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Und dennoch ist es Liebe

Und dennoch ist es Liebe

Titel: Und dennoch ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Fehler, die ich je begangen hatte. Doch inzwischen fragte ich mich, ob sie wirklich der Feind war. Immerhin schien ich in ihre Fußstapfen zu treten. Auch sie war weggelaufen, und vielleicht würde ich verstehen, warum ich das getan hatte, wenn ich erfuhr, was ihre Gründe gewesen waren. Nach allem, was ich bisher wusste, war es möglich, dass sie war wie ich.
    Ich stieg die Stufen zum Heim meiner Kindheit hinauf. Zum ersten Mal seit acht Jahren klopfte ich an diese Tür.
    Mein Vater machte auf. Er war kleiner, als ich ihn in Erinnerung hatte, und sein von Grau durchsetztes Haar fiel ihm über die Augen. »May«, flüsterte er und war wie erstarrt. »Á mhuírnán.«
    Geliebte. Er hatte Gälisch gesprochen, was er eigentlich so gut wie nie tat, doch an dieses Wort, seinen Kosenamen für meine Mutter, erinnerte ich mich gut. Er hatte mich mit dem Namen meiner Mutter angesprochen.
    Ich rührte mich nicht. War das ein Omen? Mein Vater blinzelte mehrmals, trat dann einen Schritt zurück und schaute mich noch einmal an. »Paige«, sagte er und schüttelte den Kopf, als könne er es nicht glauben. Dann streckte mein Vater die Hände aus und bot mir so alles an, was er geben konnte. »Mädchen«, sagte er, »du bist das Ebenbild deiner Mutter.«

K APITEL 20
    N ICHOLAS
    Für wen zum Teufel hielt sie sich eigentlich? Sie verschwand einfach stundenlang und rief ihn dann aus dem gottverdammten Lancaster in Pennsylvania an. Während er eine Notaufnahme nach der nächsten abgeklappert hatte, war sie einfach davongerannt. Auf einen Schlag hatte Paige sein ganzes Leben auf den Kopf gestellt. So etwas mochte Nicholas gar nicht. Nicholas mochte feine Nähte und wenig Blut, UND er mochte es, wenn alles nach Plan verlief. Er mochte eine gute Organisation und Präzision. Und er mochte keine Überraschungen, und er hasste es, schockiert zu werden.
    Nicholas war sich nicht sicher, auf wen er wütender war: auf Paige, weil sie weggelaufen war, oder auf sich selbst, weil er es nicht hatte kommen sehen. Was für eine Art Frau war sie überhaupt, dass sie ihr drei Monate altes Baby im Stich ließ? Ein Schauder lief Nicholas über den Rücken. Mit Sicherheit war das nicht die Frau, in die er sich vor acht Jahren verliebt hatte. Irgendetwas war geschehen, und Paige war nicht mehr die, die sie mal gewesen war.
    Das war unentschuldbar.
    Nicholas schaute zu Max hinüber, der noch immer an der Telefonschnur kaute, die in seinen Laufstall hing. Nicholas wählte die Notfallnummer der Bank. Es dauerte nur wenige Minuten, bis er seine Konten eingefroren und Paiges Karten hatte sperren lassen. Er lächelte, denn das erfüllte ihn mit einem Gefühl der Befriedigung. Sie würde nicht weit kommen.
    Dann rief er in Fogertys Büro im Krankenhaus an, um dort eine Nachricht für Alistair zu hinterlassen. Er wollte ihn bitten, ihn später am Abend zurückzurufen. Doch zu Nicholas’ Überraschung meldete Fogerty sich mit seiner brüsken, eisigen Stimme persönlich. »Ja, hallo«, sagte er, als er Nicholas hörte. »Solltest du nicht schlafen?« Inzwischen duzten sie sich.
    »Es ist etwas passiert«, sagte Nicholas und schluckte die Bitterkeit herunter, die ihm auf der Zunge lag. »Paige ist nicht mehr da.«
    Alistair antwortete nicht, und da erkannte Nicholas, dass sein Mentor vermutlich glaubte, Paige sei tot. »Ich meine, sie ist weggegangen. Sie hat einfach ihr Zeug genommen und ist verschwunden. Vorübergehende Unzurechnungsfähigkeit, scheint mir.«
    Kurz herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung. »Warum erzählst du mir das, Nicholas?«
    Darüber musste Nicholas erst einmal nachdenken. Ja, warum hatte er ausgerechnet Fogerty angerufen? Er drehte sich zu Max um, der sich auf den Rücken gedreht hatte und in seine eigenen Füße biss. »Es geht um Max«, sagte Nicholas. »Wenn morgen eine Operation auf meinem Plan steht, muss irgendwer auf ihn aufpassen.«
    »Vielleicht habe ich dir in den letzten sieben Jahren ja nicht ausreichend klargemacht, welche Position ich im Krankenhaus bekleide«, erwiderte Fogerty. »Ich bin der Chef der Herzchirurgie, keine Kindergärtnerin.«
    »Alistair …«
    »Nicholas«, unterbrach Fogerty ihn, »das ist dein Problem. Gute Nacht.« Und er legte auf.
    Nicholas starrte ungläubig auf den Hörer. Er hatte weniger als zwölf Stunden, um einen Babysitter zu finden. »Scheiße«, knurrte er und kramte in den Küchenschubladen herum. Er suchte nach einem Adressbuch von Paige, doch das schien es nicht zu geben. Schließlich

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