und der Herr der Loewen
Mrs. Pollifax: »Was? Wer?«
»Mrs. Lupacik. Die hier war, als dich vergangenen Monat die Grippe so schlimm gepackt hatte.«
»Aber bist du denn ausgekommen mit ihr, Cyrus? Du darfst nicht vergessen, daß ich ein scheußliches Fieber hatte. Ich lag oben im Bett, du mußtest im Wohnzimmer auf dem Klappbett schlafen, und ich erinnere mich an so gut wie nichts.«
Cyrus seufzte. »Ein Unglück kommt eben selten allein. Mrs. Lupacik? Stark wie ein Ochse.
Räumt die Sachen auf, wo ich sie nicht wiederfinden kann, aber trotzdem sympathisch. Ich komme schon zurecht mit ihr. Sie ist außerdem eine ausgebildete Krankenschwester. Kocht auch gut. Und ehrlich, Liebes, eine Erholung würde dir sehr guttun. Du hast abgeno mmen, bist immer noch sehr blaß und so gar nicht richtig auf dem Damm. Erst die Grippe und dann auch noch meine Pflege haben dich ganz schön mitgenommen.«
Erholung, dachte Mrs. Pollifax amüsiert - wenn Sammat sich in Schwierigkeiten befindet und ein SOS gesandt hat, weil er Kadis Unterstützung und Hilfe braucht! Ubangiba, dieses kleine, notleidende afrikanische Land, hat mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, spann sie ihren Gedanken fort. Kadi war dort mit Sammat aufgewachsen, der, wie sie schließlich erfahren hatte, der Enkel von König Zammat VIII. war. Als Junge hatte man ihn auf die
Missionsschule von Kadis Vater gesandt, um ihn dort auf einen Collegebesuch im Ausland vorzubereiten. Damals war Ubangiba noch kein notleidendes Land gewesen. Doch nach dem Tod des Königs war es ausgeplündert, von Palastrevolutionen erschüttert und durch Greueltaten verwüstet worden. Sammats Vater, der erste demokratisch gewählte Präsident des kleinen Landes, war einem Attentat zum Opfer gefallen. Chinjata, sein selbsternannter Nachfolger, hatte sich zum Präsidenten auf Lebenszeit gemacht und sein Bestes getan, das Land in den Bankrott zu treiben, bis er seinerseits in dem Putsch durch Simoko sein Leben einbüßte. Simoko hat danach ebenfalls als Präsident auf Lebenszeit die Macht übernommen.
Während dieser Zeit hatte Simokos Regierung Sammat offenbar in die Vereinigten Staaten auf die Yale-Universität gesandt, um ihn für eine spätere Verwendung in Bereitschaft zu haben, falls es sich als zweckmäßig erweisen könnte, seine königliche Abstammung zu nutzen - oder aber seinen Tod zu arrangieren.
Tatsächlich sollte er seinen Zweck erfüllen, als im April der Präsident auf Lebenszeit Simoko einem Anschlag zum Opfer gefallen war. Doch Carstairs hatte Sammat mit Kadis und Mrs.
Pollifax' Hilfe aus Yale gerettet, und während ihres gemeinsamen dreitägigen Aufenthalts in Ubangiba, kurz vor ihrer Abreise, hatten die Häuptlinge der Schambi-und der Soto-Stämme Sammat gebeten, Mfumo, Häuptling zu werden und dem ausgeplünderten Land das Herz zurückzugeben. Er mochte ja noch sehr jung sein, aber schließlich war er der Enkel ihres geliebten Königs Zammat VIII., und er besaß den heiligen Königsring. Außerdem hatte er im Ausland so Wichtiges studiert wie Betriebswirtschaft, afrikanische Ökonomie und andere gelehrte Dinge, von denen sie sich Wunder erhofften.
Nach allem, was sie seit April erfahren hatten, waren Sammat tatsächlich ein paar Wunder gelungen: Die Inflation war gestoppt und der Gwar auf einen Umrechnungskurs von dreißig amerikanischen Cents gebracht worden; und die Schambi-und Soto-Stämme hatten Vertreter gewählt, die eine auf den Menschenrechten und dem Humanitätsprinzip basierende
Verfassung ausarbeiteten. In drei Jahren sollte es dann mit dem endgültigen Schritt zur Demokratie klappen und freie Wahlen geben. »Nur daß sie nicht alle begreifen, was eine Verfassung überhaupt bedeutet«, hatte Kadi gesagt und Cyrus eine kleine Lektion in afrikanischer Zeitgeschichte erteilt: »Die Soto sind zum größten Teil Nomaden und nur ein paar wenige sind zur Schule gegangen. Sie wurden ziemlich stiefmütterlich behandelt, deshalb sind sie auch sehr argwöhnisch. Da ist ein Dickson Simba unter den Soto, einer der wenigen, die eine Schulbildung haben, und der ist ein richtiger Unruhestifter.«
Cyrus hatte genickt. »Vom Ehrgeiz zerfressen. Solche gibt es immer.«
»Im Gegensatz zu den Soto sind die Schambi zum Großteil Stadtbewohner«, hatte Kadi weitererzählt, »Kaufleute, Anwälte, Lehrer, Händler, einige haben sogar im Ausland Hochschulen besucht. Sammat ist auch ein Schambi.« Kadi hatte unwillkürlich gegrinst, als sie fortfuhr: »Sie haben sich schließlich darauf geeinigt - und
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