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Und dennoch ist es Liebe

Und dennoch ist es Liebe

Titel: Und dennoch ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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in seine Boxershorts schlüpfte, und ich hörte, wie die Baumwolle über seine Haut glitt, und ich fragte mich, wie er wohl aussah. Jake ließ sich auch von mir kämmen und die Wangen mit Aftershave einreiben, sodass ich seinen Duft noch in der Nase hatte, wenn er ging.
    Jake kam zu seinen Verabredungen immer zu spät. Wurde ihm das bewusst, raste er die Treppe runter und schnappte sich die Schlüssel vom Ford seines Vaters. »Bis dann, Floh«, rief er über die Schulter zurück. Dann kam seine Mutter aus der Küche. Immer hingen drei, vier der jüngeren Kinder an ihr wie Kletten, aber sie erwischte ihren Ältesten nie. Molly Flanagan drehte sich dann jedes Mal zu mir um und schaute mich traurig an, denn sie kannte die Wahrheit. »Oh, Paige«, sagte sie und seufzte. »Warum bleibst du nicht zum Abendessen?«
    Wenn Jake um zwei oder drei Uhr morgens von seinen Dates nach Hause kam, wachte ich meilenweit von ihm entfernt auf und sah wie in einem Albtraum, wie Jake sich das Hemd aus der Jeans zog und den Nacken rieb. Wir hatten einfach eine solch starke Verbindung. Wenn ich mit ihm reden wollte, musste ich mir nur sein Gesicht vorstellen, und eine halbe Stunde später stand er vor meiner Tür. »Was ist?«, fragte er dann. »Du brauchst mich?« Und manchmal rief ich spät in der Nacht bei ihm zu Hause an, weil ich fühlte, dass er nach mir rief. Dann kauerte ich mich in die Küche, rollte die Zehen ein und wählte Jakes Nummer im schwachen Licht der Straßenlaternen, das durch die Fenster fiel. Jake hob jedes Mal nach dem ersten Klingeln ab. »Warte, bis du das gehört hast«, sagte er dann zum Beispiel, und seine Stimme klang noch immer nach Sex. »Wir sitzen da so bei Burger King, und plötzlich greift sie unter den Tisch und macht meine Hose auf. Kannst du dir das vorstellen?«
    Dann schluckte ich und antwortete: »Nein, das kann ich nicht.«
    Ich hatte keinen Zweifel daran, dass Jake mich liebte. Wenn ich ihn fragte, sagte er, ich sei seine beste Freundin. Er saß den ganzen Sommer über immer wieder bei mir, während ich Pfeiffersches Drüsenfieber hatte, und spielte Ratespiele mit mir. Eines Nachts, als wir ein Lagerfeuer am Seeufer machten, hatte er mich sogar in seinen Daumen schneiden, Blut herausdrücken und ihn auf meinen pressen lassen. So seien wir auf immer miteinander verbunden, hatte er gesagt. Blutsbrüder.
    Doch wenn ich ihn berührte, schreckte Jake zurück. Selbst wenn ich ihm nur an der Seite vorbeistrich, zuckte er zusammen, als hätte ich ihn geschlagen. Er legte mir nie den Arm um die Schultern und nahm nie meine Hand. Mit sechzehn Jahren war ich klapperdürr und klein, ein richtiger Kümmerling. Jemand wie Jake, sagte ich mir, würde so jemanden wie mich nie wollen.
    Dann, in dem Jahr, als ich siebzehn wurde, änderte sich alles. Ich war ein Highschool Junior, und Jake, der die Highschool inzwischen seit zwei Jahren hinter sich hatte, arbeitete Vollzeit in der Werkstatt seines Vaters. Ich verbrachte meine Nachmittage und Wochenenden mit Jake, doch jedes Mal, wenn ich ihn sah, brannte mein Kopf, und mir drehte sich der Magen, als hätte ich die Sonne verschluckt. Manchmal drehte Jake sich zu mir um und begann zu sprechen: »Floh …«, sagte er, doch sein Blick trübte sich, und er sprach nicht weiter.
    Es war das Jahr meines Abschlussballs als Highschool Junior. Die Schwestern schmückten die Turnhalle mit Sternen aus Alufolie und roten Papierlaternen. Ich wollte nicht gehen. Hätte ich Jake gefragt, er hätte mich sicher begleitet, aber ich hasste die Vorstellung, dass er nur einen Abend mit mir verbrachte, von dem ich jahrelang geträumt hatte, um mir einen Gefallen zu tun. Stattdessen schaute ich zu, wie die Mädchen in der Nachbarschaft Fotos in ihren Vorgärten machten und wie Geister in Weiß und Pink über das Gras wirbelten. Als sie weg waren, ging ich die drei Meilen zu Jakes Haus.
    Molly Flanagan sah mich durch die Fliegengittertür kommen. »Komm rein«, rief sie. »Jake hat schon gesagt, dass du kommen würdest.« Sie war im Wohnzimmer und spielte Twister mit Moira und Petey, den beiden jüngsten Flanagans. Ihr Hintern ragte in die Luft, und sie hatte die Arme unter sich gekreuzt. Ihr großer Busen streifte die bunten Punkte auf der Spielmatte, und zwischen ihren Beinen streckte Moira sich verzweifelt nach einem grünen Kreis. Seit ich Molly Flanagan vor drei Jahren kennengelernt hatte, hatte ich mir gewünscht, sie wäre auch meine Mutter. Ich hatte Jake und seiner Familie erzählt,

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