und der Herr der Loewen
untätig in seinem Sessel und starrte zum Fenster hinaus. Als er erkannte, daß sie es war, wandte er das Gesicht ab. »Wie Sie sehen, schreibe ich nicht an meiner Radioansprache.«
»Mhm.«
»Daß ich mich so in Dickson Simba getäuscht habe, ist wie ein Stachel in meinem Fleisch, aber das Schlimmste ist, daß wir noch immer nicht wissen, was mit Kadi ist.« Er drehte sich in seinem Sessel, um sie anzublicken. »Ich fühle mich so hilflos.
Wenn ich an sie denke...« Er schauderte und Tränen glänzten in seinen Augen. »Ich habe sie gebeten, nach Ubangiba
zurückzukehren und jetzt - ich kann auf vielerlei Weise vernichtet werden, doch bitte nicht so, nicht so! Was sind Gerüchte über böse Zauberei verglichen damit?«
»Ich bin hier, um Sie zu bitten, mir die Schlüssel für den Tresorraum zu geben«, unterbrach sie ihn. »Den Tresorraum?«
Er blickte sie verständnislos an. »Ja, ich möchte die Akten dort noch einmal durchsehen.«
Seufzend erhob er sich und trat ohne eine weitere Frage zu einem Wandsafe neben seinem Schreibtisch, gab die Kombination ein, öffnete ihn und nahm den Satz Schlüssel heraus.
»Geben Sie sie nur direkt an mich zurück«, bat er mit stumpfer Stimme.
An der Tür drehte sich Mrs. Pollifax noch einmal um und sah, daß Sammat wieder aus dem Fenster starrte. Auch Sammat, dachte sie. Wir alle!
Diesmal stand kein Posten an der Tür. Mrs. Pollifax wartete, bis niemand zu sehen war, ehe sie die Korridortür aufsperrte und hindurchhuschte. Nachdem sie hinter sich zugeschlossen hatte, schaltete sie das Deckenlicht ein, begab sich zur Tür des Tresorraums, sperrte das riesige Vorhängeschloß auf und trat ein.
Sie ignorierte Präsident Simokos Akten und schritt direkt zu der einen Reihe Schubladen, auf denen Präsident Chinjatas Name stand. Die Briten waren bei diesem peniblen Ablagesystem Chinjatas Vorbild gewesen, hatte Sammat gesagt, und sie enthielten Fingerabdrücke und Fotos der Angehörigen seiner Polizei und Armee. Chinjata war ein methodischer Mann gewesen, sowohl im Töten vo n Dissidenten wie auch bei seinen Akten. Sie wandte sich den Polizeiakten zu und sah, daß auch sie alphabetisch eingeordnet waren. Ungeduldig blätterte sie durch A, B, C, D, E, bis sie zum T kam. Ihre Augen huschten rasch über das Blatt mit den kleinen Fotos. Und da war tatsächlich Polizeiinspektor Philimon Tembo.
Ihre Reaktion war so heftig, daß sie das Blatt schnell mit einer Hand bedeckte und über die Schulter schaute, ob nicht etwa jemand hier im Zimmer war, der sehen könnte, was sie entdeckt hatte. Polizeiinspektor Tembo war nicht tot, wie jeder glaubte. Er lebte! Tatsächlich, er war am Leben. Sie konnte es noch immer nicht glauben.
»Das ist es also«, wisperte sie.
Sie starrte lange auf die Fotografie, ohne sie jedoch wahrzunehmen, denn sie war damit beschäftigt, jedes Ereignis, bei dem sie dabeigewesen war, und jede vorgefaßte Meinung zu überdenken und neu zu bewerten. Sie war erstaunt, daß die Geschehnisse durch ihre Entdeckung nun eine solch überraschende Dimension angenommen hatten. Die Probleme waren zwar nicht gelöst, stellten sich aber in einem völlig anderen Licht dar. Als sie den Tresorraum verlassen und sorgfältig beide Türen hinter sich verschlossen hatte, grüßten sie mehrere Personen in der Eingangshalle, aber sie sah und hörte sie nicht. Scha rma hatte gesagt: »Seit Sie hergekommen sind waren Sie dem Bösen sehr nahe, ohne es zu ahnen. Es ist dicht an Ihnen vorbeigezogen, Sie haben es kennengelernt - ich sehe, Sie sind dem Bösen schon früher des öfteren begegnet -, doch diesmal ist Ihnen nicht gegeben, es zu erkennen, noch nicht...«
Außerdem hatte er gesagt: »Es gibt solche Beobachter - und es gibt andere Beobachter.«.
Sobald sie die Schlüssel zurückgegeben hatte, würde sie Scharma besuchen. Es war äußerst wichtig!
16
Mrs. Pollifax schloß die Kette auf, mit der sie ihr Fahrrad am Ständer vor dem Eingang zum Palast gesichert hatte. Sie radelte die Government Road entlang zu dem Pfad, der sie zu Scharma bringen würde. Vor dem Tor der Polizeistation wimmelte es von aufgebrachten Menschen. Sie konnte nur die englischen Wortfetzen verstehen, aber die klangen ziemlich bedrohlich:
»Kill!«... »Mörder!«... »Bestie!«... »Verräter!« Sie konnte nur hoffen, daß Inspektor Bandas Männer auf eventuelle Übergriffe vorbereitet waren. Eine Schar Perlhühner hatte den festgetretenen Pfad zu Scharmas Haus mit Beschlag belegt und ihr blieb nichts
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