Und der Basilisk weinte (German Edition)
Nötigste an Möbeln stand herum: ein Bett, ein Kasten, ein Tisch und zwei Stühle. Im Schlafzimmer stand noch ein kleiner Fernseher auf dem Boden. Dafür zählte der Kommissär insgesamt fünf Computer in einem der Räume.
«Da soll einer schlau werden.»
«Sein Arbeitsplatz», vermutete Nadine.
«Was soll das mit all diesen Computern?»
«Das sieht ganz danach aus, als ob er an der Börse spekuliert hat. Schau hier, alles Börsenstatistiken», Nadine warf Ferrari einen Ordner zu. «Die Laptops sind noch immer online.»
Nadine setzte sich an einen der Laptops und gab etwas im Internet ein.
«Wow! Richtig schnelle Verbindungen.»
«Das ist die Lösung. Er wohnt in der Allschwilerstrasse und arbeitet hier in der Hammerstrasse. Aber weshalb arbeitet und wohnt er nicht am gleichen Ort?»
«Das wissen die Götter. Zumindest scheint jetzt klar zu sein, woher sein hohes Einkommen stammt.»
«Wer hat ihn gefunden, Stephan?»
«Eine Nachbarin. Albanerin oder Türkin. Bin mir nicht so sicher. Spricht aber perfekt Baseldeutsch. Sie kam von der Arbeit nach Hause und bemerkte, dass die Tür offen war.»
«Wann war das?»
«Am besten fragt ihr sie selbst. Sie sitzt drüben in ihrer Wohnung. Die Spurensicherung ist an der Arbeit. Braucht ihr mich noch?»
«Danke, wir kommen alleine klar.»
«Wunderbar. Ich muss nämlich noch einiges im Büro erledigen und will heute Abend den Weltmeisterschaftskampf mit Klitschko nicht verpassen.»
«Ist der heute?»
«Wird spannend. Dieser Chris Arreola ist ein unbeschriebenes Blatt. Wahrscheinlich Fallobst. Aber man weiss ja nie.»
Sie wurden von der ungefähr vierzigjährigen Frau freundlich empfangen.
«Das ist eine schlimme Sache. Ich habe Ihrem Kollegen schon alles erzählt, was ich weiss. Leider ist es nicht viel.»
«Würde es Ihnen etwas ausmachen, uns das Ganze nochmals zu schildern?»
«Aber nein. Kaffee oder lieber Wasser?»
«Wasser. Entschuldigen Sie bitte, wir kennen nicht einmal Ihren Namen.»
«Iris Okaz.»
«Darf ich fragen, woher Sie stammen?»
«Ich bin Baslerin», sagte sie voller Stolz. Ferrari musste schmunzeln.
«Das höre ich gern. Ich heisse Francesco Ferrari, und die ganze Menschheit meint, dass ich Italiener bin. Dabei spreche ich kein Wort Italienisch.»
«Ja, mit einem Namen oder einer Hautfarbe verbinden viele ihre ganz eigenen Vorstellungen, leider sind es oft Vorurteile. Das dauert noch eine Weile, bis sich dies in den Köpfen der Menschen verändert, wenn überhaupt je. Meine Eltern sind Kurden, stammen aus einem kleinen Dorf. Mein Vater kam als Gastarbeiter in die Schweiz und holte meine Mutter später nach. Ich bin in der Schweiz geboren, hier in Basel zur Schule gegangen. Vor zehn Jahren habe ich mich dann entschieden, dass ich endgültig den Schweizer Pass möchte, weil die Schweiz meine Heimat ist.»
«Ich habe mal irgendwo gelesen, dass des Menschen Heimat auf keiner Landkarte zu finden ist, nur in den Herzen der Menschen, die ihn lieben.»
«Das ist schön … Sie sind bestimmt wegen Robert hier.»
«Stimmt. Haben Sie ihn gefunden?»
«Ja. Als ich von der Arbeit nach Hause kam.»
«Wo arbeiten Sie?»
«Ich bin Chefsekretärin im Hotel ‹Central›. Im Augenblick werden wir von einer Grippewelle heimgesucht. Die Sommergrippe ist bekanntlich sehr hartnäckig. Unser gesamter Empfang ist ausgefallen. Da haben wir einen Notfalldienst aufgezogen, ich fing um Mitternacht an und hörte um acht Uhr früh auf.»
«Kam es öfters vor, dass Herr Selm die Tür offen liess?»
«Nein. Es war mir bereits in der Nacht aufgefallen. Ich dachte allerdings, er hätte vielleicht etwas vergessen und sei nochmals kurz in die Wohnung. Als heute Morgen die Tür noch genauso leicht angelehnt war, bin ich misstrauisch geworden.»
«Wohnte er denn hier?»
«Nein, eben nicht. Gewöhnlich schloss er seine Wohnung vor Mitternacht ab und ging weg. Er wohnte in der Nähe des Brausebads, wo genau weiss ich nicht. Nur manchmal arbeitete er die ganze Nacht durch und kam am nächsten Morgen bei mir Kaffee holen. Ich schaute ihm dann ab und zu über die Schultern. Er war ein Genie. Es faszinierte mich, wie er innerhalb von wenigen Minuten Aktien kaufte und wieder verkaufte.»
«Er spekulierte also mit Aktien.»
«Nicht nur mit Aktien, Frau Kommissärin.»
«Ich heisse Kupfer, Nadine Kupfer.»
«Er sprach auch von Warentermingeschäften und allem, was es eben so gibt, Frau Kupfer.»
«Kannten Sie sich näher?»
«Nein. Von Zeit zu Zeit unterhielten wir
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