gedankliche Notiz, mit meinem Großvater ein ernstes Wörtchen darüber zu reden, was für Linsen er mir immer aufs Auge drückte.
»D as Entgelt«, forderte das Wesen und machte einen Schritt in meine Richtung.
»Ä hm… so wie es aussieht, habe ich meine Geldbörse draußen vergessen…«, murmelte ich und kramte nach anderen Linsen.
»B argeld ist für uns nicht von Interesse«, flüsterte eine weitere Stimme. Ich schielte zur Seite, wo ein zweiter Kurator– mit brennenden Augen in einem roten Schädel– auf mich zuschwebte. Durch das zusätzliche Licht konnte ich erkennen, dass keiner der beiden Beine hatte. Ihre Roben endeten einfach in gar nichts.
»W as wollt ihr dann?«, fragte ich und schluckte schwer.
»W ir wollen deine… Papiere.«
Ich blinzelte verwirrt. »W ie bitte?«
»A lles Niedergeschriebene, das du bei dir trägst«, erklärte eine dritte Gestalt, während sie näher kam. »J eder, der die Bibliothek von Alexandria betritt, muss seine Bücher, seine Notizen und alles Schriftliche abgeben, damit wir es kopieren und unserer Sammlung hinzufügen können.«
»O kay…«, sagte ich zögernd. »D as klingt verständlich.«
Mein Herz raste noch immer, als weigerte es sich zu glauben, dass eine Bande von untoten Monstern mit Flammenaugen mich nicht töten würde. Ich zog alles hervor, was ich
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