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Und dennoch ist es Liebe

Und dennoch ist es Liebe

Titel: Und dennoch ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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hatte mir die Stimme verschlagen. Also lehnte ich mich an seinen Hals und küsste die Kuhle unter seinem Ohr. Jake stöhnte, stieß mich von der Milchkiste ins nasse Gras und drückte brutal den Mund auf meinen. Seine Hand glitt von meinem Hals zu meiner Baumwollbluse und schließlich unter meine Brust. Ich spürte seine Knöchel auf meinem Fleisch. Seine Finger krümmten und entspannten sich wieder, als kämpfe er darum, die Kontrolle zu behalten. »Lass uns heiraten«, sagte er.
    Es waren nicht seine Worte, die mich erschreckten, es war die Erkenntnis, dass ich bis zum Hals mit in dieser Sache steckte. Jake war alles, was ich mir je gewünscht hatte, doch nun sah ich, wie dieses Fieber in mir immer stärker und stärker wurde. Und es gab nur ein Mittel gegen dieses Fieber: Ich musste mich vollkommen aufgeben. Ich musste all meine Geheimnisse und meinen Schmerz enthüllen, und ich glaubte nicht, dass ich das tun konnte. Wenn ich Jake weiter sehen würde, würde dieses Feuer mich verzehren, und wenn ich ihn weiter berührte, dann würde es irgendwann kein Zurück mehr für mich geben.
    »Wir können nicht heiraten«, sagte ich und stieß ihn von mir weg. »Ich bin erst siebzehn.« Ich schaute ihm in die Augen, sah dort aber nur ein verzerrtes Spiegelbild meiner selbst. »Ich glaube, ich sollte dich besser nicht mehr sehen«, sagte ich, und mir drohte die Stimme zu brechen.
    Ich stand auf, doch Jake hielt mich an der Hand fest. Panik keimte in mir auf. »Paige«, sagte er, »wir werden es langsam angehen lassen. Ich kenne dich besser als du dich selbst, und ich weiß, dass du das Gleiche willst wie ich.«
    »Wirklich?«, flüsterte ich. Ich war wütend auf mich, weil ich mehr und mehr die Selbstbeherrschung verlor und weil er vermutlich recht hatte. »Und was willst du genau, Jake?«, fragte ich.
    Jake stand auf. »Ich will wissen, was du siehst, wenn du mich anschaust.« Seine Finger gruben sich in meine Schultern. »Ich will wissen, wen du lieber magst, Dick oder Doof? Ich will die genaue Stunde wissen, in der du geboren wurdest, und ich will wissen, was du auf der Welt am meisten fürchtest. Ich will wissen«, sagte er, »wie du aussiehst, wenn du einschläfst.« Er strich mit dem Finger über mein Kinn. »Und ich will da sein, wenn du wieder aufwachst.«
    Einen Augenblick lang sah ich das Leben, das ich haben könnte, eingehüllt in das Lachen seiner großen Familie. Ich würde meinen Namen neben seinen in die alte Familienbibel schreiben und ihm morgens hinterherschauen, wenn er zur Arbeit ging. Ich sah all diese Dinge, die ich mir mein Leben lang erträumt hatte, doch die Bilder ließen mich zittern. Das war mir nicht vorbestimmt. Ich wusste nicht, wie ich mich in so ein normales und solides Leben einfügen sollte. »Du bist nicht mehr sicher«, flüsterte ich.
    Jake schaute mich an, als sehe er mich zum ersten Mal. »Du auch nicht«, erwiderte er.
*
    An jenem Abend erfuhr ich die Wahrheit über die Ehe meiner Eltern. Mein Vater arbeitete im Keller, als ich nach Hause kam. Ich war noch immer rastlos und dachte an Jakes Hände. Dad kauerte über seiner Werkbank und bastelte an seiner neuesten Erfindung, einem Paracetamol-Spender, der die richtige Menge für Kleinkinder dosieren konnte.
    Mein Vater war nun schon so lange alles für mich, dass es mir nicht im Mindesten unnatürlich vorkam, ihm Fragen über das Verliebtsein zu stellen. Ich war weniger verlegen, sondern hatte eher Angst, er könne glauben, ich hätte Schuldgefühle, und würde mich zur Beichte schicken. Ein paar Minuten lang beobachtete ich ihn, betrachtete sein hellbraunes Haar, seine whiskeyfarbenen Augen und seine schöpferischen Hände. Ich hatte immer geglaubt, ich würde mich in jemanden verlieben, der meinem Vater ähnlich war, doch er und Jake waren sehr unterschiedlich. Es sei denn, man zog auch die Kleinigkeiten in Betracht: die Art, wie beide mich beim Gin Rummy schummeln ließen, wie sie meine Worte sorgfältig abwogen, als wäre ich der Außenminister, und die Tatsache, dass sie die beiden einzigen Menschen auf der Welt waren, die mich wirklich trösten konnten, wenn ich mich einmal hundeelend fühlte. Nur wenn ich mit meinem Vater oder mit Jake zusammen war, konnte ich genau wie sie daran glauben, dass ich das tollste Mädchen auf der Welt war. Und so sollte das mein ganzes Leben über bleiben.
    »Woher«, fragte ich meinen Vater schließlich rundheraus, »hast du gewusst, dass du meine Mutter heiraten würdest?«
    Mein Vater schaute

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