Und dennoch ist es Liebe
Feld galoppiert, und das einzige Pferd, das ich bis jetzt geritten hatte, war zwanzig Jahre älter als dieses hier und kannte sich besser aus als ich.
Meine Mutter griff nach oben und machte die Steigbügel kürzer. »Mach dir keine Sorgen«, sagte sie. »Ich hätte dich nicht gebeten, ihn zu reiten, wenn ich nicht fest davon überzeugt wäre, dass du das kannst.« Dann pfiff sie und schlug Donegal auf den Hintern, und ich setzte mich auf, als er losgaloppierte.
Ich konnte Donegals Beine im hohen Gras nicht sehen, aber ich konnte seine Kraft zwischen meinen Schenkeln spüren. Je mehr Zügel ich ihm gab, desto sanfter wurde der Rhythmus seines Galopps. Ich erwartete abzuheben, mit Donegal auf den Wolken zu reiten und mich über die blauen Berggipfel tragen zu lassen.
Ich beugte mich über den Hals und hörte die Worte meiner Mutter vom ersten Tag in meinem Kopf: »Beug dich nie über den Hals, es sei denn, du willst galoppieren.« Ich war noch nie richtig galoppiert, jedenfalls nicht im gestreckten Galopp. Doch Donegal beschleunigte so sanft, dass ich kaum aus dem Sattel gehoben wurde.
Ich saß vollkommen ruhig, schloss die Augen und ließ das Pferd die Führung übernehmen. Mein Puls schlug im Takt mit den donnernden Hufen. Dann öffnete ich die Augen wieder, gerade rechtzeitig, um den Bach zu sehen.
Ich hatte nicht gewusst, dass da ein Bach war, der mitten durch die Weide floss, doch ich war hier ja auch noch nie geritten. Als Donegal sich dem Bach näherte, spannte er die Muskeln in seinen Hinterbeinen an. Ich schob die Hände seinen Hals hinauf und verlagerte mein Gewicht nach vorne, um ihn beim Sprung nicht zu stören. Wir flogen förmlich über das Wasser, und obwohl der Sprung nicht mehr als den Bruchteil einer Sekunde gedauert hatte, hätte ich schwören können, jeden einzelnen Kieselstein im Wasser gesehen zu haben.
Dann zog ich die Zügel an, und Donegal warf den Kopf hoch. Er atmete schwer. Schließlich hielt er knapp einen Meter vom Bach entfernt am Zaun an und drehte sich zu der Stelle um, wo wir meine Mutter zurückgelassen hatten, als habe er die Show nur für sie abgezogen.
Zuerst konnte ich meine Mutter über das Rauschen des Wassers hinweg nicht hören, doch dann wurde das Geräusch langsam immer lauter, bis auch Donegal die Ohren spitzte. Ich klopfte ihm den Hals und lobte ihn, und ich lauschte dem stolzen Applaus meiner Mutter.
*
Meine Mutter kam spät in der Nacht in mein Schlafzimmer, als die Sterne wie eine Perlenkette über meinem Fenstersims funkelten. Sie legte die Hand auf meine Stirn, und ich setzte mich auf. Kurz war ich wieder fünf Jahre alt und das hier die Nacht, bevor sie gegangen war. Warte , versuchte ich, ihr zu sagen, doch ich brachte kein Wort heraus. Mach das nicht noch einmal. Aber stattdessen hörte ich mich sagen: »Erzähl mir, warum du gegangen bist.«
Meine Mutter legte sich neben mich auf das schmale Bett. »Ich wusste, dass dieser Moment kommen würde«, sagte sie. Neben uns schimmerte das Licht der Porzellanpuppe im Sternenlicht. »Sechs Jahre lang habe ich an deinen Vater geglaubt. Ich habe ihm seine Träume abgekauft, ich bin für ihn in die Kirche gegangen, und ich habe bei dieser miesen Zeitung für ihn gearbeitet, um die Hypothek abzubezahlen. Ich war die Frau, die er brauchte, und die Mutter, die ich sein sollte. Ich war so sehr damit beschäftigt, alles zu sein, was er wollte, dass für Maisie Renault so gut wie nichts mehr übrigblieb. Wenn ich nicht zugesehen hätte, dass ich wegkam, hätte ich mich endgültig verloren.« Sie legte die Arme um meine Schultern und drückte mich an ihre Brust. »Ich hasste mich dafür, dass ich so empfand. Ich verstand einfach nicht, warum ich nicht wie Donna Reed war.«
»Ich habe das auch nicht verstanden«, sagte ich leise, und ich fragte mich, was sie glaubte, dass ich von ihr oder von mir sprach.
Meine Mutter setzte sich auf und schlug die Beine übereinander. »Du bist hier glücklich«, sagte sie, »und du bist fit. Ich habe das an der Art gesehen, wie du Donegal geritten hast. Wenn du hier leben würdest, könntest du ein paar von den Anfängerkindern unterrichten. Und wenn du willst, könntest du sogar auf erste Shows gehen.« Ihre Stimme verhallte, als sie aus dem Fenster starrte. Dann schaute sie mich wieder an. »Paige«, sagte sie, »warum bleibst du nicht einfach hier bei mir?«
Warum bleibst du nicht einfach hier bei mir? Während meine Mutter sprach, platzte irgendetwas in mir, und Wärme strömte
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