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Und dennoch

Und dennoch

Titel: Und dennoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hildegard Hamm-Bruecher
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Personalquerelen und Turbulenzen sind absehbar.
    Mein Resümee: Nach vierundfünfzigjähriger Parteizugehörigkeit (darunter viele Jahre in führenden Parteiämtern) vermag ich in einer zur rechten Volkspartei à la Möllemann gestylten FDP keine Spuren eines Theodor Heuss, eines Thomas Dehler und Karl-Hermann Flach, eines Ignatz Bubis und vieler anderer aufrechter Liberaler mehr zu entdecken. Damit habe ich meine politische Heimat verloren und muss von heute an, traurigen Herzens, zur liberalen Wechselwählerin werden.
     
    H. Hamm-Brücher
    So endete eine Verbindung, die über ein halbes Jahrhundert gehalten hatte, obgleich sie bereits zuvor immer mal wieder auf der Kippe gestanden hatte.
    Stationen des politischen Liberalismus
    Die Geschichte des politischen Liberalismus in Deutschland war schon seit Bismarcks Zeiten stets wechselvoll: Mal war man links, mal rechts, mal gemeinsam mit anderen, mal getrennt. Bis zu seinem frühen Tod 1919 war Friedrich Naumann die überragende liberale Persönlichkeit; er hatte es mit seiner Politik und Gesinnung geschafft, dass sich »Rechts-« und »Links«-Liberalismus versöhnten, was oft merkwürdig widersprüchlich wirkte. Die Linksliberalen hatten zu Beginn der Weimarer Republik großen Zulauf und herausragende Persönlichkeiten wie Max Weber, Walther Rathenau oder den Schöpfer der Weimarer Verfassung, Hugo Preuß. Damit errang die linksliberale Deutsche Demokratische Partei (DDP) bei den ersten Wahlen im Januar 1919 einen großen Erfolg (18 Prozent) und bildete mit der SPD und der Zentrumspartei die »Weimarer Koalition«, die erste Regierung der Republik. Von Wahl zu Wahl verlor sie jedoch an Stimmen, stattdessen wurde in der zweiten Hälfte der Weimarer Republik die rechtsliberale Deutsche Volkspartei (DVP) stärker und erlebte unter Gustav Stresemann mit Wahlergebnissen zwischen 8,7 Prozent und 10,1 Prozent ihren Höhepunkt. Bei den letzten halbwegs freien Reichstagswahlen am 5. März 1933 erreichte die DVP 1,1 Prozent, die inzwischen in Deutsche Staatspartei umbenannte DDP nur noch 0,9 Prozent. Durch eine Listenverbindung mit der SPD erhielt die Deutsche Staatspartei jedoch fünf Abgeordnetensitze, die DVP nur zwei.
    Die fünf linksliberalen Abgeordneten, zu denen auch Theodor Heuss zählte, waren anfangs gegen eine Annahme von Hitlers Ermächtigungsgesetz , stimmten diesem aber am 23. März 1933 letztlich zu, was Heuss bis zu seinem Tode zutiefst bereute, da es
die Grundlegung für einen Verfassungsbruch und damit die Festigung der nationalsozialistischen Diktatur bedeutete. Die zwei DVP-Abgeordneten waren sowieso dafür, man vermutete, sie hätten schon das Parteibuch der NSDAP in der Tasche gehabt. Im Juni 1933 wurden beide liberale Parteien verboten, und damit ging eine wenig glanzvolle Zeit des politischen Liberalismus zu Ende.
    Nach 1945 gab es nur noch wenige Linksliberale wie etwa Theodor Heuss oder Reinhold Maier, den ersten Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, oder auch Thomas Dehler – dafür umso mehr Gesinnungs-DVPler, die die neu gegründete FDP jahrelang rechts von der CDU verorten und als Auffangbecken für ehemalige Nazis öffnen wollten. Im Prinzip hat sich die Aufspaltung in Rechts- und Linksliberalismus bis Jürgen Möllemann erhalten. Auch heute schwelt sie noch gelegentlich weiter, einen nennenswerten linksliberalen Flügel gibt es nicht mehr.
    Über die sozialliberale Ära (1969 – 1982)
    Mein persönlicher Erfolg im Wahlkampf 1962 hatte zur Folge, dass ich wenig später in den Bundesvorstand der FDP gewählt wurde, in dem ich mit einer kleinen Unterbrechung bis zu meinem Austritt 2002 Mitglied war. Zeitweise saß ich auch im Präsidium, einmal war ich sogar für vier Jahre stellvertretende Bundesvorsitzende. Dabei lernte ich das wechselvolle Innenleben der FDP recht gut kennen.
    Anfang der sechziger Jahre war Erich Mende der Bundesvorsitzende der FDP, ein ehemaliger Offizier mit sichtbarem Ritterkreuz, der nie wirklich in dem neuen pluralistisch verfassten Gemeinwesen angekommen war. Zwar gab es zu dieser Zeit eine Art Bundesparteiprogramm, das aber aus lauter Kompromissen bestand, denn die Parteirechten hatten auf dem Emser Parteitag von 1952 ein national-liberales Deutsches Programm proklamiert, und die sogenannten Linksliberalen hielten sich an ihr Liberales Manifest . Dennoch sollte eine neuerliche Spaltung
vermieden werden. Es wurde über die Programme nicht abgestimmt.
    Wirklich politisch beheimatet fühlte ich mich in der

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