Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und dennoch ist es Liebe

Und dennoch ist es Liebe

Titel: Und dennoch ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
verletzt?«
    Astrid legt ihrem Sohn die Hand auf den Arm. »Nicholas«, sagt sie, »glaubst du wirklich, dass sie das tun würde?«
    Bei diesen Worten hebt Paige den Blick. Sie steht auf und hebt Max hoch. »Ich musste ihn einfach sehen, Nicholas. Ich werde jetzt gehen. Deine Mutter kann nichts dafür.« Sie drückt Max an sich, und er schlingt seine Ärmchen um ihren Hals.
    Nicholas tritt einen Schritt vor, jetzt ist sie ihm so nah, dass er ihren warmen Atem spüren kann. »Ich will dein Auto nicht mehr bei uns sehen«, sagt er mit seiner ruhigen, stählernen Chirurgenstimme. »Ich werde bei Gericht ein Kontaktverbot gegen dich erwirken.«
    Er erwartet, dass Paige sich umdreht und eingeschüchtert davonkriecht, wie es jeder tut, wenn er in diesem Tonfall spricht. Doch sie bleibt ganz ruhig und reibt Max den Rücken. »Das ist auch mein Haus«, sagt sie ruhig, »und mein Sohn.«
    In diesem Moment explodiert Nicholas, und er packt das Baby so grob, dass Max zu schreien beginnt. »Was zum Teufel willst du denn tun? Das Kind mitnehmen, wenn du das nächste Mal beschließt davonzulaufen? Oder hast du vielleicht sogar schon einen Plan dafür?«
    Paige verschränkt die Hände. »Ich werde nicht wieder weglaufen. Ich will nur wieder in mein Haus gelassen werden. Ich werde nicht wieder weglaufen, solange ich nicht dazu gezwungen werde.«
    Nicholas lacht. Es ist ein seltsames Geräusch aus der Nase. »Natürlich«, sagt er. »Genau wie beim letzten Mal. Die arme Paige, die von einem grausamen Schicksal davongetrieben wird.«
    In diesem Augenblick weiß Nicholas, dass er gewonnen hat. »Warum musst du das unbedingt so sehen?«, flüstert Paige. »Warum kannst du nicht einfach sehen, dass ich wieder nach Hause gekommen bin?« Sie weicht einen Schritt zurück und versucht sich vergeblich an einem Lächeln. »Du bist ja vielleicht perfekt, Nicholas, und alles, was du tust, gelingt dir gleich beim ersten Mal. Wir Normalsterbliche müssen es jedoch immer wieder und wieder versuchen und hoffen, dass wir jedes Mal eine zweite Chance bekommen, bis es endlich klappt.« Und dann dreht sie sich um und rennt aus dem Raum, bevor ihr die Tränen kommen, und Nicholas hört, wie sie die schwere Eichentür hinter sich zuwirft.
    Max zappelt auf Nicholas’ Armen, und er setzt ihn auf dem Teppich ab. Das Baby starrt auf die offene Schlafzimmertür, als warte es darauf, dass Paige wieder zurückkommt. Und Astrid, die Nicholas ganz vergessen hatte, bückt sich, um Max das abgerissene Blatt einer Zimmerpalme aus der Hand zu nehmen. Als sie sich wieder aufrichtet, schaut sie Nicholas direkt in die Augen. »Ich schäme mich für dich«, sagt sie und verlässt den Raum.
*
    Paige ist am Haus, als Nicholas mit Max wieder zurückkehrt. Mit Zeichenblock und Kohle sitzt sie ruhig vor der Veranda. Trotz seiner Drohung ruft Nicholas nicht die Polizei. Stattdessen tut er so, als würde er sie nicht sehen, während er Max, die Wickeltasche und die Krankenhausakten ins Haus trägt. Von Zeit zu Zeit kann er Paige zum Fenster hereinschauen sehen, als er an diesem Abend mit Max auf dem Wohnzimmerboden spielt. Aber er macht sich nicht die Mühe, die Vorhänge zuzuziehen oder Max in ein anderes Zimmer zu bringen.
    Als Max nicht einschlafen kann, versucht es Nicholas auf die Weise, die immer funktioniert. Er holt den Staubsauger aus der Besenkammer, stellt ihn auf die Schwelle zum Kinderzimmer und schaltet ihn ein, sodass das Brummen des Motors Max’ Schreie übertönt. Schließlich beruhigt Max sich, und Nicholas stellt den Staubsauger wieder weg. Vielleicht ist es ja genetisch bedingt. Er erinnert sich noch daran, dass auch er, wenn er nach einer Sechsunddreißig-Stunden-Schicht nach Hause kam, wunderbar einschlafen konnte, während Paige im Hintergrund staubsaugte.
    Nicholas geht in den Flur und schaltet das Licht aus. Dann tritt er ans Fenster. Er weiß, dass er von dort Paige sehen kann, sie ihn aber nicht. Ihr Gesicht schimmert im Mondlicht silbern und ihr Haar wie Bronze. Um sie herum liegen Dutzende von Zeichnungen verstreut: Max sitzend, Max schlafend, Max, wie er sich herumwälzt. Nicholas sieht jedoch kein einziges Bild von sich.
    Der Wind weht ein paar Blätter auf die Stufen der Veranda. Ohne darüber nachzudenken, öffnet Nicholas die Tür, und die Bilder flattern in den Flur. Er hebt sie auf: Max mit einer Rassel, Max, wie er versucht, sich den Fuß in den Mund zu stecken, und so weiter. Und er geht damit auf die Veranda hinaus. »Ich glaube, die

Weitere Kostenlose Bücher