Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und dennoch ist es Liebe

Und dennoch ist es Liebe

Titel: Und dennoch ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
ich mir erträumt habe. Sie ist warm, trocken und zärtlich wie die eines Liebhabers. Meine Tränen laufen ihm zwischen den Fingern hindurch, und er nimmt seine Hand wieder fort, steckt sie sich in den Mund und trinkt mein Leid und meine Reue.
    Astrid Prescott gibt mir Max, sodass er seine Arme um meinen Hals schlingen kann. »Paige«, sagt sie. Sie scheint ganz und gar nicht überrascht zu sein, mich zu sehen. Dann tritt sie einen Schritt zurück, damit ich ihr Heim betreten kann. »Weshalb hast du so lange gebraucht?«

K APITEL 34
    N ICHOLAS
    Es war Paige, die Nicholas den Tag versaut hatte, denn Nicholas ist sich sicher, dass es sonst nichts gibt, worüber er sich hätte beschweren können. Die Operationen an diesem Tag waren zufriedenstellend verlaufen, und all seinen Patienten ging es den Umständen entsprechend gut. Doch als er entdeckt hatte, dass Paige ihm an den Fersen klebte, hatte ihn das mehr als nur nervös gemacht. Es ist ein öffentliches Krankenhaus, und natürlich hat sie jedes Recht, hier zu sein. Seine Drohung, den Sicherheitsdienst zu rufen, war genau das: nur eine Drohung. Sie vor dem Zimmer seines Patienten zu sehen hatte ihn aus der Fassung gebracht, und er gerät im Krankenhaus normalerweise nie aus der Fassung. Mehrere Minuten lang hatte er anschließend einen unregelmäßigen Puls gespürt, als hätte er einen Schock erlitten.
    Wenigstens würde sie Max nicht finden. Paige war ihm nicht zum Krankenhaus gefolgt. Das hätte er mit Sicherheit bemerkt. Sie musste später gekommen sein. Das wiederum bedeutete, dass sie nicht wusste, dass Max bei seinen Eltern war, und sie würde auch niemals auf die Idee kommen, dass Nicholas seinen Stolz heruntergeschluckt hatte. Dabei genießt er es inzwischen sogar, dass Astrid und Robert Prescott wieder Teil seines Lebens sind. Aber auch falls Paige plötzlich aus irgendeinem abwegigen Grund doch bei den Prescotts auftauchen sollte, würde Astrid sie bestimmt nicht hereinlassen – nicht nach allem, was sie ihrem Sohn angetan hatte.
    Nicholas holt sein Jackett aus dem Büro und macht sich auf den Heimweg. Trotz seines Namens an der Tür und seiner eigenen Sekretärin ist es für ihn noch immer Alistairs Büro. Die Kunst an den Wänden hätte Nicholas sich niemals ausgesucht, und die nautischen Paraphernalien wie der Sextant und das Schiffssteuerrad aus Messing waren einfach nicht sein Stil. Nicholas hätte ein waldgrünes Büro vorgezogen, mit Jagdbildern an der Wand, einer Lampe mit großem Schirm auf dem Tisch und einer plüschigen Damaszenercouch. Alles, nur nicht dieses Weiß und Beige, das in seinem Haus vorherrschte … und das Paige mit ihrem Farbgefühl schon immer gehasst hatte. Und plötzlich erkennt Nicholas, dass er selbst es auch nicht mag.
    Nicholas legt die Hand auf das Steuerrad. Vielleicht … eines Tages … Er macht einen guten Job als Chef der Kardiologie. Das weiß er. Saget hat ihm gesagt, falls Alistair sein Pensum zurückschrauben oder gar ganz aufhören sollte, könne Nicholas den Posten behalten. Das ist eine zweifelhafte Ehre. Nicholas hat diesen Job schon so lange gewollt, dass er ihn wie selbstverständlich macht. Er nimmt an den Sitzungen der Führungskräfte teil und hält Vorträge für Assistenzärzte und Gastchirurgen. Aber all die Überstunden und der furchtbare Druck halten ihn auch von Max und Paige fern.
    Nicholas schüttelt den Kopf. Er will Paige weit weg wissen. Er braucht sie nicht mehr. Er will, dass sie an einer Dosis ihrer eigenen Medizin erstickt. Er atmet tief durch, nimmt sich die Akten, die er bis morgen durchsehen muss, und schließt die Bürotür hinter sich ab.
    Um acht Uhr herrscht nicht mehr viel Verkehr auf dem Storrow Drive, und Nicholas schafft es in fünfzehn Minuten zum Haus seiner Eltern. Er lässt sich selbst hinein. »Hallo«, ruft er und lauscht seinem Echo in dem großen Raum. »Wo steckt ihr alle?«
    Er geht in den Salon, der mittlerweile fast ausschließlich als Spielzimmer dient, doch dort ist niemand. Er schaut in die Bibliothek, wo sein Vater für gewöhnlich die Abende verbringt, aber auch dieser Raum ist dunkel und kühl. Nicholas macht sich auf den Weg die Treppe hinauf, und seine Schritte werden von dem dicken Orientteppich gedämpft. »Hallo«, ruft er erneut, und dann hört er Max lachen.
    Wenn Max lacht, dann kommt das tief aus dem Bauch, und es packt ihn so sehr, dass er am ganzen Leib bebt und strahlt wie die Sonne, wenn das Geräusch schließlich aus seiner Kehle kommt. Nicholas

Weitere Kostenlose Bücher