Und dennoch ist es Liebe
gefüllt ist. Gott, es ist so ein großer Unterschied zwischen dem Leben, das zu führen von einem erwartet wird, und dem, das man führen will . Das ist mir nur ein wenig zu spät klar geworden, das ist alles.
Okay, meine Heimkehr ist also nicht ganz so gelaufen, wie ich es geplant hatte. Ich dachte eigentlich, Nicholas hätte mich mit einer kleinen Parade willkommen geheißen, mich geküsst, bis mir die Knie weich geworden wären, und mir gesagt, dass er mich nie, nie, nie wieder gehen lassen würde. Ich war so erpicht darauf, wieder zu der Routine zurückzukehren, die mir passte wie ein alter Schuh, dass ich nicht einen Gedanken darauf verschwendet habe, dass sich die Umstände verändert haben könnten. Zwar hatte ich diese Lektion ein paar Monate zuvor schon bei Jake gelernt, doch ich habe nie gedacht, dass sie auch auf Nicholas anwendbar war. Wenn ich mich verändert hatte, warum sollte dann für Nicholas die Zeit stehengeblieben sein? Ich verstehe ja, dass er verletzt ist, aber wenn ich mir selbst vergeben kann, dann kann Nicholas mir doch sicher auch verzeihen … und wenn nicht, dann muss ich ihn dazu bringen, es wenigstens zu versuchen.
Gestern habe ich ihn versehentlich entkommen lassen. Ich habe einfach nicht daran gedacht, ihm zu folgen. Ich nahm an, er habe jemanden gefunden, der daheim auf Max aufpasst, während er bei der Arbeit ist. Doch um 6.30 Uhr morgens war er mit Baby und Wickeltasche aus der Tür getreten und hatte beides mit einer Sorglosigkeit in den Wagen gestopft, die auf Übung schließen ließ. Ich war beeindruckt. Ich konnte beides kaum gleichzeitig tragen. Ja, ich hatte noch nicht einmal den Mut aufbringen können, mit Max das Haus zu verlassen. Und Nicholas? Nun, bei Nicholas sah das alles so einfach aus.
Er war herausgekommen und hatte so getan, als wäre ich nicht da. »Guten Morgen«, sagte ich, doch Nicholas nickte noch nicht einmal. Er stieg ins Auto und saß eine Minute lang einfach nur hinter dem Lenkrad. Dann ließ er das Fenster auf der Beifahrerseite herunter und beugte sich herüber. »Wenn ich wieder nach Hause komme«, sagte er, »bist du verschwunden.«
Ich nahm an, er würde ins Krankenhaus fahren, doch so, wie ich aussah, wollte ich da nicht hin. Nicholas in seinem eigenen Vorgarten in Verlegenheit zu bringen, war das eine, ihn bei seinen Vorgesetzten schlecht aussehen zu lassen, jedoch etwas vollkommen anderes. Ich wusste, dass er mir das nie verzeihen würde. Und gestern hatte ich wirklich furchtbar ausgesehen. Ich war siebzehn Stunden am Stück gefahren, hatte im Vorgarten geschlafen und seit zwei Tagen nicht mehr geduscht. Ich würde mich ins Haus schleichen, mich waschen, umziehen und dann ins Mass General fahren. Ich wollte Max sehen, ohne Nicholas in der Nähe. Und wie schwer konnte es schon sein, die Kindertagesstätte dort zu finden?
Nachdem Nicholas gefahren war, kroch ich in meinen Wagen und holte den Schlüsselbund aus meiner Handtasche. Ich war sicher, dass Nicholas diese Schlüssel vergessen hatte. Ich öffnete die Tür und betrat das Haus zum ersten Mal seit drei vollen Monaten.
Es roch nach Nicholas und Max und überhaupt nicht nach mir. Und es war ein einziges Chaos. Ich wusste nicht, wie Nicholas, der Ordnung so sehr liebte, hier leben konnte oder es sogar als gesund für Max betrachtete. Schmutziges Geschirr stapelte sich auf jeder weißen Fläche in der Küche, und die gerstenweißen Bodenfliesen waren voller Fußabdrücke und Marmeladenreste. In der Ecke stand eine tote Pflanze, und in der Spüle faulte eine Melone vor sich hin. Der Flur war dunkel, und überall lagen Socken und Boxershorts verstreut, und das Wohnzimmer war grau vom Staub. Max’ Spielsachen – von denen ich die meisten nie gesehen hatte – waren von winzigen, verschmierten Handabdrücken bedeckt.
Mein erster Impuls war zu putzen. Aber wenn ich das tat, würde Nicholas wissen, dass ich drin gewesen war, und ich wollte nicht, dass er wieder zu brüllen begann. Also bahnte ich mir einen Weg zum Schlafzimmer und holte mir eine Khakihose und ein grünes Baumwollsweatshirt aus dem Schrank. Nach einer schnellen Dusche zog ich mir die Sachen an und warf die schmutzigen Kleider in die Wäschetruhe.
Als ich glaubte, ein Geräusch zu hören, lief ich aus dem Badezimmer. Kurz hielt ich am Kinderzimmer inne, um Max’ Duft einzuatmen: schmutzige Windeln, Babypuder und süße, seidige Haut. Dann schlüpfte ich sicherheitshalber aus der Hintertür, doch ich sah niemanden. Mit noch immer
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