Und dennoch ist es Liebe
Republikanische Partei …
»Magst du Händel?«
Beim Klang von Roberts Stimme reiße ich die Augen auf, und jeder Muskel in meinem Leib ist sofort hellwach. Ich schaue ihn vorsichtig an und frage mich, ob das so eine Art Test ist, eine Falle, um mir zu zeigen, wie wenig ich wirklich weiß. »Ich weiß nicht«, antworte ich bitter. » Sollte ich?« Ich warte darauf, dass Robert die Augen zusammenkneift oder die Lippen schürzt, doch als er das nicht tut, ist mein Kampfgeist wie weggeblasen. Es ist deine eigene Schuld, Paige , denke ich. Er versucht nur, nett zu sein. »Tut mir leid«, sage ich. »Ich hatte keinen sonderlich guten Tag. Ich wollte dich nicht anfahren. Es ist nur … Als ich klein war, war das einzig Antike in unserem Haus die Familienbibel meines Vaters, und die Musik, die wir uns angehört haben, hatte einen Text.« Ich lächele zögernd. »An diese Art Leben hier muss man sich erst gewöhnen, obwohl du das wahrscheinlich nicht verstehst, weil …«
Ich halte abrupt inne und erinnere mich an das, was Nicholas mir vor Jahren über seinen Vater erzählt hat. Kurz flackert etwas in Roberts Augen auf – Reue oder vielleicht Erleichterung –, aber es verschwindet genauso schnell, wie es gekommen ist. Fasziniert starre ich ihn an. Ich frage mich, woher jemand, der einen ähnlichen Hintergrund hat wie ich, so genau weiß, wie man sich in einem Haus wie diesem zu bewegen und zu verhalten hat.
»Hm. Nicholas hat es dir also erzählt, ja?«, sagt Robert, und er klingt weder enttäuscht noch wütend.
Plötzlich weiß ich wieder, was an mir genagt hat, als Nicholas mir von der einfachen Herkunft seines Vaters erzählt hat. Nicholas’ Vater war derjenige gewesen, der am nachdrücklichsten gegen Nicholas’ Ehe mit mir protestiert hatte. Nicht Astrid – was ich hätte verstehen können –, sondern Robert. Er war derjenige gewesen, der Nicholas vertrieben hatte. Er war derjenige gewesen, der gesagt hatte, Nicholas würde sein Leben ruinieren.
Ich sage mir selbst, ich sei nicht mehr wütend, nur neugierig. Trotzdem nehme ich Max auf den Arm und bringe ihn von meinem Schwiegervater weg. »Wie konntest du?«, flüstere ich.
Robert beugt sich vor und stützt sich mit den Ellbogen auf den Tisch. »Ich habe so hart für das alles hier gearbeitet.« Er macht eine weit ausholende Geste, die das gesamte Haus einschließt. »Ich konnte den Gedanken einfach nicht ertragen, dass irgendjemand das alles wegwirft. Nicht Astrid und ganz besonders nicht Nicholas.«
Max windet sich, und ich setze ihn auf den Boden. »Nicholas musste das nicht alles wegwerfen«, erkläre ich. »Du hättest auch für seine Ausbildung zahlen können.«
Robert schüttelt den Kopf. »Es wäre nicht das Gleiche gewesen. Irgendwann hättest du ihn zurückgehalten. Du wirst dich nie in diesen Kreisen bewegen können, Paige. So zu leben ist einfach nichts für dich.«
Es ist nicht die Wahrheit, die so wehtut. Wehtut, dass ich mir erneut anhören muss, wie Robert Prescott entscheidet, was das Beste für mich ist. Ich balle die Fäuste. »Wie zum Teufel kannst du dir da so sicher sein?«
»Weil es mir genauso geht«, antwortet er ruhig. Entsetzt lasse ich mich wieder auf die Couch fallen. Ich starre Robert in seinem Kaschmirpullover an und lasse meinen Blick über das fein geschnittene silberne Haar und den kunstvollen Bart schweifen. Und dabei sehe ich, dass auch er die Fäuste geballt hat und dass seine Halsschlagader pocht. Er hat Angst , denke ich. Er hat genauso viel Angst vor mir wie ich vor ihm.
Kurz frage ich mich, warum er ausgerechnet mir etwas erzählt, was ihn so offensichtlich schmerzt. Dann erinnere ich mich daran, was meine Mutter gesagt hat, als ich sie gefragt habe, warum sie nie zurückgekommen sei: »Wie man sich bettet, so liegt man.«
Ich lächele sanft, hebe Max vom Boden hoch und gebe ihn seinem Großvater zurück. »Ich werde mich jetzt zum Abendessen umziehen«, sage ich und drehe mich um.
Roberts Stimme hält mich auf, und seine Worte verschmelzen mit Händels Flötenspiel. »Es ist es wert«, sagt er. »Ich würde alles noch mal genauso machen.«
Ich drehe mich nicht wieder um. »Warum?«
»Warum würdest du es noch mal genauso machen?«, erwidert er, und die Frage folgt mir die Treppe hinauf und in mein Zimmer. Sie verlangt nach einer Antwort, und sie bringt mich aus dem Gleichgewicht.
Nicholas .
*
Manchmal singe ich Max in den Schlaf. Es ist egal, was ich singe – Gospel oder Pop, Dire Straits oder die
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