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Und dennoch ist es Liebe

Und dennoch ist es Liebe

Titel: Und dennoch ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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»Das ist ein rotes«, sagte Paige, »und es steigt immer höher und höher, und jetzt … Da … Es strahlt am Himmel und regnet wie Glut zur Erde hinab.«
    »Um Himmels willen«, knurrte Nicholas. »Du kannst doch gar nichts sehen. Mach dich nicht lächerlich, Paige.«
    Das war beleidigend, doch Paige lächelte nur. »Wer macht sich hier lächerlich?«, erwiderte sie und legte ihm die Hände auf die Schultern. »Und wer sagt, dass ich nichts sehen kann?«
    Zweimal war ein Knallen zu hören. Paige drehte sich herum und schmiegte sich mit dem Rücken an Nicholas, sodass beide auf dieselbe kahle Tunnelwand starrten. »Zwei explodierende Kreise«, sagte Paige. »Einer im anderen. Erst breiten sich blaue, dann weiße Streifen auf ihnen aus, und jetzt, wo sie wieder verblassen, erscheinen silberne Spiralen an den Rändern wie tanzende Glühwürmchen. Und da ist ein Brunnen aus Gold, der spuckt wie ein Vulkan, und da drüben ist ein Schirm, aus dem winzige blaue Punkte regnen wie Konfetti.«
    Nicholas spürte Paiges seidiges Haar unter seiner Wange und das Beben ihrer Schultern, wenn sie sprach. Dass die Fantasie eines einzelnen Menschen so bunt sein konnte, erstaunte ihn. »Oh, Nicholas«, sagte Paige, »das ist das Finale. Wow! Gewaltige Explosionen aus Blau und Gelb breiten sich auf dem ganzen Himmel aus, und da …! Da ist ein riesiger, silberner Propeller, dessen Blätter immer größer und größer werden, und sie zischen und knistern und füllen den Himmel mit einer Million neuer, pinkfarbener Sterne.« Nicholas hatte das Gefühl, Paiges Stimme ewig lauschen zu können. Er zog sie dicht an sich, schloss die Augen und sah ihr Feuerwerk.
*
    »Ich werde dich nicht in Verlegenheit bringen«, sagte Paige. »Ich weiß, welches die Salatgabel ist.«
    Nicholas lachte. Sie fuhren zum Haus seiner Eltern, wo sie zum Dinner eingeladen waren, und eigentlich hatte er sich bis jetzt überhaupt keine Gedanken über Paiges Tischmanieren gemacht. »Weißt du«, sagte er, »dass du vermutlich der einzige Mensch auf der Welt bist, dem es gelingt, mich die Medizin mal einen Augenblick vergessen zu lassen?«
    »Ja, ich habe viele Talente«, erwiderte Paige und schaute ihn an. »Ich weiß auch, was ein Buttermesser ist.«
    Nicholas grinste. »Und wer hat dir all diese großartigen Dinge beigebracht?«
    »Mein Dad«, antwortete Paige. »Er hat mir alles beigebracht.«
    Sie hielten an einer roten Ampel, und Paige beugte sich aus dem Fenster, um sich selbst im Außenspiegel besser sehen zu können. Sie streckte die Zunge heraus. Bewundernd betrachtete Nicholas ihren weißen Hals und die Zehenspitzen ihrer nackten Füße, die sie unter sich geschoben hatte. »Und was hat dein Vater dich sonst noch gelehrt?«
    Nicholas lächelte, als Paiges Gesicht aufleuchtete. Sie zählte an ihren Fingern ab. »Nie das Haus ohne Frühstück zu verlassen«, begann sie, »bei einem Sturm immer mit dem Rücken zum Wind zu laufen …« Und sie erzählte Nicholas von den Erfindungen ihres Vaters – von denen, die funktioniert hatten, wie dem automatischen Karottenschäler, und denen, die nicht ganz so gut gewesen waren, wie der Hundezahnbürste. Dann legte sie mitten in ihrem Vortrag den Kopf auf die Seite und schaute Nicholas an. »Er würde dich mögen«, sagte sie. »Ja.« Sie nickte. »Er würde dich wirklich sehr mögen.«
    »Und warum?«
    »Wegen dem, was ihr gemeinsam habt«, antwortete Paige. »Mich.«
    Nicholas strich mit der Hand über das Lenkrad. »Und deine Mutter?«, fragte er. »Was hast du von ihr gelernt?«
    Erst nachdem er das gefragt hatte, erinnerte er sich daran, was Paige ihm im Mercy über ihre Mutter erzählt hatte, und nun hingen diese dummen Worte zwischen ihnen. Einen Augenblick lang antwortete Paige nicht darauf, und sie rührte sich auch nicht. Nicholas nahm schon an, sie habe ihn nicht gehört, doch dann beugte sie sich vor, schaltete das Radio ein und drehte es so laut auf, dass kein Gespräch mehr möglich war.
    Zehn Minuten später parkte Nicholas im Schatten einer Eiche. Er stieg aus und ging um das Auto herum, um Paige die Tür zu öffnen, aber sie war bereits ausgestiegen und reckte sich.
    »Welches davon ist eures?«, fragte Paige und schaute über die Straße hinweg zu den hübschen, viktorianischen Häusern mit den weißen Lattenzäunen. Nicholas nahm sie am Ellbogen und drehte sie zu dem Haus hinter ihnen herum, einem riesigen Gebäude im Kolonialstil, auf dessen Nordseite Efeu wuchs. »Du machst wohl Witze«, sagte Paige

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