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Und dennoch ist es Liebe

Und dennoch ist es Liebe

Titel: Und dennoch ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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liebt dieses Geräusch ebenso sehr, wie er Max’ hohes Schreien hasst. Er folgt dem Lachen durch den Flur und in eines der Gästeschlafzimmer, das Astrid inzwischen in ein Kinderzimmer verwandelt hat. Vor der Tür lässt Nicholas sich auf alle viere nieder, um Max als Tiger zu überraschen. »Max, Max, Maximilian«, knurrt Nicholas und krallt sich einen Weg durch die halb offene Tür.
    Astrid sitzt auf dem einzigen Stuhl im Raum, einem übergroßen weißen Schaukelstuhl. Max liegt mitten auf dem blassblauen Teppich und zupft Flusen heraus. Und mit der freien Hand stützt er sich dabei bequem auf Paiges Knie ab.
    Astrid hebt zwar den Blick, doch Paige scheint nicht zu bemerken, dass Nicholas in den Raum gekrochen ist. Sie greift nach Max’ Zehen und zieht daran, den kleinen zum Schluss, dann huschen ihre Finger sein Bein hinauf. Er quiekt und lacht und legt den Kopf zurück, sodass er sie verkehrt herum sehen kann. »Mehr?«, fragt sie, und Max schlägt ihr auf den Schenkel.
    Irgendwo in Nicholas’ Hinterkopf, irgendwo hinter dem roten Schleier, macht es Klick . Er starrt Paige an, denn es hat ihm die Sprache verschlagen. Sie befindet sich im selben Raum wie sein Sohn . Sie sieht schier unmöglich jung aus mit ihrem roten Haar, das ihr über die Schultern fällt, ihrem Hemd, das hinten aus dem Rock gerutscht ist, und ihren Sneakern, die Max gerade nicht erreichen kann. So hätte das nicht sein sollen. Aber Max, der inzwischen heult, wenn der Paketbote an die Tür kommt, hat Paige angenommen, als wäre sie sein ganzes Leben bei ihm gewesen und nicht nur das halbe. Und Paige lässt das alles so leicht aussehen. Nicholas erinnert sich an all die Nächte, in denen er im Flur auf und ab gelaufen ist und gewartet hatte, bis Max sich in den Schlaf heulte, nur weil er nicht wusste, was er sonst hätte tun sollen. Er hatte sich sogar Bücher aus der öffentlichen Bibliothek geholt und die Texte von Kinderliedern auswendig gelernt. Doch Paige kommt einfach aus dem Nichts, setzt sich hin, lässt ihn zwischen ihren Beinen spielen, und schon krächzt er vor Freude.
    Plötzlich erscheint ein Bild vor Nicholas’ geistigem Auge: Paige mit der Hand im Mayonnaiseglas, um Nicholas mit den Resten ein Brot zu schmieren. Es war am Morgen um halb fünf gewesen, und Nicholas musste zu einer Operation, aber sie war wie immer aufgestanden, um ihm ein Pausenbrot zu machen. »Nun«, sagte sie und klopfte mit dem Messer an das leere Glas, »das hier können wir wohl als erledigt betrachten.« Und sie schaute sich nach einem Geschirrtuch um, konnte aber keins finden. Also wischte sie sich die Hände einfach an ihrem weißen Engelsnachthemd ab, als sie fälschlicherweise glaubte, Nicholas schaue nicht hin.
    Nach Max’ Geburt hatte Paige ihm jedoch kein Pausenbrot mehr gemacht, und obwohl Nicholas einem Neugeborenen nicht die Schuld daran gegeben hatte und auch nicht zu Eifersucht neigte, erkennt er plötzlich, dass Paige seit Max’ Geburt nicht mehr ihm gehört hatte. Er ballt die Fäuste auf dem Teppich … genau wie Max. Paige ist nicht seinetwegen zurückgekommen, sondern wegen Max. Vermutlich hat sie Nicholas nur ins Krankenhaus verfolgt, um sicherzugehen, dass er nicht da war, wenn sie zu Max ging. Das sollte ihn zwar nicht kümmern, denn er hatte ja alles, was er für sie je empfunden hatte, verdrängt, aber trotzdem tat es weh.
    Nicholas atmet tief durch und wartet darauf, dass brennende Wut den Schmerz verdrängt. Doch die Wut kommt nur langsam, besonders wenn er Paige anschaut und das Bild, das sie gemeinsam mit seinem Sohn abgibt. Er kneift die Augen zusammen und versucht herauszufinden, warum ihm das so vertraut vorkommt, und dann sieht er die Verbindung. Es ist die Art, wie Max sie anschaut, als wäre sie eine Göttin … Früher hatte Paige Nicholas so angeschaut.
    Nicholas springt auf und funkelt seine Mutter an. »Wer zum Teufel hat dir erlaubt, sie reinzulassen?«, verlangt er zu wissen.
    Astrid bleibt völlig ruhig. »Wer zum Teufel hat mir das verboten?«, erwidert sie.
    Nicholas fährt sich mit der Hand durchs Haar. »Um Himmels willen, Mom. Ich dachte nicht, dass ich das extra betonen muss. Ich habe dir doch gesagt, dass sie wieder zurück ist. Du weißt, wie ich fühle. Und du weißt auch, was sie getan hat.« Er deutet auf Paige, die noch immer mit dem Baby spielt und ihm den Bauch kitzelt. »Woher willst du wissen, dass sie ihn nicht entführt, wenn du mal kurz wegschaust? Woher willst du wissen, dass sie ihn nicht

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