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Und dennoch ist es Liebe

Und dennoch ist es Liebe

Titel: Und dennoch ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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»Wir haben aber keine Musik«, sagte ich.
    »Dann hörst du nicht richtig hin.« Jake begann, sich mit mir zu bewegen, schaukelte sanft vor und zurück. Ich schloss die Augen und presste die nackten Füße auf das Linoleum. Ich sehnte mich nach der Kälte, während der Rest von mir von Flammen verschlungen wurde, die ich nicht sehen konnte. Ich schüttelte den Kopf, um wieder klar zu werden. Das war doch, was ich mir immer gewünscht hatte … oder?
    Jake ließ mich los und nahm mein Gesicht in die Hände. Er starrte mich an und strich mit seinen Lippen über meine, genau so, wie er es vor drei Jahren im Autokino gemacht hatte, genau wie jener Kuss, den ich in mir verwahrte wie eine Reliquie. Ich lehnte mich an ihn, und er grub seine Finger in mein Haar und tat mir weh. Er bewegte seine Zunge über meine Lippen und in meinen Mund. Ich empfand Hunger. Irgendetwas in mir zerriss, und in meinem Innersten brannte etwas glühend heiß. Ich schlang meine Arme um Jakes Hals. Ich wusste nicht, ob ich es richtig machte, ich wusste nur, dass ich es mir nie hätte verzeihen können, wenn ich es nicht getan hätte.
    Jake war schließlich derjenige, der sich aus der Umarmung löste. Keuchend standen wir voreinander. Dann hob er seine Jacke auf, die auf den Boden gefallen war, und rannte aus dem Haus. Er ließ mich zitternd stehen, ich hatte die Arme um die Brust geschlungen und spürte die Angst vor meiner eigenen Macht.
*
    »Mein Gott«, sagte Jake, als wir am nächsten Tag allein waren. »Ich hätte wissen müssen, dass es so sein würde.«
    Wir saßen auf umgedrehten Milchkästen hinter der Werkstatt seines Vaters und lauschten dem Summen der Fliegen, die in den Pfützen versanken, die vom Regen gestern übriggeblieben waren. Wir küssten uns noch nicht einmal. Wir hielten uns einfach nur an den Händen. Doch selbst das war schon eine Glaubensprüfung. Jakes Hand hatte sich um meine gelegt, und der Puls in seinem Handgelenk passte sich dem meinen an. Ich hatte Angst, mich zu bewegen, auch nur tief einzuatmen. Denn ich wusste, dass die kleinste Bewegung genau dasselbe ausgelöst hätte, was geschehen war, als ich mich ihm in die Arme geworfen und zur Begrüßung geküsst hatte. Viel zu dicht hatte ich mich an ihn gepresst, und meine Lippen hatten eine Spur in seinen Hals gebrannt. Da war dieses seltsame Gefühl gewesen, das zwischen meinen Beinen begonnen und in meinen Bauch hinaufgestrahlt hatte. Zum ersten Mal in diesen drei Jahren vertraute ich Jake nicht. Und schlimmer noch: Ich vertraute mir selber nicht mehr.
    Ich war nach strengeren, religiösen Werten erzogen worden als Jake, aber wir waren beide katholisch und wussten, welche Konsequenzen die Sünde hatte. Und man hatte mich gelehrt, dass weltliche Freuden Sünde sind. Sex diente dazu, Babys zu zeugen, und außerhalb der Ehe war er ein Sakrileg. Ich spürte, wie meine Brust und Schenkel anschwollen und heißes Blut durch meine Adern strömte, und ich wusste, dass das die unreinen Gedanken waren, vor denen man mich gewarnt hatte. Ich verstand jedoch nicht, wie etwas, das sich so gut anfühlte, so schlecht sein konnte. Und ich wusste nicht, wen ich das hätte fragen können. Aber ich konnte nicht anders. Ich wollte Jake näher sein, so nah, dass ich in ihn hätte hineinkriechen können.
    Jake rieb mir über den Daumen und deutete auf einen Regenbogen, der sich im Osten bildete. Es brannte mir in den Fingern, dieses Gefühl zu zeichnen: Jake und ich, wie wir von den miteinander verschmelzenden Bändern aus Violett, Orange und Indigo beschützt wurden. Ich erinnerte mich an meine Erstkommunion, als der Priester mir die kleine, trockene Hostie auf die Zunge gelegt hatte. »Der Leib Christi«, hatte er gesagt, und ich hatte pflichtbewusst erwidert: »Amen.« Hinterher hatte ich Schwester Elysia gefragt, ob die Hostie wirklich der Leib Christi sei, und sie hatte mir geantwortet, ja, wenn ich nur stark genug daran glauben würde. Sie sagte, ich könne mich glücklich schätzen, den Leib des Herrn in meinen aufgenommen zu haben, und für den Rest dieses wunderbaren, sonnigen Tages bin ich nur noch mit ausgestreckten Armen gelaufen, fest davon überzeugt, dass Gott mit mir war.
    Jake legte den Arm um meine Schulter, was eine Flut ganz neuer Gefühle in mir auslöste, und fuhr mir mit den Fingern durchs Haar. »Ich kann nicht arbeiten«, sagte er. »Ich kann nicht schlafen, und ich kann nicht essen.« Er rieb sich die Oberlippe. »Du machst mich verrückt.«
    Ich nickte. Es

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