Und dennoch ist es Liebe
Spinden. Oder er könnte dorthin gegangen sein, wo ein Herzchirurg hingehen sollte.
»Bitte entschuldigen Sie«, sage ich zu einem Hausmeister, der gerade einen Mülleimer leert.
»No habla inglés.« Der Mann zuckt mit den Schultern.
Ich versuche es noch einmal. »Operation«, sage ich. »Ich suche die O-pe-ra-tio-nen.«
»Si, operación.« Der Mann streicht sich mit dem Finger über den Bauch, wirft den Kopf hin und her und lächelt.
Ich schüttele den Kopf und versuche, mich an die wenigen Brocken Spanisch zu erinnern, die ich mal in der Schule gelernt habe. »Uno«, sage ich und halte die Hand dicht über den Boden. Dann hebe ich sie ein Stück. »Dos.« Ich hebe sie erneut. »Tres. Cuatro … Operation?«
Der Mann klatscht in die Hände. »Si, si, operación.« Er hebt drei Finger. »Tres«, sagt er.
»Gracias«, murmele ich und ramme den Finger wiederholt auf den Rufknopf der Aufzuganlage, als würde der Lift so schneller kommen.
Die Operationssäle befinden sich tatsächlich im dritten Stock, und als die Aufzugtür aufgeht, sehe ich Nicholas vorbeihuschen, inzwischen in blauer OP-Kleidung. Alles an ihm ist verdeckt, abgesehen von seinem Gesicht, doch ich würde ihn selbst aus größter Entfernung allein anhand seines edlen Gangs erkennen. Er schaut über meinen Kopf hinweg auf die Uhr an der Wand; dann verschwindet er hinter einer doppelten Schwingtür.
»Wenn Sie eine Verwandte sind«, sagt eine Stimme hinter mir, »dann müssen Sie ins Wartezimmer gehen.« Ich drehe mich um und sehe eine hübsche, kleine Krankenschwester in frisch gestärkter weißer Uniform. »Nur Patienten dürfen hier rein«, erklärt sie.
»Oh«, sage ich, »ich muss mich verlaufen haben.« Ich lächele und frage sie, ob Dr. Prescott schon eingetroffen sei.
Sie nickt und nimmt meinen Ellbogen, als wisse sie, dass das nur ein Trick ist. »Dr. Prescott kommt immer zehn Minuten zu früh«, sagt sie. »Wir können die Uhr danach stellen.« Sie zieht mich zum Aufzug und wartet neben mir. »Ich bin sicher, er wird nach der Operation direkt zu Ihnen kommen. Ich sage ihm Bescheid.«
»Nein!«, sage ich ein wenig zu laut. »Sie müssen ihm gar nichts sagen.« Die letzte halbe Stunde hatte ich die Oberhand. Ich bin, wo ich sein will, und Nicholas weiß es nicht. Ich mag es, anonym zu bleiben und ihn zu beobachten. Immerhin habe ich ihn nie wirklich arbeiten sehen, und vielleicht war das ja auch der Grund, warum ich ihm zum Krankenhaus gefolgt bin. Noch ein, zwei Stunden oder so, und ich werde mich zu erkennen geben. Aber nicht jetzt, noch nicht. Ich lerne noch.
Ich schaue die Krankenschwester an und suche aufgeregt nach weiteren Entschuldigungen. Ich ringe mit den Händen. »Ich … Ich will ihn nicht ablenken.«
»Natürlich«, sagt sie und schubst mich in den Aufzug.
Als Nicholas in sein Büro zurückkehrt, trägt er noch immer seine OP-Kleidung, aber sie ist jetzt dunkel von Schweiß und klebt ihm am Rücken und an den Armen. Er schließt seine Tür auf und lässt sie offenstehen, und ich schleiche aus meinem Versteck hinter einer Reihe Rollstühle und setze mich neben seinem Büro auf den Boden. »Mrs. Rosenstein«, höre ich Nicholas sagen, »Dr. Prescott hier.«
Beim Klang seiner Stimme spüre ich ein Kribbeln in meinem Magen. »Ich rufe an, um Ihnen mitzuteilen, dass die Operation gut verlaufen ist. Wir haben wie erwartet vier Bypässe gelegt. Alles verläuft gut, und er sollte in ein paar Stunden wieder aufwachen.« Ich höre mir seinen professionellen, ruhigen Tonfall an, und ich frage mich, ob er so auch Max zum Schlafen bringt. Ich erinnere mich daran, dass Nicholas mir einmal von postoperativen Telefonaten erzählt hat, als er noch Assistenzarzt war. »Ich frage nie ›Wie geht es Ihnen?‹, weil ich das ganz genau weiß. Wie soll man sich auch fühlen, wenn man sechs Stunden neben dem Telefon wartet, um zu hören, ob der Ehemann noch lebt oder nicht?«
Danach verliere ich Nicholas kurz, denn er trifft sich mit ein paar anderen Ärzten in einem kleinen Raum, wo es kein Versteck für mich gibt. Ich bin beeindruckt. Bis jetzt hat er nicht eine Pause gemacht. Wo auch immer er hingeht, kennen die Leute seinen Namen, und die Krankenschwestern überschlagen sich vor Eifer, ihn mit Krankenblättern zu versorgen. Er muss noch nicht einmal danach fragen. Ich frage mich, ob das daran liegt, dass er Chirurg oder dass er Nicholas ist.
*
Als ich Nicholas wiedersehe, ist er mit einem jüngeren Mann zusammen, vermutlich einem
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