und der Herr der Loewen
für jeden anderen ebenfalls. Ärger stieg in ihr hoch. Moses hatte gesagt, er erwarte Scharma am Morgen; er hatte es gesagt!
Warum war er dann jetzt nicht hier? Verwundert und frustriert drehte sie sich um, blickte durch die Fenster der Snackbar nebenan - kein Moses und ging den Boulevard entlang, um nachzusehen, ob Scharma jetzt zu Hause war, da er sich ja nicht auf dem Weg zur Fahrradwerkstatt befand. Sie bog in die
Government Road ab, schlug von dort den Weg zu seinem Haus ein und spazierte durch die Felder zu dem kleinen Waldstück.
Wegen der hohen Bäume war es hier noch nicht so heiß, die Sonne begann erst im schrägen Winkel einzudringen und vereinzelte Blätter zu vergolden. Mrs. Pollifax rief Scharmas Namen, dann Larabas, doch es erfolgte keine Antwort. Sie schritt um die beiden
strohgedeckten Häuschen herum, doch nur Hühnergegacker begrüßte sie. Schließlich setzte sie sich verärgert auf die Bank neben der Haustür und wartete.
Eine graue Taube ließ sich auf einem nahen Ast nieder, flatterte jedoch bald davon. Es war sehr ruhig, nur sie fühlte sich keineswegs ruhig, sondern verlassen, was idiotisch war, aber wohin, in aller Welt, waren alle verschwunden? Sie war viel herumgelaufen, nur hatte es ihr leider nicht das geringste gebracht, und morgen würde Cyrus eintreffen. Gott sei Dank, dachte sie erfreut darüber. Da wurde ihr bewußt, daß Sonntag war und Cyrus inzwischen Paris erreicht haben mußte. Sie fragte sich, ob er Joseph für sie mitge teilt hatte, in welchem Hotel er bis zu seinem frühen Abflug morgen absteigen würde? Plötzlich erinnerte sie sich, daß Joseph ja heute frei hatte und sie ihn nicht fragen konnte. Es mochte natürlich sein, daß er eine Nachricht für sie auf seinem Schreibtisch hinterlassen hatte; genausogut war es allerdings möglich, daß Cyrus sie von Paris aus anrief.
Ihr wurde bewußt, daß sie sich auf diese Weise wieder verfehlen würden. Sie entschied sich, nicht länger zu warten, sondern in den Palast zurückzukehren. Wenn er sich aus Paris meldet, nahm sie sich vor, werde ich ihm erzählen, was mit Kadi ist.
Bei ihrem ersten Besuch hier war ihr ein Besucher aufgefallen, ein junger Mann in Uniform, der Scharma dann auf einem südwärts führenden Pfad verlassen hatte, wogegen sie mit ihrem Fahrrad von der Government Road her gekommen war. Mit ein bißchen Glück würde sie dieser Pfad an der Versuchsfarm hinter dem Palast entlangbringen, das wäre eine erfreuliche Abkürzung - das erste Erfreuliche an diesem frustrierenden Morgen: Moses' Tor.
verschlossen, keine Reaktion auf ihr Läuten, und jetzt auch Scharma wieder nicht zu Hause!
Sie wanderte, dankbar für den willkommenen Schatten, durch die hohen Bäume, den schmalen Pfad entlang. Die Bäume lichteten sich jedoch bald und wurden von einer Hecke aus hohen, kahlen Büschen abgelöst. Das war ärgerlich, aber noch ärgerlicher fand sie es, als der Pfad sich gabelte und sie sich entscheiden mußte, ob sie nach rechts oder links weitergehen sollte.
Sie blieb kurz stehen, dann folgte sie dem sichtlich frequentierteren Pfad nach rechts. Sie folgte ihm noch nicht lange, als sie sich leiser, vorsichtiger Schritte hinter sich bewußt wurde.
Sie hielt an und wartete auf ein freundliches »Moni!«, doch als sie stehenblieb, verstummte auch das leise schlurfende Geräusch. Das gab ihr zu denken und weckte eine leichte Besorgnis in ihr. Sie sagte sich beruhigend, daß es keinen Grund zur Angst gab: der Löwenmann war gefaßt. Aber warum hielten die Schritte inne, wenn sie stehenblieb? Und warum rief ihr dieser Mitbenutzer des Pfades nicht eine freundliche Begrüßung zu, holte sie ein und wanderte neben ihr her? Es nutzte nichts, wenn sie sich sagte, daß ihre Furcht völlig unbegründet war - ihr Herz hämmerte immer heftiger, und sie spürte, wie sich Schweißperlen auf ihrer Stirn sammelten, die sie rasch mit dem Ärmel wegwischte. Sie dachte: Ich könnte mich umdrehen und die Konfrontation mit meinem Verfolger wagen, wer immer es ist; oder ich könnte davonlaufen, ganz schnell. Aber sie wußte, daß sie weder das eine, noch das andere tun würde. Hier ging etwas Wichtiges und Verwunderliches vor, und wenn sie den Pfad verließe und sich in den hohen Büschen versteckte, könnte sie vielleicht feststellen, wer ihr da so offensichtlich nachschlich. Nachschlich! Dieses Wort jagte ihr eisige Schauer über den Rücken. Mit beiden Händen brach sie eine Lücke in den Wall aus Büschen und Ranken und drückte
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