Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und dennoch ist es Liebe

Und dennoch ist es Liebe

Titel: Und dennoch ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
Beatles. Auf Wiegenlieder verzichte ich jedoch, denn die hört Max schon von allen anderen.
    Wir sitzen auf dem Schaukelstuhl in seinem Zimmer bei den Prescotts. Astrid lässt mich ihn inzwischen halten, wann immer ich will, solange Nicholas nicht in der Nähe ist oder gleich kommt. Das ist ihre Art, mich zum Bleiben zu bewegen, glaube ich, obwohl ich es inzwischen nicht mehr als Alternative betrachte zu gehen.
    Max hat gerade gebadet. Da er im Wasser immer so schlüpfrig ist, geht das am einfachsten, indem ich mich ausziehe, mit ihm in die Wanne steige und ihn mir zwischen die Beine setze. Er hat eine Tupperschüssel und eine Gummiente, mit denen er in der Wanne spielt. Und wenn er Babyshampoo in die Augen bekommt, ist ihm das egal. Hinterher wickele ich dann das Handtuch um uns beide und tue so, als würden wir dieselbe Haut teilen, und ich denke an Kängurus, Opossums und andere Tiere, die ihre Jungen immer mit sich herumtragen.
    Max wird schläfrig. Er reibt sich die Augen mit seinen kleinen Fäusten und gähnt. »Warte mal eine Sekunde«, sage ich zu ihm, setze ihn auf den Boden und stecke ihm den Schnuller in den Mund.
    Er beobachtet mich, während ich sein Bettchen zurechtmache. Ich streiche das Laken glatt und räume Krümelmonster und die Rassel aus dem Weg. Als ich mich plötzlich herumdrehe, lächelt Max, als sei das ein Spiel, und dabei fällt ihm der Schnuller aus dem Mund. »Du kannst nicht gleichzeitig nuckeln und lächeln«, kläre ich ihn auf. Ich stecke das Nachtlicht ein, und als ich mich wieder zu Max umdrehe, lacht er. Er streckt mir die Arme entgegen und bettelt darum, hochgehoben zu werden.
    Plötzlich erkenne ich, dass ich genau darauf immer gewartet habe: auf einen Mann, der vollkommen von mir abhängig ist. Als ich Jake getroffen habe, habe ich jahrelang alles getan, damit er sich in mich verliebt. Als ich Nicholas geheiratet habe, habe ich ihn an seine andere Geliebte verloren, die Medizin. Jahrelang habe ich von einem Mann geträumt, der ohne mich nicht leben kann – von einem Mann, der mein Gesicht sieht, wenn er die Augen schließt; von einem Mann, der mich auch morgens liebt, wenn ich beschissen aussehe, wenn ich das Abendessen zu spät mache oder wenn ich die Waschmaschine zu voll lade und so den Motor ruiniere.
    Max starrt zu mir hinauf, als könne ich nichts falsch machen. Ich habe immer jemanden gewollt, der mich so behandelt wie er. Ich habe nur nicht gewusst, dass ich so einen Mann erst selbst auf die Welt bringen muss. Ich hebe Max hoch, und sofort schlingt er die Arme um meinen Hals und beginnt, an mir hinaufzukrabbeln. Das ist seine Art des Umarmens. Er hat es gerade erst gelernt. Ich kann nicht anders, als zu lächeln. Pass auf, was du dir wünschst , ermahne ich mich selbst. Es könnte wahr werden.
*
    Nancy Bianna steht in dem langen Flur mit den Bildern der Fördermitglieder an der Wand und presst den Finger auf die Lippen. »Hmmm«, murmelt sie. »Ich vermisse da etwas.« Sie wiegt den Kopf vor und zurück, und ihr gerade geschnittenes Haar bewegt sich wie bei einem alten Ägypter.
    Nancy ist der Hauptgrund, warum meine Zeichnungen von Nicholas’ Patienten und auch ein paar neue von Elliot Saget und Nancy und sogar von Astrid und Max jetzt in Rahmen am Krankenhauseingang hängen. Bis dahin hatten ein paar schlechte Nachdrucke von Matisse die Wände dort geziert. Doch Nancy sagt, das werde der Anfang von etwas Großem sein. »Wer hat auch ahnen können, dass Dr. Prescott so gute Verbindungen hat?«, sinniert sie nun. »Erst Sie und dann vielleicht auch noch eine Ausstellung von seiner Mutter.«
    Als ich sie zum ersten Mal traf, nachdem Elliot Saget mich zu ihr geschickt hatte, da hat sie mir leidenschaftlich die Hand geschüttelt und sich ihre schwarz umrandete Brille die Nase hinaufgeschoben. »Was Patienten sehen wollen, wenn sie ins Krankenhaus kommen«, erklärte sie, »ist keine Anhäufung sinnloser Farbkleckse. Sie wollen Menschen sehen.« Sie beugte sich vor und packte mich an den Schultern. »Sie wollen Überlebende sehen. Sie wollen das Leben sehen.«
    Dann stand sie auf und schlenderte im Kreis um mich herum. »Natürlich ist uns klar, dass Sie das letzte Wort haben, was die Auswahl und den Ausstellungsort der Bilder betrifft«, fügte sie hinzu, »und selbstverständlich werden wir Sie für Ihre Arbeit auch angemessen entlohnen.«
    Geld. Sie wollten mir Geld für die dummen, kleinen Bildchen geben, die ich zeichnete, um Nicholas’ Aufmerksamkeit zu erregen.

Weitere Kostenlose Bücher