Und dennoch ist es Liebe
den oberen Atemwegen festgestellt hatte, da hatte er ihm Medikamente aufgeschrieben und Ruhe verordnet.
Nicholas fühlte sich furchtbar. Er hasste es, Max würgen und spucken zu sehen, mit anzusehen, dass er nicht aus der Flasche trinken konnte, weil er keine Luft bekam. Nicholas musste Max in den Schlaf wiegen, eine lausige Angewohnheit, denn Max konnte nicht am Schnuller nuckeln, und wenn er sich in den Schlaf weinte, war sein Gesicht anschließend über und über von Schleim bedeckt. Jeden Tag rief Nicholas beim Arzt an, einem Kollegen im Mass General, der seinen Abschluss in Harvard mit ihm gemacht hatte. »Nick«, sagte der Mann immer und immer wieder, »es ist noch nie ein Baby an einer Erkältung gestorben.«
Nicholas trug Max, der zum Glück gerade einmal ruhig war, ins Badezimmer, um ihn zu wiegen. Er legte Max kurz ab und stieg dann auf die Waage, um sein Eigengewicht zu messen. Dann nahm er sein Kind wieder auf den Arm, um die Differenz zu bestimmen. »Du hast ein halbes Pfund abgenommen«, sagte Nicholas und hielt Max vor den Spiegel, sodass er sich selbst sehen konnte. Max lächelte, und der Schleim lief ihm aus der Nase und in den Mund.
»Das ist ja widerlich«, murmelte Nicholas vor sich hin, klemmte sich das Baby unter den Arm und ging ins Wohnzimmer. Der Tag hatte schier kein Ende nehmen wollen. Ständig trug Nicholas seinen Sohn mit sich herum, wiegte ihn, wenn er vor Wut weinte, putzte ihm die Nase und wusch die Spielsachen ab, damit Max sich nicht neu anstecken konnte.
Nicholas setzte Max vor den Fernseher und ließ ihn die Abendnachrichten sehen. »Erzähl mir später, wie das Wetter am Wochenende wird«, sagte er und ging nach oben. Er musste im Kinderzimmer schon mal alles vorbereiten, damit Max nicht aufwachen würde, wenn er später eingeschlafen war und sein Vater ihn in sein Bettchen trug. Und einschlafen würde er sicher bald. Es war fast Mitternacht, und Max hatte seit heute Morgen kein Auge mehr zugemacht.
Als er im Kinderzimmer fertig war, ging Nicholas wieder nach unten. Er beugte sich von hinten über Max. »Lass mich raten«, sagte er. »Regen?«
Max streckte die Hände nach oben. »Dada«, sagte er und hustete dann.
Nicholas seufzte und nahm Max auf den Arm. »Lass uns eine Abmachung treffen«, sagte er. »Wenn du in zwanzig Minuten eingeschlafen bist, werde ich Oma sagen, dass du in den nächsten fünf Tage keine Aprikosen essen musst.« Er nahm die Kappe von dem Fläschchen, aus dem schon etwas auf die Couch getropft war, und rieb es an Max’ Lippen, bis sich der Mund des Babys ganz von selbst öffnete. Max konnte nur drei kräftige Schlucke trinken, bevor er sich wieder losreißen und atmen musste. »Du weißt ja, was passieren wird«, sagte Nicholas. »Du wirst wieder gesund werden, und dann werde ich krank. Und dann werde ich dich wieder anstecken, und wir müssen uns bis Weihnachten mit diesem Mist rumschlagen.«
Nicholas schaute zu, wie der Kommentator über den Verbraucherpreisindex sprach und die neuesten Arbeitslosenzahlen verkündete. Als die Nachrichten schließlich vorbei waren, war Max eingeschlafen. Er lag in Nicholas’ Armen wie ein kleiner Engel, die Ärmchen schlaff auf dem Bauch. Nicholas hielt die Luft an und stand vorsichtig auf. Dann stieg er auf Zehenspitzen die Treppe hinauf. Er hatte das Kinderzimmer fast erreicht, als es plötzlich an der Tür klingelte.
Max riss die Augen auf und begann zu schreien. »Scheiße«, knurrte Nicholas, warf sich das Baby über die Schulter und hüpfte ein wenig mit ihm, bis das Schreien abebbte. Es klingelte erneut. Nicholas ging in den Flur hinunter. »Wehe, wenn das kein Notfall ist«, murmelte er vor sich hin. »Ein schwerer Autounfall in meinem Vorgarten oder ein Feuer nebenan.«
Er schloss auf, öffnete die schwere Eichentür und stand seiner Frau Auge in Auge gegenüber.
Zuerst konnte es Nicholas gar nicht glauben. Sie sah gar nicht aus wie Paige … oder zumindest nicht wie Paige, als sie verschwunden war. Sie war braungebrannt und lächelte, und ihr Körper war durchtrainiert. »Hi«, sagte sie, und fast hätte allein der Klang ihrer Stimme Nicholas umgeworfen.
Max hörte auf zu schreien, als wisse er, dass sie da war, und streckte die Hand aus. Nicholas trat einen Schritt vor und hob ebenfalls die Hand, als wolle er sichergehen, dass er keiner Halluzination aufsaß, dass sie echt war und nicht plötzlich in einer Rauchwolke verschwand, wenn er sie berührte. Seine Fingerspitzen waren nur wenige Zoll
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