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Und dennoch ist es Liebe

Und dennoch ist es Liebe

Titel: Und dennoch ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Nicholas’ Mutter ihre Hände hielt. Wenn man sie aus einem bestimmten Winkel betrachtete, dann umfasste sie die seines Vaters. Kniff man die Augen jedoch zusammen, wurde deutlich, dass sie ihre Hände zum Gebet faltete.
    Als Nicholas’ Vater nach Hause kam, zog er sich am Geländer die Stufen hinauf. Auch er ignorierte die kleine Gestalt seines Sohnes im Schatten. Oben angekommen, blieb er vor dem Bild stehen und sank auf die Knie.
    Neben ihre Signatur hatte Astrid Prescott den Titel des Bildes geschrieben: Tu e s nicht.
    Nicholas beobachtete, wie sein Vater in den Raum ging, von dem er wusste, dass seine Mutter dort wartete. Das war die Nacht, in der er aufhörte, davon zu träumen, den Ruhm seines Vaters zu erben. Stattdessen wünschte er sich von nun an, die Stärke seiner Mutter zu besitzen.
*
    Alle lachten. Paige rannte ins Schlafzimmer hinauf und warf die Tür zu. Rose van Linden wusch das Fleisch in der Spüle ab und rührte frische Soße an, während Alistair Fogerty Witze erzählte. Nicholas wischte den Teppich ab und legte ein Geschirrtuch über den Fleck, der einfach nicht rausgehen wollte. Als er aufstand, schienen seine Gäste vergessen zu haben, dass er da war. »Bitte, entschuldigen Sie meine Frau«, sagte Nicholas. »Sie ist noch sehr jung … und außerdem ist sie schwanger.« Bei diesen Worten strahlten die Frauen und begannen, Geschichten über ihre eigenen Schwangerschaften zu erzählen, und die Männer klopften Nicholas auf den Rücken.
    Nicholas stand ein wenig abseits und beobachtete diese Leute, die hier auf seinen Stühlen saßen und an seinem Tisch aßen, und er überlegte, wann genau er die Kontrolle über die Situation verloren hatte. Alistair saß auf seinem Platz am Kopfende des Tisches. Gloria schenkte Wein aus. Der Bordeaux floss in das Glas, das eigentlich für Paige bestimmt gewesen war und von einer scharlachroten Welle hinter dem Bild einer Jakobsmuschel geschmückt wurde.
    Nicholas stieg die Treppe zum Schlafzimmer hinauf. Was konnte er tun? Was musste er tun? In jedem Fall würde er Paige nicht anbrüllen, nicht in Anwesenheit der vielen Gäste. Aber er würde Paige zu verstehen geben, dass es so nicht ging. Schließlich hatte er einen Ruf zu verlieren. Paige musste sich um diese Dinge kümmern, das wurde einfach von ihr erwartet. Natürlich wusste Nicholas, dass sie nicht so erzogen worden war, doch das war kein Grund, jedes Mal zusammenzubrechen, wenn sie auf seine Kollegen und deren Frauen traf. Paige war keine von ihnen, aber Himmelherrgott noch mal, in vielerlei Hinsicht war er das auch nicht. Sie könnte es ihm wenigstens gleichtun und den Schein wahren.
    Einen flüchtigen Augenblick lang erinnerte Nicholas sich an die Art, wie Paige seinem Apartment die Ecken und Kanten genommen hatte – Himmel, sie hatte seinem ganzen Leben die Ecken und Kanten genommen – und das nur wenige Stunden nachdem er um ihre Hand angehalten hatte. Und er erinnerte sich an seinen Hochzeitstag, als er neben Paige gestanden und erkannt hatte, dass sie ihn aus seinem alten Leben reißen würde. Ihm war ganz schwindelig geworden. Nie wieder würde er ein Sechs-Gänge-Menü garniert mit falschen Gerüchten über Leute ertragen müssen, die nicht eingeladen worden waren. An jenem Tag hatte er versprochen, sie zu lieben und zu ehren, in guten wie in schlechten Tagen, und damals hatte er wirklich geglaubt, dass es ihm nichts ausmachen würde, in welche Richtung es laufen würde, solange nur Paige an seiner Seite war. Was war in den letzten sieben Jahren geschehen, dass er seine Meinung geändert hatte? Er hatte sich in Paige verliebt, weil sie die Art von Mensch war, die er immer hatte sein wollen: einfach und ehrlich und von einer glückseligen Ignoranz gegenüber allem, was mit irgendwelchen dummen Traditionen, Verpflichtungen und Arschkriecherei zu tun hatte. Doch nun stand er vor ihrer Tür, bereit, sie zu seinen Kollegen und ihren politisch korrekten Witzen zurückzuschleifen und ihrem geheuchelten Interesse am Mobiliar.
    Nicholas seufzte. Es war nicht Paiges Schuld, sondern seine eigene. Irgendwo entlang des Weges hatte man ihn wieder dazu verlockt zu glauben, das einzige Leben, das es zu leben wert war, sei das, was dort unten auf ihn wartete. Was würde Alistair Fogerty wohl sagen, wenn Nicholas sich seine Frau schnappen und mit ihr zum Fenster hinausklettern würde, um zu der griechischen Pizzeria in Brighton zu fliehen. Nicholas hatte sich einmal im Kreis gedreht. Aber wie war es dazu

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