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Und dennoch ist es Liebe

Und dennoch ist es Liebe

Titel: Und dennoch ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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gebetet, dass er bald wieder aufwachen würde. »Oh, Süßer«, sagte ich und griff nach seinen Knubbelfingern.
    Ich wechselte ihm die Windel und holte seine kleine Badewanne. Dann setzte ich ihn komplett angezogen hinein und füllte die Wanne mit Babybadeöl und warmem Wasser. Ich wusch ihm die letzten Flecken des Nasenblutens von Gesicht und Armen, hob ihn heraus, zog ihn aus und trocknete ihn ab. Anschließend wusch ich den alten Strampler aus und hing ihn an der Dusche zum Trocknen auf.
    Ich gab Max die Brust anstatt der Flasche, die er ohnehin nie leer trank, denn er hatte es sich definitiv verdient, ein wenig verwöhnt zu werden. Dann wiegte ich ihn auf den Armen, und er lächelte und rieb seine Wange an meiner. »Du kannst dich an nichts erinnern, nicht wahr?«, sagte ich, schloss die Augen und legte den Kopf zurück. »Gott sei Dank.«
    Max war den Rest des Nachmittags so brav, dass ich wusste, dass Gott mich so bestrafen wollte. Ich suhlte mich in meinen Schuldgefühlen, kitzelte Max am Bauch und drückte ihm feuchte Küsse auf die fetten Schenkel. Als Nicholas nach Hause kam, zog sich mir der Magen zusammen, doch ich stand nicht vom Boden auf, wo ich mit dem Baby hockte. »Paige, Paige, Paige!«, sang Nicholas und trat in den Flur. Mit halb geschlossenen Augen stolzierte er ins Wohnzimmer. Er hatte einen sechsunddreißig-stündigen Bereitschaftsdienst hinter sich. »Erwähne bloß nicht die Worte ›Mass General‹, und ganz schlimm ist auch ›Herz‹. Die nächsten fantastischen vierundzwanzig Stunden werde ich einfach nur schlafen, fettige Sachen essen und mich in meinem Haus herumlümmeln.« Er ging wieder raus und in Richtung Treppe. »Warst du in der Wäscherei?«, rief er.
    »Nein«, flüsterte ich. Diesmal hatte ich wirklich eine Entschuldigung dafür, das Haus nicht verlassen zu haben, aber die würde Nicholas nicht hören wollen.
    Nicholas kam wieder ins Wohnzimmer zurück. Er hatte sich das Hemd ausgezogen und hielt es in der Hand. Seine gute Laune war wie weggeblasen. Er hatte mich schon vor zwei Tagen gebeten, die Wäsche wegzubringen, aber ich hatte Max nicht mitnehmen wollen, und Nicholas war nicht daheim gewesen, und ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie ich einen Babysitter finden sollte. »Dann ist es ja gut, dass ich morgen frei habe. Das hier ist nämlich mein letztes verdammtes Hemd, das noch einigermaßen sauber ist. Jetzt komm schon, Paige«, sagte er, und sein Blick verdunkelte sich. »Du kannst doch unmöglich jede Minute beschäftigt sein.«
    »Ich dachte«, sagte ich und hob den Blick, »dass du vielleicht auf das Baby aufpassen könntest, während ich in die Wäscherei gehe und dann etwas einkaufe.« Ich schluckte. »Eigentlich habe ich nur darauf gewartet, dass du wieder nach Hause kommst.«
    Nicholas funkelte mich an. »Das ist meine erste Pause seit sechsunddreißig Stunden, und da willst du, dass ich auf Max aufpasse?« Ich erwiderte nichts darauf. »Himmel, Paige, das ist mein erster freier Tag seit zwei Wochen. Und du bist ständig hier.«
    »Ich kann ja warten, bis du ein wenig geschlafen hast«, schlug ich vor, doch Nicholas verschwand schon wieder im Flur.
    Ich hielt Max’ kleine Fäuste in den Händen und bereitete mich innerlich auf das vor, von dem ich wusste, dass es kommen würde.
    Und tatsächlich dauerte es nicht lange, bis Nicholas mit Max’ blutigem Strampler in der Hand wieder die Treppe hinunterstürmte. »Was zum Teufel ist das denn?«, verlangte er mit vor Wut kochender Stimme zu wissen.
    »Max hatte einen Unfall«, antwortete ich so ruhig wie möglich. »Seine Nase hat geblutet. Ich habe das nicht gewollt. Sein Lätzchen ist runtergefallen, und …« Ich schaute Nicholas an, sah den Sturm in seinen Augen und brach wieder in Tränen aus. »Ich habe mich nur eine Sekunde umgedreht – nein, noch nicht einmal eine Sekunde –, um es aufzuheben, und Max hat sich in die falsche Richtung gedreht und ist mit der Nase auf den Beistelltisch gefallen …«
    »Und wann«, fragte Nicholas, »gedachtest du, mir das zu sagen?«
    Mit drei langen Schritten durchquerte er den Raum und hob Max grob hoch. »Pass auf«, ermahnte ich ihn, und Max machte ein seltsames Geräusch im Hals.
    Nicholas’ Blick wanderte zu den nierenförmigen blauen Flecken unter Max’ Augen und den letzten Resten von Blut, die noch an seiner Nase zu erkennen waren. Kurz schaute er mich an, als wolle er meine Seele durchbohren, und ich wusste, dass ich in die Hölle fahren würde. Nicholas

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